Gleiche Chancen für alle – das gilt auf dem Immobilienmarkt schon lange nicht mehr. Denn: Hart arbeiten und sparen reicht heute nicht mehr, um sich ein eigenes Haus leisten zu können.
Exorbitante Immobilienpreise verunmöglichen vielen jungen Schweizerinnen und Schweizern den Erwerb eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung. Glück hat, wer in der Familie bereits eine Immobilie hat, die er erben oder schon zu Lebzeiten übernehmen kann. Oder Eltern, die genug Erspartes auf der Seite haben, um beim Hauskauf dem Nachwuchs unter die Arme zu greifen.
Noch nie so unerschwinglich
«Immobilien waren für Schweizer noch nie so unerschwinglich wie aktuell», sagt Fredy Hasenmaile (55) von der Credit Suisse (CS). Dafür gibt es laut dem Immobilienexperten zwei Gründe: «Das liegt einerseits am Preisauftrieb, den wir so lange so stetig noch selten hatten.» Und: «Es liegt an der strikten Regulierung, welche die Finanzierungshürden stark erhöht hat.»
Die Eigenheimpreise sind in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Löhne. Laut Wüest Parnter haben sich die Immobilienpreise seit 2000 im Schnitt mehr als verdoppelt. Der Durchschnittslohn hat sich im gleichen Zeitraum laut dem Bundesamt für Statistik jedoch lediglich um 25 Prozent erhöht.
Länger sparen oder erben
Der Kauf von Wohneigentum wird relativ zum Arbeitseinkommen also stetig teurer. «Somit müssen Käufer entweder länger sparen und mit dem Hauskauf bis ins fortgeschrittene Alter zuwarten – oder eben auf Schenkungen oder Erbschaften hoffen», sagt Marius Brülhart (54). Als Wirtschaftsprofessor an der Universität Lausanne forscht er seit über einem Jahrzehnt zur Wohlstandsverteilung in der Schweiz.
Es gibt verschiedene Studien dazu, wie viele Schweizerinnen und Schweizer sich heute noch ein Eigenheim leisten können. Laut der Zürcher Kantonalbank trifft das noch auf zehn Prozent der aktuellen Mieter zu.
Zwei Drittel der Eigenheime zu teuer
Die Credit Suisse macht die umgekehrte Rechnung: In ihrer letzten Immobilienstudie bezifferte die Bank, wie viele der ausgeschriebenen Kaufobjekte für den Durchschnittsschweizer noch tragbar sind. Finanzhäuser stellen zur Beurteilung der Tragbarkeit eines Hypothekarkredits folgende Rechnung an: Die Kosten – das sind die Kosten aus Zinslast, Amortisation und Unterhalt – dürften nicht mehr als ein Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen.
Das Resultat: Für einen Haushalt mit mittlerem Jahreseinkommen von 134'000 Franken liegt der Anteil noch tragbarer Eigentumsobjekte auf Onlineportalen noch bei 31 Prozent.
Das heisst: Mehr als zwei Drittel der ausgeschriebenen Eigenheime mit vier und mehr Zimmern sind zu teuer, als dass die Banken bei diesem Einkommen und einer Belehnung von 80 Prozent eine Hypothek gewähren dürften.
Eigenheim bleibt frommer Wunsch
Die Veränderung der Wohneigentumsquote der letzten Jahre widerspiegelt diese Entwicklung. Sie zeigt, dass immer weniger der 30- bis 50-Jährigen der Erwerb von Wohneigentum noch gelingt (Grafik). «Für die Generationen Y und Z bedeutet das, dass ihr Eigenheimtraum zumeist ein frommer Wunsch bleiben wird», so Hasenmaile.
Interessant ist: In der Alterskategorie der 20- bis 30-Jährigen nahm die Wohneigentumsquote im gleichen Zeitraum leicht zu. Dafür könnte es eine naheliegende Erklärung geben. «Gut möglich, dass das jene sind, die Geld von ihren Eltern erhalten», sagt Hasenmaile zu Blick.
Erben wird zur Notwendigkeit
Dass das heute immer häufiger der Fall ist, darüber sind sich die Experten einig. «Ohne finanzielle Hilfe aus der Familie geht es heute fast nicht mehr», sagt Hasenmaile. Erben, Erbvorbezüge oder Schenkungen seien in der Mittelschicht zu einer Notwendigkeit geworden, um sich ein Eigenheim leisten zu können.
Und: Finanzielle Hilfe für den Hauskauf kommt laut der CS fast ausschliesslich aus dem inneren Kreise der Familie. «Eigentlich nie von Freunden oder Verwandten und Bekannten», so der CS-Ökonom.