Steigende Immobilienpreise verunmöglichen vielen jungen Leuten in der Schweiz den Erwerb eines Eigenheims. Der Hauskauf ist zunehmenden jenen vorenthalten, die auf die Unterstützung ihrer Eltern zählen können.
Vermögende Familienverhältnisse sind sozusagen zur Notwendigkeit geworden. Studien und Zahlen zu Schenkungen und Erbvorbezügen gibt es in der Schweiz aber kaum. «Die Datenlage ist schlecht», sagt Marius Brülhart (54). Als Wirtschaftsprofessor an der Universität Lausanne forscht er seit über einem Jahrzehnt zur Wohlstandsverteilung in der Schweiz.
Einerseits, weil die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften Sache der Kantone sei, und somit keine schweizweiten Daten existieren. «Andererseits sind diese Steuern in den letzten Jahrzehnten für den Grossteil der Erbschaften abgeschafft worden, und somit haben die Verwaltungen auch keinen Anreiz mehr, dazu sorgfältige Daten zu erheben», so Brülhart.
Babyboomer greifen ihren Kindern unter die Arme
Was bleibt, sind Erfahrungswerte von Fachleuten, die damit in ihrem Arbeitsalltag täglich konfrontiert sind. So wie Renato Sauter (48), Leiter Nachlass beim Vermögenszentrum VZ. Er arbeitet mit Kunden, die sich darum kümmern möchten, was mit ihrem Vermögen bei ihrem Ableben – oder schon davor – passiert.
In Beratungsgesprächen stellt er immer häufiger fest, dass Eltern ihren Kindern beim Hauskauf unter die Arme greifen wollen. «Es ist ein Thema, das bei der Babyboomer-Generation vermehrt aufkommt», sagt Sauter. Auch, weil diese Generation wohlhabender ist als jene vor ihnen. Es ist mehr Vermögen vorhanden. Und dieses wird heute früher weitergegeben.
Spätestens, wenn die Nachkommen ein Eigenheim suchen, komme das Thema auf. Man spreche heute auch mehr über Geld – zumindest innerhalb der Familie. «Das Thema wird aktiver angegangen», sagt Sauter. Und: «Wenn Eltern schon zu Lebzeiten Geld verschenken, dann meist zu einem gewissen Zweck – beispielsweise für eine Immobilie», so der Nachlass-Experte.
«Schenkungen haben zugenommen», sagt auch Ursina Kubli (42), Immobilienexpertin der ZKB zu Blick. Bei vielen Besichtigungen beobachte sie, dass junge Familien ihre Eltern oder Schwiegereltern mitnehmen. Einerseits verfügen diese oft über gewisses Immobilien-Know-how und können beratend zur Seite stehen. «Andererseits spielt aber auch die finanzielle Unterstützung eine Rolle», so Kubli.
Grosse Ungerechtigkeit
Was für einige ein grosses Glück ist, bedeutet für einen grossen Teil der Bevölkerung eine grosse Ungerechtigkeit. Denn ihnen bleibt ein eigenes Haus verwehrt – ganz egal, wie sehr sie darauf hinarbeiten.
«Natürlich besteht eine Ungleichheit», sagt Brülhart. Konnten bisher vor allem Menschen mit einem hohen Einkommen Eigenheimbesitzer werden, so sind es heute zunehmend solche mit reichen Familien. Die Chancen auf dem Immobilienmarkt sind zunehmend mit einer Art Geburtslotterie vergleichbar.