Auf einen Blick
- Kanada kündigt Gegenmassnahmen zu US-Strafzöllen an und ruft zum Patriotismus auf
- Kanadier boykottieren US-Produkte, Provinzen verbannen alkoholische Getränke aus den USA
- Website für kanadische Produkte verzeichnet am Tag der US-Zölle 150'000 Besucher
In den USA gibt es dieses Stereotyp von Kanadiern: Sie sind besonders zuvorkommend, freundlich und immer nett – fast zu nett. Zu diesem Bild passt der Abschlusssatz von Premierminister Justin Trudeau (53) in seiner Rede vom Sonntag: «Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir weiterhin der beste Nachbar der Welt sind.» Die Aussage tätigte er mit einem süffisanten Lächeln und Augen, die Entschlossenheit ausstrahlten. Denn zuvor hatte der kanadische Staatslenker in deutlichen Worten klargestellt, dass er die von US-Präsident Donald Trump (78) erhobenen Strafzölle von 25 Prozent auf viele kanadische Güter nicht einfach so hinnehmen will.
So kündigte Trudeau in seiner Ansprache Gegenmassnahmen an. Sein Land werde ebenfalls Zölle von 25 Prozent auf US-Güter im Wert von 155 Milliarden Dollar erheben. Gleichzeitig wandte sich Trudeau direkt an die US-Bürger: «Es wird richtige Konsequenzen für euch haben. Zölle gegen Kanada bedrohen eure Jobs. Eure Haushaltskosten werden steigen, für Lebensmittel im Supermarkt und für Benzin an den Tankstellen.»
Politiker trumpfen mit speziellen Vorschlägen auf
Gerichtet an die eigene Bevölkerung stimmte Trudeau diese auf eine kanadische Version von «America first» ein. «Es ist an der Zeit, sich für Kanada zu entscheiden.» Man solle beispielsweise beim Shoppen nur kanadische Produkte kaufen. Oder die Sommerferien in der Heimat verbringen.
Bereits bevor Trump am Sonntag seine Zoll-Drohung wahr machte, hatte sich die kanadische Politik ein Rennen darum geliefert, wer mit der extravagantesten Antwort auf den Handelskrieg aus dem Weissen Haus aufwarten kann. Der Premierminister der kanadischen Provinz Neufundland und Labrador, Andrew Furey (49), forderte Staatsausgaben wie zu Pandemiezeiten. Die liberale Parlamentarierin Chrystia Freeland (56) will eine Anti-USA-Koalition gründen – «zusammen mit Mexiko, Dänemark, Panama und der EU».
Plötzlich wollen alle nur noch kanadische Produkte kaufen
Bei vielen Kanadierinnen und Kanadiern scheint die Botschaft angekommen zu sein: jetzt gehts gegen die USA. Davon profitiert unter anderem Dylan Lobo (22). Der Medienberater betreibt die Website «Made in CA», auf der Konsumenten Informationen zu heimisch hergestellten Produkten finden. Am gleichen Tag, an dem Trump seine Zölle gegen Kanada verhängte, besuchten 150'000 Nutzerinnen und Nutzer seine Homepage, wie er gegenüber der Zeitung «Toronto Star» berichtete. Zum Vergleich: Normalerweise hat die Seite 10'000 Zugriffe pro Monat. «Es ist ziemlich schwierig, in Kanada hergestellte Produkte zu finden», sagte Lobo der Zeitung. Gerade bei Lebensmitteln fehle es oft an einer klaren Deklarierung.
Zumindest jenen, die ihre Sorgen in Alkohol ertränken wollen, wird das Einkaufen leichter gemacht. Mehrere Provinzen kündigten an, alkoholische Getränke aus den USA ganz oder teilweise aus den Läden zu verbannen. Auch die Spirituosengeschäfte selbst haben reagiert – und Schilder mit dem Hinweis «Kaufe stattdessen kanadisch» in die Regale gestellt. Selbst die Medien beteiligen sich am «USA-Bashing» – jeweils mit einem Augenzwinkern. So listete Tristin Hopper, Redaktor und Kolumnist bei der «National Post», einige «denkbare kanadische Vergeltungsstrategien gegen Trumps Zölle» auf.
Zum Beispiel: «Kippt Zucker ins Öl, damit die US-Raffinerien stillstehen.» Und dem heimischen Schauspieler Ryan Reynolds (48) schlug er vor, die US-Filmregisseure so lange zu nerven, bis Trump seinen Handelskrieg beendet. Und ein Autofahrer ist mit folgendem Aufkleber auf seinem Gefährt unterwegs: «Hey Kanada, dreht den USA für den Super Bowl den Strom ab.» Das Finale im American Football steigt kommenden Sonntag.