Auf einen Blick
- USA und EU stehen vor möglichem Handelskrieg mit gegenseitigen Zöllen
- Trump sieht sein Land am längeren Hebel, möglicherweise zu Recht
- USA sind reicher, produktiver und haben mächtigere Firmen
Die Wirtschaftswelt hält gerade den Atem an: Es droht ein Handelskrieg zwischen den zwei grössten Wirtschaftsmächten der Welt – zwischen den USA und der EU. Noch hat US-Präsident Donald Trump (78) keine Zölle gegen die Länder der EU erhoben. Beide Seite befinden sich in der Phase, in der sie sich argwöhnisch beäugen – und sich aufplustern.
Trump schüttete am Sonntag weiter Öl ins Feuer. Er werde «ziemlich bald» Zölle gegen die EU erheben. Denn Europa behandle die USA ungerecht. Seine Gegenspielerin, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66), konterte in der Nacht auf gestern Dienstag: «Wenn wir gezielt unfair oder willkürlich behandelt werden, wird die Europäische Union entschieden reagieren.»
US-Handelsdefizit wird immer grösser
Warum drängt Trump auf ein Duell mit von der Leyen? Ein Dorn im Auge ist ihm das US-Handelsdefizit mit der EU. Die europäischen Länder exportieren mehr in die USA, als sie im Gegenzug importieren – und zwar in zunehmendem Masse. 2009 betrug der EU-Exportüberschuss noch 42 Milliarden Euro. Über die Jahre ist die Differenz auf über 180 Milliarden Euro angewachsen.
Ein Handelskrieg mit gegenseitigen Handelszöllen ist für beide Seiten schmerzhaft – sowohl für von der Leyens EU-Raum als auch für Trumps US-Wirtschaft. Er geht aber davon aus, am längeren Hebel zu sitzen. Nur: Ist die Volkswirtschaft der USA wirklich stärker als jene der EU? Blick hat den Test gemacht – und konstatiert: Zumindest in drei entscheidenden Punkten haben die Vereinigten Staaten von Amerika die Nase vorn.
USA sind reicher als die EU
Die Wirtschaftsleistung der USA ist tatsächlich grösser als jene aller EU-Staaten zusammen – zumindest seit 2012. Damals kletterte das Bruttoinlandprodukt (BIP) der USA erstmals über 16 Billionen Dollar und setzte sich in den Folgejahren deutlich von jenem der EU ab. Mittlerweile weiss Trump eine um über 30 Prozent potentere Wirtschaft hinter sich im Vergleich mit seiner europäischen Konkurrenz.
Gleichzeitig sind die US-Amerikaner auch reicher als die Europäer. Das ist seit langer Zeit der Fall. Aus von der Leyens Sicht alarmierend ist aber, dass die Schere in der Tendenz immer grösser wird. 1990 lag das BIP pro Kopf gut 24 Prozent über jenem der EU, im vorletzten Jahr waren es bereits knapp 28 Prozent.
USA sind effizienter als die EU
Zeit ist Geld. Das gilt in den USA stärker als in der EU. So produzieren amerikanische Arbeiter pro Stunde mehr als ihre Kollegen in Europa. Derzeit ist die US-Produktivität rund ein Viertel effektiver als der EU-Wert. Als einer der zentralen Gründe ziehen Experten heran, dass die USA in der Digitalisierung viel schneller vorangekommen sind als Europa, wo einzelne Länder hinterherhinken – siehe Deutschland, die Heimat von der Leyens.
Dabei ein entscheidender Faktor: Die USA investieren deutlich mehr in Gehirnschmalz. Sie stecken ihr sowieso schon grösseres BIP auch verhältnismässig stärker in Forschung und Entwicklung. Der US-Staat und der Privatsektor geben dafür seit dem Jahr 2000 mindestens 2,5 Prozent vom BIP aus, 2022 waren es gar 3,6 Prozent. Die EU hinkt mittlerweile 1,5 Prozentpunkte hinten nach.
USA haben mächtigere Konzerne als die EU
Wer die Finanzmärkte etwas verfolgt, weiss: Die weltweit grössten Unternehmen kommen aus den USA. Gemessen am Börsenwert stammen acht der zehn wertvollsten Firmen der Welt aus den USA.
Im Gegensatz dazu taucht Europa im Ranking erstmals an 25. Stelle auf: mit dem französischen Luxuskonzern LVMH. Die USA dominieren hingegen insbesondere dank ihrer Tech-Giganten. Und deren CEOs balgen sich gerade um die Aufmerksamkeit von Trump. Der US-Präsident kann sich auf die mächtigen Tech-Bosse verlassen – wohl auch im Handelskrieg gegen die EU.