Klammer und Russi über ihre Freundschaft trotz Konkurrenz
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«So soll der Sport sein»:Klammer und Russi über ihre Freundschaft trotz Konkurrenz

Von Rivalen zu Freunden
Abfahrts-Helden Russi und Klammer plaudern aus dem Nähkästchen

Sie waren Helden in ihrer Zeit. Heute sind die Abfahrtslegenden Bernhard Russi und Franz Klammer über 70 und noch voller Charme und Schalk. In Saalbach zeigen sie Gästen die Piste, wo Franjo von Allmen triumphierte.
Publiziert: 16.02.2025 um 17:19 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2025 um 17:44 Uhr
«Da sieht man, wie unsere Länder ticken», frotzelt Bernhard Russi beim Après-Ski. Er bestellt Kaffee, Franz Klammer gönnt sich ein Bier.
Foto: david birri
Text Nadine Gerber, Fotos David Birri
Schweizer Illustrierte

«Kann ich mit Ihnen Schweizerdeutsch sprechen?» – «Ja, klar», antwortet Franz Klammer (71). «I verstehs halt dann nur nicht.» Schallendes Gelächter. Natürlich versteht die Abfahrtslegende aus Österreich Schweizerdeutsch – nicht nur wegen der langen sportlichen Fehde und der noch länger dauernden Freundschaft mit dem Schweizer Rivalen Bernhard Russi (76). Beide sind Olympiasieger, Weltmeister, Abfahrtsweltcupsieger, die Besten ihrer Zeit. Ihre Duelle auf der Piste sind bis heute unerreicht – und noch immer werden beide erkannt, Fans wollen Fotos, Autogramme.

Russi auf dem Snowboard

Als Botschafter der Stiftung Laureus weilen beide in Saalbach-Hinterglemm und wollen ihren Gästen die Abfahrtsstrecke der WM 2025 für den guten Zweck näherbringen. Mit dabei Unternehmer Andreas Buhl, der auch die Idee für diese Laureus-Aktion hatte. Russi und Klammer verraten allerhand aus dem Nähkästchen der Champions.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Mit der Gondel gehts nach oben an den Start. «Früher hat man gedacht, wenn man die Kanten schleift, dreht der Ski besser», erinnert sich Russi, während er die Strecke von oben inspiziert. «Wir haben die Eigernordwand, hier haben sie den Startschuss der Herren», meint er mit Blick aus dem Gondelfenster. Dass damals niemand auf die Idee gekommen sei, den Ski einfach mehr zu taillieren, sei ihm ein Rätsel. «Ich bin Anfang der 90er-Jahre Snowboard gefahren. Mein Sohn wollte das unbedingt probieren. Ich habe es auch versucht, bin runtergefahren. Da fuhr eine Frau vorbei, ich wollte bremsen und fiel über die Kante. Beide Handgelenke waren gebrochen – nach fünf Minuten Snowboarden.»

Zwei, die sich mögen. Franz Klammer (l.) und Bernhard Russi lieferten sich in den 1970er-Jahren spektakuläre Abfahrtsduelle.
Foto: david birri

Immerhin trug das Erlebnis dazu bei, dass Russi angefangen habe, die Taillierung des Snowboards auf die Ski zu adaptieren. «Die ersten Carvingski waren lebensgefährlich. Man hat sich damit fast im Kreis gedreht.» In der Abfahrt bringe die Taillierung nicht viel. Heute seien viele Abfahrer auf langen, geraden Latten unterwegs. Franz Klammer nickt: Auch sonst habe sich gar nicht so viel geändert seit ihrer Zeit als Skirennfahrer. «Damals wie heute müssen die Fahrerinnen und Fahrer an ihr Limit gehen – und darüber hinaus, um zu gewinnen.»

Es ist früh am Morgen, der Wind weht auf dem Gipfel des Zwölferkogels. Vor dem Start ein letztes Aufwärmen in der Berghütte, es gibt heissen Tee und Kaiserschmarrn, dann gehts los. Die Gruppe ist praktisch allein unterwegs. Da und dort arbeiten Pistenhelfer. Selbst die Athleten kommen erst später zur Besichtigung.

Erlaubt ist nur Rutschen – eine gefahrene Kurve könnte die präparierte Piste zerstören. Russi und Klammer geniessen die Abfahrt, lachen, scherzen, foppen sich gegenseitig. Sie lassen sich Zeit – in der Hocke gerade den Berg runter, das war einmal. Obwohl es sich Russi noch immer zutrauen würde. «Vielleicht nicht in Kitzbühel, aber hier schon.» Ob er in der heutigen Zeit gern aktiver Rennfahrer wäre? «Ja», sagt er, ohne zu zögern. Für Klammer ist die Rennkarriere abgeschlossen. «Es stimmt so, wie es ist. Vielleicht wäre ich in der heutigen Zeit gar nicht mehr so gut, hätte nicht genügend Talent.»

Wie sie sich gegenseitig Tipps gaben

Es wird steil auf der Rennstrecke. Und eisig. Die Gruppe schlittert den Abhang hinunter. Wer sich hier mit Tempo 120 runterstürzt, noch dazu freiwillig, muss mit dem Leben abgeschlossen haben. Russi lacht. «Vielleicht machen wir darum so viele Spässe. Es kann immer etwas passieren.» Franz Klammer erläutert den Wert der Besichtigung: «Man erkennt, wo die Kurve angeschnitten werden muss. Das muss man sich merken. Das ist das Wichtigste.» Er tippt an den Kopf, lacht. «Heute könnte ich mir das nicht mehr merken.»

Schon damals in ihrer aktiven Zeit haben sich Russi und Klammer gegenseitig unterstützt. «Ich habe Bernhard jeweils gefragt, wie er die Kurve fahren würde. Er hat mir dann Tipps gegeben. Das nächste Mal wars umgekehrt. Das ist das Schöne an einer Freundschaft», erinnert sich Klammer. Russi ergänzt: «Ich weiss nicht, ob die Antworten immer ehrlich waren.» Beide lachen wieder. «Ich bin sowieso immer meine Linie gefahren», gibt der Österreicher zu. «Wir sind während dieser Besichtigung heute ehrlich geworden. Haben beide auf die Piste gestarrt. Im Kopf hat es gerattert. Aber die Transmission in die Beine runter war doch schwieriger», meint Russi.

Das Ziel kommt in Blicknähe, ein letztes steiles Stück. «Über diesen Zielschuss würde ich gern noch einmal springen», sagt Bernhard Russi. «Es ist der beste Zielsprung aller Abfahrtspisten.» Endlich unter dem gelben Bogen hindurch, im Ziel. «Klammer war damals der Athlet, den man schlagen musste, um aufs Podest zu kommen», erinnert sich der Urner. «Jeder wollte versuchen, so nah wie möglich an ihn ranzukommen.»

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