Caroline Baur vor ihrem Start an der Tour de France
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«Es ist ein riesiger Traum»:Caroline Baur vor ihrem Start an der Tour de France

Schweizer Rad-Meisterin Caroline Baur (28) verlor ihren Bruder nach tragischem Unfall
«Felix ist mein Schutzengel im Himmel»

Dass Caroline Baur zur Tour de France startet, gleicht einem Wunder. Denn: Nach einer wunderbaren Kindheit und Jugend folgte ein Schicksalsschlag auf den anderen.
Publiziert: 24.07.2022 um 10:05 Uhr
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Aktualisiert: 25.07.2022 um 09:27 Uhr
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Nach der Tour de Suisse und dem Giro d'Italia startet Caroline Baur nun zur Tour de France Femmes.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Caroline Baur steht mit 28 Jahren auf der Sonnenseite des Lebens. Nicht nur sportlich, sondern auch privat. Sie fährt seit vertgangenem Winter für ein World-Tour-Team (Roland Cogeas Edelweiss Squad), hat die Tour de Suisse und den Giro bestritten und wird am Sonntag zu ihrer ersten Tour de France starten – notabene im Trikot der Schweizer Meisterin. «Ein Traum wird wahr», sagt sie.

Neben dem Velo läuft es Baur ebenfalls rund. Sie wohnt in Kreuzlingen TG mit ihrem Freund Corey Davis (29, USA) – er ist ebenfalls Rad-Profi – in der Nähe des Bodensees. «Er weiss genau, wie ich ticke. Es passt alles super, ich könnte kaum glücklicher sein», so Baur.

Doch in Baurs Leben lief nicht immer alles nach Plan. Sie kennt es auch anders. Rückblick: Geboren wurde Baur im deutschen Rheinfelden, gleich an der Grenze zur Schweiz. Schon bald zügelte sie mit der Familie nach Elgg ZH, wo Caroline aufwächst. «Ich hatte eine wunderbare Kindheit», sagt sie. Ihre Eltern waren sportlich, letztlich brachte sie aber ihr zwei Jahre älterer Bruder Felix auf den Velo-Geschmack, sie trat einem Klub bei. Nach der Schule entschied sich Baur für eine kaufmännische Ausbildung in Wil SG.

Kaum volljährig, begann sich Baurs Glück zu drehen. 2012 verletzte sie sich schwer am rechten Ellbogen. Die Diagnose: Quadrizepssehnenriss. Ein Jahr lang konnte sie nicht mehr Velo fahren.

2013 folgte dann der Schicksalsschlag, der alles veränderte: Ihr Bruder Felix wurde während eines Trainingslagers in Spanien von einem Auto erfasst und stürzte schwer. «Ich flog mit meinen Eltern nach Spanien, doch Felix lag da schon im Koma.» Nach drei Tagen folgte die Überführung in die Intensivstation des Spitals Winterthur. «Felix' Hirn war so schwer verletzt, dass wir wussten: Er wird nie mehr erwachen. Als ich seine Hand hielt, sah ich auf dem Monitor dennoch eine Reaktion. Der Pulsschlag wurde auf einmal höher, auch sein Blutdruck veränderte sich – es war eine Art Abschied.»

«Er sagte, ich sei zu dick»

Felix Baur starb kurz vor Weihnachten 2013. Er wurde nur 21 Jahre alt. «Zu dieser Zeit bereitete ich mich auf meine Abschlussprüfungen vor. Ich erinnere mich, wie ich Dinge in Büchern mit dem Leuchtstift angestrichen hatte, mich aber am nächsten Tag an nichts mehr erinnern konnte. Ich war in einer anderen Welt – der Tod meines Bruders hatte alles verändert», so Baur. Irgendwann fing sie sich, 2014 bekam sie Angebote von drei Rad-Teams. Baur entschied sich für die Schweizer Equipe Bigla. Ein Fehler, wie sich ein Jahr später herausstellen sollte. «Der Teamchef beleidigte mich und sagte ständig, ich sei zu dick und solle endlich abnehmen.»

Für Baur war das des Schlechten zu viel, sie entschied sich für einen radikalen Schnitt. «Ich hörte mitten in der Saison auf und flog in die USA, um neu anzufangen. Eigentlich hatte ich gar nicht mehr vor, weiter Radrennen zu bestreiten. Aber ein Team kam auf mich zu und nahm mich unter Vertrag. Wir lebten während der Rennen bei Gastfamilien. Es war die beste Entscheidung meines Lebens.»

Ein Tattoo für ihren Bruder

Drei Jahre lang tingelte Baur durch die USA, ehe es sie – auch wegen Corona –zurück in die Schweiz zog. 2021 fuhr sie noch bei einem zweitklassigen Rennstall («Ich verdiente 300 Franken im Monat») und machte das höhere Wirtschaftsdiplom. Heute arbeitet sie neben ihrem Velo-Alltag zu 30 Prozent bei der Firma «q36,5», die Rad-Bekleidung herstellt. «Ich brauche diesen Ausgleich», sagt sie.

Nun aber gilt Baurs Fokus voll und ganz der Tour de France. Sicher ist: Ihr verstorbener Bruder wird auch jetzt bei ihr sein – sie hat sich ein Tattoo mit dem Buchstaben «F» am linken Handgelenk stechen lassen. «Felix ist mein Schutzengel im Himmel – ich denke jeden Tag mehrmals an ihn. Und ich bin mir sicher, dass er da oben stolz ist auf seine kleine Schwester.»

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