Der dreiwöchige Tour-de-France-Wahnsinn ist vorbei
Die Ärgernisse, die Entdeckung, der Hühnerhaut-Moment

Der dreiwöchige Wahnsinn ist vorbei. Mit der Einfahrt am Sonntag in Paris endete die Tour de France nach 3400 Kilometern, 56'000 Höhenmetern und 21 Etappen. Sie hat auch dieses Jahr wieder viele Geschichten geschrieben. Eine Auswahl.
Publiziert: 24.07.2023 um 14:38 Uhr
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Bye, bye, Tour: Sieger Vinegegaard und Co. verabschieden sich nach drei Wochen.
Foto: IMAGO/Photo News
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Simon StrimerReporter & Redaktor Sport

Das Schlussbouquet

Foto: keystone-sda.ch

Auf der grossen Bühne in der Hauptstadt Paris endete auf den Champs-Élysées die Tour am Sonntagabend wie gewohnt im Massensprint. Es war ein Millimeterentscheid zugunsten des Belgiers Jordi Meeus (25) vor seinem Landsmann und Sprintkönig Jasper Philipsen (25), der vier Etappensiege holte.

Vor dem Sprint zündeten die Fahrer ein Feuerwerk. Angriff um Angriff rollte über die Strassen von Paris. Sogar Tadej Pogacar (24), der Zweite im Gesamtklassement, mischte vorne mit. Weil es klar war, dass es ihm um den Tagessieg ging und nicht um eine Attacke auf das Maillot Jaune, brach er kein ungeschriebenes Gesetz. Sinnbildlich: Ein normales Ausrollen hätte nicht zur Tour in diesem Jahr gepasst.

Das Hühnerhaut-Interview

Foto: keystone-sda.ch

Matej Mohoric (28) trägt das Herz auf der Zunge. Schluchzend beschrieb der in Tränen aufgelöste Slowene nach seinem Etappensieg am Freitag, wie viele Zweifel bei der Tour mitfahren und wie viel Respekt unter den Fahrern herrscht.

«Es ist grausam, ein professioneller Radfahrer zu sein. Du leidest, du opferst dein Leben und deine Familie, um hier bereit zu sein, um nach ein paar Tagen zu realisieren, wie stark jeder ist. So stark, dass man oft dem Rad des anderen gar nicht folgen kann. Dann hat man das Gefühl, gar nicht hierhin zu gehören.»

Die Tour-Ergebnisse 2023

Das Tour-Podest:

  1. Jonas Vingegaard (Dä) 82:05:42
  2. Tadej Pogacar (Sln) +7:29
  3. Adam Yates (Gb) +10:56

Ferner die Schweizer: 54. Küng +3:08:29. 129. Dillier +5:15:06.

Die Punktewertung:

  1. Jasper Philipsen (Be) 377
  2. Mads Pedersen (Dä) 258
  3. Bryan Coquard (Fr) 203

Die Bergwertung:

  1. Giulio Ciccone (It) 106
  2. Felix Gall (Ö) 92
  3. Jonas Vingegaard 89

Die Wertung der Jungprofis (bis 25):

  1. Tadej Pogacar 82:13:11
  2. Carlos Rodriguez (Sp) +5:48
  3. Felix Gall (Ö) +8:40

Die Teamwertung:

  1. Jumbo-Visma (Ho) 247:26:17
  2. UAE Emirates (VAE) +7:13
  3. Bahrain-Victorious (Bah) +22:01

Die Preisgeld-Übersicht:

  • Gesamtsieg: 500'000 Euro
  • Punktewertung: 25'000 Euro
  • Bergwertung: 25'000 Euro
  • Jungprofi-Wertung: 20'000 Euro
  • Teamwertung: 50'000 Euro
  • Etappensieg: 11'000 Euro

Das Tour-Podest:

  1. Jonas Vingegaard (Dä) 82:05:42
  2. Tadej Pogacar (Sln) +7:29
  3. Adam Yates (Gb) +10:56

Ferner die Schweizer: 54. Küng +3:08:29. 129. Dillier +5:15:06.

