Eidgenosse Johann Graf als Geistheiler
Früher Schwinger, jetzt spricht er mit Toten

Johann Graf hat nach seiner Schwinger-Laufbahn einen aussergewöhnlichen Weg eingeschlagen: Der Berner Oberländer ist jetzt Geistheiler und versucht Kontakte im Jenseits herzustellen.
Publiziert: 25.08.2022 um 19:29 Uhr
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Aktualisiert: 27.08.2022 um 15:37 Uhr
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Der ehemalige Schwinger Johann ist jetzt als Fernheiler tätig.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Johann Graf sagt über sich selbst, dass er früher ein ziemlicher «Saucheib» gewesen sei. Tatsächlich hat der in der Region Thun gross gewordene «Hänsu» in seiner Sturm- und-Drang-Zeit regelmässig die Ellbogen ausgefahren und ganz viele Kameraden aufs Kreuz gelegt. Nicht im Privatleben, aber als Sportler. Parallel zu seiner Ausbildung zum Käser versuchte er sich als Motocrosser. «Mangels Cross-Strecken in der Schweiz habe ich oft in Belgien trainiert. Irgendwann konnte ich mir diese Sportart finanziell nicht mehr leisten.» Der 2,01-Meter-Riese lancierte deshalb mit 21 Jahren seine Schwinger-Laufbahn.

Der Spätzünder etablierte sich im Reich der Bösen erstaunlich schnell. Der grösste Wurf gelang Graf 1986 in Sion mit dem Gewinn eines Eidgenössischen Kranzes. 1991 kämpfte der Berner Oberländer beim Bundesfeier-Schwinget in Flüelen bis zum letzten Gang um den Festsieg.

Nach seinem letzten Kampf entwickelte sich der dreifache Familienvater in Schönried zu einem erfolgreichen Käse-Hersteller und begnadeten Verkäufer. «Ich habe als Sportler und später auch als Berufsmann mein Ego ausgelebt. Aber irgendwann wurde mein Ego durchlässiger, plötzlich hatte das Göttliche mehr Raum in mir. Dadurch ist das Materielle in den Hintergrund geraten, und ich bin viel feinfühliger geworden.»

Graf wehrt sich gegen Begriff «Hexerei»

Deshalb lebt der 62-Jährige heute ein ganz anderes Leben. Nach der Scheidung hat er oberhalb von Zweisimmen im «Fang» ein Bergbeizli, in dem er neben seinem berühmten Fondue auch Geistheilung und die Herstellung von Kontakten im Jenseits anbietet. «Nachdem ich anfänglich viele Bücher über die Spiritualität gelesen habe, besuchte ich ein Seminar bei einem alten Iren. Danach habe ich die Ausbildung beim berühmten Pascal Voggenhuber gemacht.» Seitdem darf er sich offiziell Medium nennen.

Graf wehrt sich in diesem Zusammenhang gegen den Begriff «Hexerei». «Eine kleine Veranlagung zum Medium steckt in jedem Menschen. Es kommt dann einfach drauf an, wie stark diese Veranlagung gefördert wird. Man kann das vergleichen wie mit dem Aufbau von einem Muskel, der ja auch nur grösser wird, wenn man ihn auch wirklich trainiert.» Graf legt nach: «Jeder von uns hat einen Schutzengel und einen Geistführer. Bei mir ist es mittlerweile so, dass ich fast ständig Kontakt zu meinem Geistführer habe, er ist wie ein Freund von mir. Ich beanspruche ihn aber nicht, wenn ich in der Stadt nach einem freien Parkplatz suche …» Stattdessen versucht Graf mit der Unterstützung dieser göttlichen Kraft leidenden Menschen aus der Ferne zu helfen. «Das versuche ich fast jede Nacht», erzählt Johann. Und wie soll das funktionieren?

«Ich erwache meistens um 4 Uhr morgens. Dann setze ich mich an den Bettrand und nehme Kontakt mit meinem Geistführer auf. Sobald ich spüre, dass der Kontakt richtig gut ist, bitte ich um die Heilung der entsprechenden Person.» Graf gibt sein Wissen gerne an andere Menschen weiter und hat auch schon zwei Bücher geschrieben.

«Humbug? Er zeigt das Gegenteil»

In diesem Zusammenhang spricht er von einem aussergewöhnlichen Erfolg. «Ich habe einer Frau, deren Schwester in Kanada als hirntot galt, gezeigt, wie ich bei Fernheilungen zu Werke gehe. Sie hat offenbar so schnell gelernt, dass mich die für tot erklärte Schwester kürzlich in Zweisimmen besuchen konnte. Abgesehen von einer leichten Einschränkung auf der linken Seite geht es dieser Frau heute wieder sehr gut.»

Von seinen spirituellen Fähigkeiten haben auch Ursula und Charles Hählen Gebrauch gemacht, nachdem ihr Sohn vor zehn Jahren auf einer Expedition im pakistanischen Karakorum ums Leben gekommen war. «Johann Graf hat sich in dieser Phase zu einer enormen Stütze für uns entwickelt», erzählen die Hählens. Den inneren Frieden haben sie gefunden, als Graf einen Jenseits-Kontakt mit ihrem verlorenen Sohn hergestellt hat. «Es gibt ja viele Menschen, die so etwas als Humbug bezeichnen. Aber Johann hat uns in eindrücklicher Manier das Gegenteil aufgezeigt.»

Graf ist kein «Gschäftlimacher»

Was entgegnet Graf den Menschen, die seine Tätigkeit weiterhin als «Humbug» bezeichnen? Ich will keinen belehren oder bekehren. Jeder Mensch hat sein Recht auf seinen Glauben und seine Einstellung.»

Dass Graf auf jeden Fall kein mieser «Gschäftlimacher» ist, belegt die Tatsache, dass er für seine Fernheilungen kein Geld verlangt. «Das würde mich zu sehr unter Druck setzen. Und bei zu viel Druck und Müdigkeit kann ich nicht heilen.»

Ein wahrlich aussergewöhnlicher Zeitgenosse, dieser Johann Graf.

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