Christian Constantin über Fussballkrisen, Altersmilde und Weihnachten
«Dann werde ich zum Patriarchen und bringe alle an den Tisch»

CC am Jahresende. Über seine eigene Altersmilde. Über die im Wallis gesellige Weihnachtszeit. Über den Tod seines Vaters. Und warum seine Freundin und seine Ex-Partnerin gut miteinander auskommen.
Publiziert: 00:03 Uhr
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CC, der Denker. An seinem Arbeitstisch in seinem Büro im Hotel Porte d'Octodure in Martigny VS.
Foto: Alain Kunz

Auf einen Blick

  • Christian Constantin zieht Bilanz als Aufsteiger und blickt in die Zukunft
  • Sion-Präsident kritisiert den Schweizer Fussballverband und fordert Reformen
  • Im Januar fällt der Stadtrat von Sion die Stadion-Entscheidung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Alain KunzReporter Fussball

Christian Constantin, Sport first! Wie fällt Ihre Analyse dieses Halbjahrs als Aufsteiger aus?
Christian Constantin:
Wir sind ein Aufsteiger, der die Klasse halten will. Trotz der drei Siege zum Schluss: Es ist eine unvollendete Hinrunde. Wir hätten mit der geleisteten Arbeit bessere Resultate erzielen müssen. Im Cup waren wir auf Augenhöhe mit Basel und danach haben wir YB geschlagen. Wir haben also einen gewissen Platz in dieser Liga eingenommen. Im Frühling wollen wir uns als seriöser Superligist installieren.

Wie sehr hat das Out in der Walliser Lieblingsdisziplin Cup in Basel wehgetan?
Sehr weh! Wenn wir das dritte Tor machen, gewinnen wir. Im Penaltyschiessen waren wir aber schlecht. Aber die Jungs konnten den Platz erhobenen Hauptes verlassen.

Was an Sion am meisten erstaunt: Es spielt praktisch das Challenge-League-Team der letzten Saison. Und das bei «Transfer-Weltmeister» CC. Was sagt Ihnen das?
Dass man oft in die Ferne schaut, wenn man etwas sucht – und dann täuscht man sich oft. Es wäre gut, wenn sich unsere Liga generell mehr nationaler Werte befleissigen würde. Zumal das ganze Trade-Business sich komplett verändert hat.

Inwiefern?
Vor Jahren, als die TV-Gelder am Beginn der Explosion standen, waren die Löhne noch nicht so hoch, die Grossklubs eifrig am Kaufen. Es gab damals noch viel weniger Klubs, die versuchten, sich über Transfers zu finanzieren. Heute macht das jeder. Heute haben wir einen Markt, auf dem mit Ausnahme von den ganz Grossen alle dasselbe machen. Also müssen wir Alternativen suchen. Unsere Talentförderung intensivieren und mit einer intellektuellen Ausbildung komplettieren. Man muss den Spielern beibringen, mit beiden Füssen auf dem Boden zu bleiben. Sie dürfen durchaus glauben, dass es Marsmenschen gibt, solange sie auf dem Boden der Erde bleiben. Und wir müssen die Stadien zu Festorten machen, wo Fussballpartys gefeiert werden können.

Wie zum Beispiel in Ihrem neuen Stadion. Wie stehts da?
Wir warten auf die Entscheidung des Stadtrats von Sion, die im Januar gefällt wird. Er muss die Landverträge absegnen.

Da solls Opposition geben.
Wir müssen Lobby- und Überzeugungsarbeit leisten, klar. Denn ohne diese Verträge gibts kein Stadion. Was die Finanzierung anbelangt, gibts zwei Varianten. Der Stadtrat muss entscheiden, ob die Gemeinde die Akademie und die Stiftung selber auf die Beine stellen will, oder ob ich das machen will. Das kostet 30 Millionen. Die restlichen 400 Millionen übernehme ja ich in jedem Fall. Der Stadtrat kann also darüber befinden, ob er ein Geschenk von 400 oder 430 Millionen will …

Und wenn die dieses Geschenk nicht wollen?
Dann gibts im Wallis keinen Profifussball mehr.

Christian Constantin persönlich

Christian Constantin, bekannt als CC, wird am 17. Januar 1957 in Martigny VS geboren. Seine Familie stammt aus Ayent VS, einem Dorf nahe der Skiregion Anzère. Er macht eine Lehre als Bauzeichner. Mit 22 gründet er sein eigenes Architekturbüro. Von 1978 bis 1980 ist er Fussballprofi bei Xamax und Lugano, als Goalie, doch zu mehr als gut 20 Einsätzen reicht es ihm nicht, meistens ist er Ersatz. Seine ersten 50'000 Franken investiert er in Immobilien. Seine Firma wächst schnell und wird zum Imperium.

Heute baut er Riesenprojekte in der ganzen Schweiz. Er selber gibt an, weit über eine Milliarde Franken Vermögen zu haben. Gleichzeitig präsidiert er zweimal den FC Sion, von 1992 bis 1997 und seit 2003, nachdem er den Klub gekauft hatte. Er holt einen Meistertitel und sieben Cupsiege. Legendär sind sein Trainerverschleiss, seine Streitlust und seine Eskapaden. So, als er einen Schiri-Assistenten im Kabinengang umgrätscht oder Ex-Nati-Coach Rolf Fringer ein paar Ohrfeigen verpasst. CC hat drei Kinder. Sein Sohn Barthélémy (30) ist seit zehn Jahren Sportchef des FC Sion.

