Odermatt, Gut-Behrami, Vonn, Ösi-Krise
Russi pariert zehn provokante Thesen zur Ski-WM

Ist bei den Frauen nur Lara Gut-Behrami podestfähig? Holen die Schweizer einen Dreifachsieg im Super-G? Gewinnt ein anderer Schweizer als Marco Odermatt die Abfahrt? Blick-Experte Bernhard Russi nimmt zu zehn WM-Thesen Stellung.
Publiziert: 04.02.2025 um 21:19 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2025 um 21:23 Uhr
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Provokante WM-These Nummer 1: Wenn Marco Odermatt einen WM-Titel holt und nicht mehrere, gilt das als Enttäuschung.
Foto: Sven Thomann

Wenn Marco Odermatt einen WM-Titel holt und nicht mehrere, gilt das als Enttäuschung!

Bernhard Russi: Nein, nein und nochmals nein. Dann jubeln wir. Dann jubeln alle, die den Spitzensport und die Gesetze von Grossveranstaltungen verstehen. Ja, Marco kann dreifacher Weltmeister werden und es wäre keine Überraschung. Aber die Abfahrt, gerade in Saalbach, ist eine Wundertüte. Wind, Wolken und Material können mitentscheiden. Der Super-G ist stark von der Kurssetzung abhängig. Marco braucht einen schweren, unrhythmischen und mit Fallen gespickten Parcours. Der Riesenslalom ist seine grösste Chance. Da kann er auch kleine Fehler wettmachen.

Lindsey Vonn stürzt in der Abfahrt auf Siegeskurs!

Ein Comeback in den Speed-Disziplinen – da lauert die grosse Verletzungsgefahr und das Drama. Deshalb habe ich im Falle von Lindseys Rückkehr immer wieder darauf hingewiesen. Schon zu ihren besten Zeiten musste sie grässliche Crashes mit schweren Verletzungen erleiden. Am Können und an der physischen Verfassung habe ich nie gezweifelt. Der Beweis sind ihre Resultate und ihre perfekte Abfahrtstechnik.

Erleichtert habe ich aber nun ihre Reaktion in der letzten Abfahrt in Garmisch aufgesaugt. Ein kleiner Fehler in der Hölle, sie geriet von der Linie. Das hat sie akzeptiert, hat das nächste Tor rechts liegenlassen und ist ausgeschieden. Die fünf bis zehn Jahre jüngere Vonn hätte alles versucht und den brutalen Sturz in Kauf genommen. Doch die Lindsey von 2025 kennt ihr Limit. Sie wird es suchen, aber nicht überschreiten. Ob sie auf Siegeskurs fahren wird? Da haben einige Fahrerinnen einiges dagegen. Goggia, Brignone, Gut-Behrami und Corinne Suter sind die Topfavoritinnen.

Bernhard Russi im Tippduell gegen Tatjana Ehammer

Mit der WM im österreichischen Saalbach und der Schweiz als dominierende Nation ist das ewige Ski-Duell brisanter denn je. Auch bei Blick kommts zum Duell Schweiz gegen Österreich. Blick-Experte Bernhard Russi (76) bekommt es im Tipp-Duell mit Tatjana Ehammer (25) zu tun. Die Ehefrau des Schweizer Top-Leichtathleten Simon Ehammer (24) ist selber Teil des österreichischen Skisports, sie ist ÖSV-Kadermitglied im Skicross. Schon mit zwei Jahren stand sie in der Steiermark auf den Latten.

Als Teenager machte sie sich unter ihrem Ledignamen Meklau aber einen Namen in der nationalen Leichtathletik. Sie wurde im Hammerwurf zweimal Landesmeisterin und hält bis heute den nationalen Rekord in ihrer Disziplin. Ab 2019 fand das Multitalent den Weg in die Sparte Skicross, wo Ehammer aber neben Top-Ten-Plätzen im Weltcup und Europacupsiegen auch die Schattenseiten kennenlernte. Mit neun Operationen in drei Jahren, die meisten davon betrafen das linke Knie, verbrachte sie viel Zeit in der Reha.

