Eigentlich wäre es sein grosses Wochenende, aber etwas stimmt Blaise Decrauzat doch traurig. «Statt Schwingen schauen die Romands lieber Formel 1.» Decrauzat, einziger Westschweizer im Zentralvorstand des nationalen Schwingerverbands, weiss: Die Fans der «Bösen» sprechen Schweizerdeutsch. Zumindest die allermeisten.
Die «lutte suisse» – oder, wie der Sport in der Romandie auch genannt wird, die «lutte à la culotte», wobei «culotte» Unterhose oder kurze Hose bedeutet – wird gerne als Nationalsport bezeichnet. Beliebt ist die Sägemehl-Disziplin aber vor allem von Appenzell bis Interlaken.
Nach dem ESAF 2016 in Estavayer-le-Lac FR habe sich zwar kurzfristig ein Aufschwung bezüglich Interesse und Mitgliederzahlen gezeigt, und der Schwingsport entwickle sich seither langsam, aber stetig, sagt Michael Saner vom Eidgenössischen Schwingerverband. «Doch in der Romandie bleibt er deutlich weniger populär.» Die 373 aktiven «lutteurs» des Südwestschweizer Verbandes machen nur etwa zehn Prozent der Athleten aus. Zwar hatten die Welschen einst prägende Figuren wie Ernest Schläfli aus Posieux FR, Unspunnensieger von 1976, doch das Interesse an Kränzen und Gabentempel blieb stets klein. Warum?
Vor allem dürfte die Historie ausschlaggebend sein. Die Etablierung des Schwingens im 19. Jahrhundert sei eindeutig eine Deutschschweizer Angelegenheit, sagt Sporthistoriker Michael Jucker und verweist auf Unspunnen und die ersten Schwingfeste in der Innerschweiz.
Damit dem Hosenlupf der Durchbruch gelingt, braucht es vor allem eines: «Einen welschen Schwingerkönig!», so Blaise Decrauzat.