Hirschi nutzt Zeit zwischen Klassikern für Gaumenschmaus
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Hilfskraft in der Pommes-Bude:Hirschi nutzt Zeit zwischen Klassikern für Gaumenschmaus

Vor Belgien-Klassiker
Rad-Ass Marc Hirschi macht den Fritten-Check

Seine Klassiker-Saison verläuft enttäuschend. Aber Marc Hirschi (26) gibt nicht auf. Blick trifft den Berner in einer holländischen Pommes-Hochburg zum Fritten-Gespräch.
Publiziert: 26.04.2025 um 19:18 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2025 um 20:51 Uhr
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Blick besucht Marc Hirschi vor dem Rad-Klassiker Lüttich–Bastogne–Lüttich in Holland. Genauer: in Maastricht. Hier hat das Team Tudor Pro Cycling seine Zelte aufgeschlagen.
Foto: Sven Thomann

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Wer macht die besten Pommes der Welt? «Wir», sagt Lisette Nelissen lachend. Die 63-Jährige arbeitet im «Frituur», einer berühmten Pommes-Bude im Herzen von Maastricht (Ho). «Im Gegensatz zu den Belgiern verwenden wir nicht tierisches, sondern pflanzliches Fett. Das macht die Pommes besser verdaulich», so Nelissen. Man merkt: Die Freundschaft zwischen den beiden Ländern (die Grenze zu Belgien liegt nur fünf Kilometer entfernt) hört nicht nur beim Fussball, sondern auch beim Thema Fritten auf. Kein Wunder, wurde der Snack doch am Fluss Maas, der Holland und Belgien hier verbindet, erfunden. Wie? Gemäss Überlieferung konnten die Fischer in den 1750ern nicht angeln, weil das Wasser gefroren war. Also frittierten sie Kartoffeln statt Fisch.

Marc Hirschi (26) muss ob dieser kulinarischen Geschichte schmunzeln. Soeben hat das Berner Rad-Ass auf Einladung von Blick das «Frituur» betreten. Er bestellt eine kleine Portion Pommes frites – zwei andere sind für die Reporter-Crew. Sie werden mit drei verschiedenen Saucen serviert – Samurai (scharf), Ketchup und Satésaus Mayo (Erdnuss-Mayo-Sauce). Ganz anders als sein täglicher Speiseplan. «Ich esse selten solche Pommes, höchstens drei- bis viermal pro Jahr. Aber da ich nun in der Pommes-Hochburg schlechthin bin und ihr mich gefragt habt, ob wir uns hier treffen können, freue ich mich darauf, ein paar davon zu essen.»

Ehe es so weit ist, führt ihn Lisette Nelissen in die Kunst des Frittierens ein. Als Erstes schüttet Hirschi einen 10-Liter-Kessel geschnittener Bintje-Kartoffeln (sie haben einen hohen Stärkegehalt) ins 150 bis 170 Grad heisse Öl. «Wir frittieren sie vor und noch nicht durch. Das passiert dann in einem zweiten Schritt», erzählt sie. «Wir sagen, dass die Pommes singen, wenn sie gebraten werden. Denn sie machen ein Geräusch, das so klingt. Wenn sie nicht mehr singen, sind sie fertig.»

Gesagt, getan. Hirschi hievt die Kartoffeln mit einer riesigen Frittierkelle aus dem Öl. Er sagt: «Ich bin keiner, der jedes Essen auf die Waage stellt und immer nur das isst, was auf dem Papier gut ist. Denn letztlich spüre ich selbst gut, was mir guttut. Und es kann auch negativ sein, wenn man nur ans Essen denkt.»

Erdnuss-Mayo? «Gewöhnungsbedürftig»

Wenige Minuten später füllt Hirschi die Pommes in die entsprechenden Servierschalen und trägt sie hinaus an einen Terrassen-Tisch. Die Degustation beginnt! «Nicht so scharf», findet der Tudor-Pro-Cycling-Neuzugang bei der Samurai-Sauce, «gewöhnungsbedürftig» bei der Erdnuss-Mayo und «immer noch am besten» beim Ketchup. 

Während einige Teams die Ernährung ihrer Fahrer streng kontrollieren, verfolgt das Schweizer Team einen anderen Ansatz. Die Fahrer werden von Ernährungsberatern sehr gut beraten, und die Köche bereiten eine Vielzahl von Mahlzeiten zu, um den Geschmack der Fahrer zu treffen und gleichzeitig ihre tatsächlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Hirschi: «Wir werden bestens betreut, aber nicht bevormundet. Jeder tickt anders und hat seine Präferenzen – das wird respektiert.»

Drei Tage vor dem Rad-Klassiker Lüttich–Bastogne–Lüttich bleibt Hirschi vorsichtig. «Obwohl sie sehr lecker sind», wie er betont. Nach einigen Bissen überlässt der YB-Anhänger die restlichen Pommes dem Reporter und dem Fotografen. «Die Kohlenhydrate sind nicht so schlimm, aber es ist etwas viel Fett, das der Körper nicht benötigt.»

Eine Note in der 10er-Skala? «Zwischen 5 und 6»

Danach beginnt Hirschi, von seiner Saison zu erzählen. Diese begann wie in einem Märchen. Er siegte gleich bei seinem ersten Rennen für den Rennstall seines einstigen Idols Fabian Cancellara (44). Sein Triumph in Valencia blieb bis heute sein Letzter. Vor allem zuletzt, beim Amstel Gold Race (Rang 40) und bei der Flèche Wallonne (Rang 49), hätte sich Hirschi deutlich mehr erhofft. «Diese Rennen waren enttäuschend und ein Dämpfer», gibt er zu. Vielleicht hätte er insgesamt ein oder zwei weniger Rennen fahren und einen Trainingsblock mehr einschieben sollen. «Aber im Nachhinein ist man immer schlauer.»

Immerhin: Mit Lüttich–Bastogne–Lüttich wartet am Sonntag nicht nur älteste noch ausgetragene Radrennen auf ihn, sondern auch das letzte Rad-Monument des Frühlings. Hirschi hat die Chance, doch noch in den Ardennen zu brillieren. «Ich habe schöne Erinnerungen und freue mich», sagt er und denkt an seine drei Top-10-Platzierungen der letzten Jahre. Fakt ist aber auch: In Top-Form ist Hirschi nicht. «Ich freue mich darauf und weiss, dass noch etwas möglich ist, wenn ich alles richtig mache. Aber ich glaube nicht an Magie. Es wird schwierig, ganz vorne mitzumischen.»

Auf einer Skala zwischen 1 und 10 würde sich Hirschi bislang «eine Note zwischen 5 und 6» geben. «Aber noch ist nicht einmal die Hälfte der Saison vorbei. Es ist noch viel möglich», sagt er. Am 9. Mai startet er erstmals zum Giro d’Italia – da geht er auf Etappenjagd. «Das wird ein spezielles Rennen mit vielen Chancen», blickt er voraus. 

Dann bedankt sich Hirschi für den Blick-Besuch, die Pommes und läuft in den holländischen Regen hinaus – vielleicht in eine Zukunft mit mehr Erfolgen als zuletzt. Sicher ist: Hirschi wird bestimmt nicht die Flinte ins Korn werfen.

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