Tatjana und Simon leben seit Jahren im Appenzell, geheiratet haben sie letzten Herbst. Nun geben Ehammer und Russi bei Blick vor jedem Rennen ihren Podesttipp ab. (md)

Mit der WM im österreichischen Saalbach und der Schweiz als dominierende Nation ist das ewige Ski-Duell brisanter denn je. Auch bei Blick kommts zum Duell Schweiz gegen Österreich. Blick-Experte Bernhard Russi (76) bekommt es im Tipp-Duell mit Tatjana Ehammer (25) zu tun. Die Ehefrau des Schweizer Top-Leichtathleten Simon Ehammer (24) ist selber Teil des österreichischen Skisports, sie ist ÖSV-Kadermitglied im Skicross. Schon mit zwei Jahren stand sie in der Steiermark auf den Latten.

Als Teenager machte sie sich unter ihrem Ledignamen Meklau aber einen Namen in der nationalen Leichtathletik. Sie wurde im Hammerwurf zweimal Landesmeisterin und hält bis heute den nationalen Rekord in ihrer Disziplin. Ab 2019 fand das Multitalent den Weg in die Sparte Skicross, wo Ehammer aber neben Top-Ten-Plätzen im Weltcup und Europacupsiegen auch die Schattenseiten kennenlernte. Mit neun Operationen in drei Jahren, die meisten davon betrafen das linke Knie, verbrachte sie viel Zeit in der Reha.

Tatjana und Simon leben seit Jahren im Appenzell, geheiratet haben sie letzten Herbst. Nun geben Ehammer und Russi bei Blick vor jedem Rennen ihren Podesttipp ab. (md)

Nach 75 Jahren werden die Männer dank Loïc Meillard endlich mal wieder Slalom-Weltmeister!

Meillard ist technisch wohl der beste Slalomfahrer. Keiner fährt diese feine Klinge wie er. Diesen Titel hätte er mehr als verdient. Aber er muss den Killerinstinkt auch auspacken, der Intuition freien Lauf lassen und auch das grosse Risiko eingehen. So wie es die Norweger oder die Franzosen, allen voran der Topfavorit Clément Noël, tun. Überhaupt ist die Risikobereitschaft rekordverdächtig hoch. Nach neun Rennen liegt die durchschnittliche Ausfallquote bei 33 Prozent! Und keiner der Favoriten ist lupenrein. Weltmeisterschaften haben andere Gesetze. Wenn die Norweger Kristoffersen, Haugan und McGrath überpowern und Noël seinen drei Ausfällen nachstudiert, dann wird nach George Schneider wieder ein Schweizer Slalom-Weltmeister.

Bei den Frauen ist nur Lara Gut-Behrami fähig, aufs Podest zu fahren!

Nein! Lara ist zwar unsere grosse Trumpfkarte in der Abfahrt, im Riesenslalom und vor allem im Super-G. Aber Corinne Suter läuft langsam zur Hochform auf und das Speed-Gelände sollte ihr entgegenkommen. Wendy Holdener hat die ganz grosse Meisterschaftserfahrung und hat nach ihrem Slalom-Ausfall auf den letzten Metern vor zwei Jahren auch noch etwas zugute. Camille Rast kann über sich hinauswachsen, muss aber ihre spielerische Fahrweise, mit der sie Podeste und Siege erreicht hat, wieder finden. Etwas im Schatten der Grossen wäre da noch Melanie Meillard. Sie kann nicht mehr besser Ski fahren, aber schneller. Und irgendeinmal löst sich der Knoten.

Im Super-G der Männer gibts wie beim Weltcup-Final 2024 in Saalbach wieder einen Schweizer Dreifachsieg!

Thesen sind keine Wunschkonzerte. Aber über einen Doppelsieg lasse ich mit mir reden. Odermatt, Von Allmen, Rogentin und Monney haben Sieg- respektive Podest-Erfahrung. In der laufenden Saison gab es in fünf Rennen drei Schweizer Siege (Odermatt zwei, von Allmen einen) und sieben Podestplätze. Der Super-G hat sowohl bei Olympia wie bei der WM immer für Überraschungen gesorgt. Da gehören wir aber definitiv nicht dazu. Selbst wenn es, läuft alles rund, einen Vierfachsieg gäbe.

