Sie fährt so gut wie noch nie. Und wird schon bald zur Ski-Königin des Winters gekürt. Lara Gut-Behrami (32) dominiert den Weltcup fast schon nach Belieben. Läuft alles nach Plan, wird sie beim Weltcupfinale in Saalbach (Ö) drei kleine Kristallkugeln (Abfahrt, Super-G, Riesenslalom) gewinnen – dazu die grosse Kugel für den Gesamtweltcup. «Ich geniesse das Skifahren, bin schnell und gesund. An mögliche Kugeln denke ich nicht, bevor es so weit ist», sagt sie.
Während sich Gut-Behrami mit 15 Saison-Podestplätzen (darunter 8 Siegen) den roten Teppich in den letzten Monaten gleich selbst ausgelegt hat, steht eine Frage im Raum: Wie lange macht sie noch weiter? Sie selbst erklärte unlängst, bis zur WM 2025 fahren zu wollen. SRF-Expertin Tina Weirather (34) hat allerdings den Verdacht, dass dies auch Strategie sein könnte. «Vielleicht versucht sie damit, die Fragen nach ihrem Rücktritt zu umschiffen», sagt die Liechtensteinerin im «Podcast am Pistenrand».
Gegenüber Blick führt Weirather aus: «Als Athlet wird man nicht besonders gerne auf den Rücktritt angesprochen. Deshalb ist es sicher clever, einen grösseren Zeithorizont anzugeben.» Tritt Gut-Behrami also bereits in drei Wochen zurück? Sie würde es sich jedenfalls nicht anmassen, Lara etwas zu raten, betont Weirather. «Das ist allein ihre Entscheidung», so die zweifache Super-G-Kristallkugelgewinnerin (2017 und 2018).
Sie sagte im Oktober: «Vielleicht höre ich auch auf»
An einem überraschenden Rücktritt Gut-Behramis könnte etwas dran sein. Zuletzt erklärte die Tessinerin, dass sie nie mehr im Sommer nach Ushuaia (Arg) zur Vorbereitung fliegen wolle. Dies, weil das schlechte Wetter im Feuerland ihr letztes Jahr zu schaffen machte – ihre Knie hätten geschmerzt. Auch Aussagen vom Abgabetag Anfang Oktober könnte man in die Richtung eines baldigen Ski-Schlussstrichs deuten. Bei den Ausführungen zu ihrem Plan, bis zur WM 2025 weiterzufahren, räumte Gut-Behrami in Dübendorf ZH ein: «Vielleicht denke ich auch, das ist Blödsinn, und höre auf.»
Dabei sprach Gut-Behrami über den grossen Leistungsdruck, den sie Jahr für Jahr spüre – sie ist in ihrem 16. Weltcupwinter. «Ich werde ihn nicht vermissen. Man steht jeden Tag auf, muss gesund und fit sein. Das braucht viel Energie. Man wird immer an den Leistungen gemessen. Wenn du Probleme hast, musst du sie so schnell wie möglich lösen – das ist ein unglaublicher Druck.»
Was heisst das nun? Weirather ist hin- und hergerissen. Sie meint: «Es wünschen sich alle, auf dem Höhepunkt aufzuhören. Aber fast niemand macht es. Wenn man gewinnt, macht es halt enorm viel Spass.»
Fakt ist: Sollten die in den letzten Monaten verletzt ausgeschiedenen Ski-Asse Mikaela Shiffrin (28, USA), Petra Vlhova (28, Slk) und Sofia Goggia (31, It) kommenden Winter auf ihr normales Niveau zurückkehren, wird Gut-Behrami deutlich mehr um die Kugeln kämpfen müssen als derzeit. Ob sie dazu noch Lust haben wird? Vielleicht ist es ja sogar so, dass sie der Vergleich mit den Besten, den sie zuletzt nicht mehr hatte, noch einmal reizt.
Ähnlich wie Odermatt
Rainer Salzgeber würde sich freuen, sollte Gut-Behrami noch mindestens ein Jahr anhängen. Der Rennchef der Firma Head, des langjährigen Ski- und Skischuh-Ausrüsters von Gut-Behrami, meint: «Ich hoffe es sehr, dass Lara weiterfährt. Vom Erfolg her ist sie auf einem wahnsinnigen Niveau – ähnlich wie Marco Odermatt.» Auf die Frage, wie lange Gut-Behrami noch Vertrag mit Head hat, antwortet Salzgeber: «Da machen wir keine Angaben – das ist generell so. Letztlich ist es aber immer die Entscheidung des Athleten, wann er aufhört.»
Und wer weiss: Womöglich hängt Gut-Behrami ja nicht nur eine, sondern sogar noch zwei Winter an. Immerhin finden 2026 die olympischen Rennen der Frauen in Cortina (It) statt. Zum Städtchen am Fuss der Dolomiten hegt Gut-Behrami seit jeher eine spezielle Beziehung, hier wurde sie 2021 zweifache Weltmeisterin. Ihr Vater und Trainer Pauli Gut schloss dieses Szenario vor gut einem Monat nicht aus. «Es kommt auf die Resultate und ihre Gesundheit an – es kann viel passieren», sagte er.