In einem Testament oder Erbvertrag können ablebende Personen festhalten, welche Familienmitglieder was erben sollen. Unabhängig davon, was schriftlich festgehalten wird, erben gewisse Familienmitglieder in jedem Fall etwas. Sie haben das Recht auf den sogenannten Pflichtteil, einen vom Gesetz festgelegten Bruchteil des Nachlasses.
An diesen Pflichtteilen wird nächstes Jahr geschraubt. Am 1. Januar 2023 tritt das revidierte Erbrecht in Kraft. Kernpunkt der Revision ist die Reduktion der Pflichtteilsansprüche von Nachkommen sowie die Abschaffung der Pflichtteile für Eltern.
Konkret heisst das: Bisher betrug der Pflichtteil der Kinder mindestens drei Viertel vom gesetzlichen Erbanspruch. Dieser wird 2023 auf die Hälfte reduziert. Für die Eltern fällt der Pflichtteil ganz weg.
Mehr Spielraum beim Vererben
«Durch diese Massnahmen erhöht sich die Flexibilität für zukünftige Erblasser in der eigenen Nachlassplanung», sagt Mattia Hotz (38), Nachlassexperte der UBS.
Noch ein weiteres Detail ändert sich ab 2023: Stirbt ein Ehepartner während des Scheidungsverfahrens, hat der Noch-Ehepartner keinen Anspruch mehr auf den Pflichtteil – auch dann nicht, wenn das Verfahren noch am Laufen ist. Bisher war das erst nach dem Urteil der Fall.
Testament überarbeiten
Wichtig zu wissen: Die Neuerungen im Erbrecht gelten auch für bestehende Nachfolgedokumente wie etwa Testamente. Das kann laut dem Nachlassexperten je nach Formulierung einer letztwilligen Verfügung zu Problemen in der Auslegung führen.
«Das birgt Konfliktpotenzial», sagt Hotz. Er empfiehlt seinen Klienten deshalb, das bestehende Testament im Hinblick auf die eintretenden Gesetzesänderungen überprüfen zu lassen. Allenfalls müsse es angepasst oder erneuert werden.