Unsere Shootingstars Camille Rast und Malorie Blanc zeigen starke WM-Auftritte, zur Medaille reichts ihnen aber nicht!

Die beiden kann man nicht gleich beurteilen. Rast hat eine gewisse Meisterschaftserfahrung und hat ihre guten Resultate mit Podesten, Siegen und Top-10-Plätzen auch untermauert. Sie ist zur Medaille fähig und bereit. Malorie Blanc hat sicher die Fähigkeiten. Sie ist unsere grosse Zukunftshoffnung. Aber um bereit zu sein, um Mitfavoritin für Medaillen zu sein, fehlt ihr noch das Erfolgsfundament.

Mikaela Shiffrin wird im WM-Slalom so stark fahren, als ob sie nie pausiert hätte!

Wenn Mikaela an den Start geht, dann ist sie fit, dann will sie auch um den Sieg mitfahren. Skifahren ist wie Velofahren oder Schwimmen. So schnell verlernt man das nicht. Die Pause wird man aber trotzdem spüren. Selbst wenn Mikaela bis zum Renntag noch 50 oder auch mehr Trainingsläufe absolvieren wird und einen gewissen Rennrhythmus finden kann, wird sie vor allem im ersten Lauf des WM-Slaloms eher defensiv ans Werk gehen. Wenn dann aber der Rückstand auf die Führenden nicht zu gross ist, wird sie das unglaubliche Wunder vollbringen können.

Diese WM wird für Österreich zum Desaster, es gibt keine einzige Medaille!

So schlimm ist es auch wieder nicht. Österreich wird seine Medaillen machen. Aber ob unsere Nachbarn damit zufrieden sein werden, kommt auf die Farben und die entsprechenden Disziplinen an. Totale Abstürze in einzelnen Disziplinen – wie dass es niemand in die Top 10 schafft – würden allerdings das Gefühlsbarometer gewaltig strapazieren. Die geballte Macht ist Österreich im Moment nicht mehr. Bei den Männern zählt Manuel Feller nach seinem zweiten Platz in Schladming zu den grossen Hoffnungen. Der andere wäre Vincent Kriechmayr. Aber wird er bis zum Super-G wieder fit sein? Sonst findet man keinen in den Top-9 der aktuellen Weltcupwertungen. Und bei den Frauen sucht man sie auch vergebens. Cornelia Hütter in Abfahrt und im Super-G sowie Katharina Liensberger im Slalom sind die einzigen mit reellen Medaillenchancen. 

Ein Schweizer gewinnt WM-Gold in der Abfahrt, aber nicht Marco Odermatt!

Das tönt wie «sweet and sour»! Die These aber, dass es nicht Marco sein kann, geht mir viel zu weit. Saalbach ist wohl nicht die perfekte Abfahrt für den amtierenden Weltmeister. Er wünschte sich mehr engere Radien und Schlüsselstellen. Aber Odermatt ist fähig, seinen Titel auch hier zu verteidigen. Franjo von Allmen könnte die These untermauern. Er hat dieses Tempogefühl, das es in flacheren Partien bei hohen Tempi braucht, und wäre ein perfekter Thronnachfolger.

Michelle Gisin wird sich nach den WM-Speedrennen überlegen, ob der Abschied vom Slalom ein Fehler war!

Nein, dazu hätte sie keine nachhaltigen Erkenntnisse. Diese beruhen auch dann lediglich auf den Weltcuperfahrungen der laufenden Saison. Der Slalom, oder auch der Aufwand, alle vier Disziplinen zu fahren, beruhte auf dem Projekt Gesamtweltcup oder in der Vergangenheit auf der Kombinationswertung aus Abfahrt und Slalom. Die Kombination hat Gisin die erhofften Medaillen gebracht, steht aber nicht mehr auf den Programmen. Der Gesamtweltcup ist im Moment auch ausser Reichweite. Also war die Entscheidung richtig, den Fokus auf die Speed-Disziplinen zu setzen.

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