Die Punktewertung:

  1. Jasper Philipsen (Be) 377
  2. Mads Pedersen (Dä) 258
  3. Bryan Coquard (Fr) 203

Die Bergwertung:

  1. Giulio Ciccone (It) 106
  2. Felix Gall (Ö) 92
  3. Jonas Vingegaard 89

Die Wertung der Jungprofis (bis 25):

  1. Tadej Pogacar 82:13:11
  2. Carlos Rodriguez (Sp) +5:48
  3. Felix Gall (Ö) +8:40

Die Teamwertung:

  1. Jumbo-Visma (Ho) 247:26:17
  2. UAE Emirates (VAE) +7:13
  3. Bahrain-Victorious (Bah) +22:01

Die Preisgeld-Übersicht:

  • Gesamtsieg: 500'000 Euro
  • Punktewertung: 25'000 Euro
  • Bergwertung: 25'000 Euro
  • Jungprofi-Wertung: 20'000 Euro
  • Teamwertung: 50'000 Euro
  • Etappensieg: 11'000 Euro

Die Machtdemonstration

Foto: keystone-sda.ch

Mehr als zwei Wochen lang war die Tour ein Sekunden-Krimi zwischen den Rivalen Jonas Vingegaard (26) und Tadej Pogacar (24). Bis Vorjahressieger Vingegaard beim Zeitfahren auf der 16. Etappe den grossen Unterschied machte.

Es war das Zeitfahren seines Lebens. «Während der Fahrt habe ich angefangen, mich zu fragen, ob der Leistungsmesser auf dem Rad kaputt ist», sagte der Däne über seine Fabel-Fahrt. Über eineinhalb Minuten holte er auf Pogacar heraus, rund drei Minuten und mehr auf alle anderen der Tour – bei einer Strecke von 22,4 km.

Die Doping-Skepsis

Spätestens nach Vingegaards Machtdemonstration suchte die Radsport-Welt nach Erklärungen für die unfassbaren Leistungen der Spitzenfahrer über die drei Wochen. Auch vor dem Hintergrund der Rekordzeiten von Vingegaard und Pogacar auf dem Tourmalet und im Mont-Blanc-Gebirge.

Nach vermehrten Nachfragen machte Vingegaard eine beeindruckende Aussage. Der einst schüchterne Junge von der dänischen Nordsee-Küste und jetzige Familienmensch versprach: «Ich nehme nichts, was ich nicht auch meiner zweijährigen Tochter geben würde.»

Die süssen und bitteren Abschiedstränen

Foto: AFP

Einen Bilderbuch-Abschied erlebte Publikumsliebling Thibaut Pinot (33) auf der letzten Bergetappe am Samstag in den Vogesen. Nördlich der Schweiz fuhr der zehnfache Tour-Teilnehmer als Führender solo in den Schlussaufstieg hinein. Tausende tobende Fans feierten den Franzosen in seiner Heimat ein letztes Mal an der Spitze.

Bitter war der Abgang hingegen für Mark Cavendish (38). Der Sprinter von der Isle of Man jagte den alleinigen Rekord von 35 Etappensiegen, musste das Rennen nach einem Sturz und Schlüsselbeinbruch aber aufgeben. Er bleibt zusammen mit Rad-Legende Eddy Merckx (78) mit 34 Siegen Rekordhalter. Auch für Peter Sagan (33) war es die letzte Tour.

Die Ärgernisse auf der Strasse

Lilian Calmejane zeigt sein beschädigtes Rad
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Reissnägel an Tour de France:Calmejane zeigt sein beschädigtes Rad

Es begann bereits bei der 2. Etappe: Im beeindruckenden baskischen Publikum befanden sich einige Idioten, die Reissnägel streuten. Dann gab es die Fan-Girlande, die sich im Rad von Lilian Calmejane (30) verfing, und der unaufmerksame Zuschauer auf der 15. Etappe, der einen Massensturz auslöste.

Auch Fahrzeuge verursachten Chaos. Allen voran die beiden Motorräder, die einen Tag zuvor einen Pogacar-Angriff auf Vingegaard durch einen Stau blockierten. Oder die Autos, die den Tour-Sieger auf dem Col de la Loze zum Absteigen zwangen.

Die Entdeckung vom Nachbarland

Foto: IMAGO/Photo News

Zwei Schweizer nahmen teil und kämpften sich bis nach Paris, vorwiegend als Helfer: Stefan Küng (29, 54. Platz) und Silvan Dillier (32, 129. Platz). Beide sprachen von einer sehr harten Tour de France.

Die Entdeckung kommt aus Österreich: Felix Gall (25) verbesserte sich bei seiner ersten Teilnahme von Tag zu Tag und krönte seinen Steigerungslauf mit dem Sieg auf der Königsetappe in Courchevel. Der erst 25-jährige Kletterspezialist fühlte sich bei Vingegaard und Pogacar immer wohler.

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