Christian Constantin, bekannt als CC, wird am 17. Januar 1957 in Martigny VS geboren. Seine Familie stammt aus Ayent VS, einem Dorf nahe der Skiregion Anzère. Er macht eine Lehre als Bauzeichner. Mit 22 gründet er sein eigenes Architekturbüro. Von 1978 bis 1980 ist er Fussballprofi bei Xamax und Lugano, als Goalie, doch zu mehr als gut 20 Einsätzen reicht es ihm nicht, meistens ist er Ersatz. Seine ersten 50'000 Franken investiert er in Immobilien. Seine Firma wächst schnell und wird zum Imperium.

Heute baut er Riesenprojekte in der ganzen Schweiz. Er selber gibt an, weit über eine Milliarde Franken Vermögen zu haben. Gleichzeitig präsidiert er zweimal den FC Sion, von 1992 bis 1997 und seit 2003, nachdem er den Klub gekauft hatte. Er holt einen Meistertitel und sieben Cupsiege. Legendär sind sein Trainerverschleiss, seine Streitlust und seine Eskapaden. So, als er einen Schiri-Assistenten im Kabinengang umgrätscht oder Ex-Nati-Coach Rolf Fringer ein paar Ohrfeigen verpasst. CC hat drei Kinder. Sein Sohn Barthélémy (30) ist seit zehn Jahren Sportchef des FC Sion.

Zurück zum ausgelaugten Transfermarkt. Die Schweizer Klubs sollen es also fortan so halten wie der orange Riese: aus der Region für die Region.
Ja, unbedingt! Früher gabs Brasilianer, die nach Europa wollten, und da hiess es: Kennst du den FC Sion? Über diesen Klub hast du einen guten Zugang nach Europa. Mit Ronaldinho oder Roberto Assis als Vorbilder. Heute braucht es keine Zugangspforten mehr. Man kann überall hingehen. Also muss man sich diese Champignons auch nicht mehr in Brasilien suchen, wenn es diese Sorte auch zu Hause gibt.

Nur machen das die wenigsten Super-League-Klubs.
Leider. Obwohl man praktisch keine Cunhas mehr findet. Aber darauf hoffen alle. Also lasst uns doch lokal arbeiten. Mit meiner Zweitliga-Mannschaft als Beispiel, die YB zweimal geschlagen hat.

Sie haben aber mit dem Russen Anton Mirantschuk dennoch einen Topspieler gefunden. Nur hat der zuletzt nicht mehr gespielt. Was war da los?
Er spielte nach seiner Ankunft sogleich, obwohl er noch nicht bei hundert Prozent war. Dann hat er sich eine Bauchmuskel-Verletzung einfangen. Wir wollten kein Risiko eingehen und haben ihn aus dem Spielbetrieb genommen. Er wird sorgsam aufgebaut und soll im Januar wieder fit sein.

Ansätze hat man schon gesehen.
Er ist ein hoch talentierter, grosser Spieler. Und er ist eine Superpersönlichkeit.

Womit die ethischen Bedenken, einen Spieler aus dem Kriegstreiber-Land zu verpflichten, beiseitegeschoben werden.
Weder Sie noch ich können den Krieg in der Ukraine beenden. Wie auch die meisten Russen und Ukrainer nicht. Man kann doch nicht von den für den Krieg Verantwortlichen auf alle Menschen schliessen. Es waren ja auch nicht alle Deutschen wie Hitler. Hier sind wir in einer Neutralität geboren und sollten deshalb Menschen nicht auf diese Art und Weise beurteilen. Auch ich will, dass das aufhört, dieses sinnlose Morden von ukrainischer und russischer Jugend, welche die Länder in den kommenden Jahren alimentieren soll.

Werden Sie in der Feiertagspause auf dem Transfermarkt nochmals zuschlagen?
Ich werde vielleicht einen oder zwei Spieler holen. Aber mit dem Hintergedanken, dass die erst für nächste Saison wirklich operabel sind.

In der Vorrunde gabs eine Serie von neun Spielen ohne Sieg – und CC ist ruhig geblieben. Sind Sie wirklich altersmilde geworden, wie Ihr Sohn Barthélémy bestätigt hat?
Vielleicht hat er recht. Ich bleibe dann nicht ruhig, wenn ich sehe, dass nicht gearbeitet wird. Wenn aber alle am Arbeiten sind, gibts keinen Grund, sich einzuschalten. Ich weiss ja, dass man nicht immer gewinnen kann. Didier Tholot arbeitet ohne Wenn und Aber. Und er stellt sich nie in den Mittelpunkt, bleibt immer derselbe. Er ist bald der dienstälteste Coach, und dann muss ich mir überlegen, ihn zu ersetzen …

Keine dummen Scherze. Sonst kommts noch so …
Nein. Wir haben ohnehin einen Plan, Didier und ich.

Und der wäre?
Er macht noch diese und nächste Saison, solange läuft sein Vertrag noch. Danach kann er etwas anderes im Klub machen, wenn er will. Vielleicht die U21 übernehmen wie damals Michel Decastel. Das ging sehr gut, und er hat Spieler wie Edimilson, Sierro, Akolo oder Karlen herausgebracht. Aber der abgemachte Zyklus von drei Jahren ist von meiner Seite unantastbar.

Sie sind ein grosser Fan unserer Auswahlmannschaften. Was läuft da schief? Die Nati ist sieglos aus der Gruppe A der Nations League abgestiegen. Und sowohl die U21 wie die U19 haben die EM-Qualifikation in schwachen Gruppen verpasst. Das sind Alarmzeichen.
Der Fussballverband ist sehr krank. Er ist vom Weg des Professionalismus abgekommen und hat sich in den letzten Jahren amateurisiert. Die ganze Arbeit, die geleistet wurde, um 1994 mit der ersten Endrunden-Qualifikation seit 1966 eine Zeitenwende einzuläuten, ist zerstört worden, weil man sich zuletzt auf den Lorbeeren ausgeruht hat. Die Qualität der Nachwuchsarbeit ist gesunken, die Ausgaben aber durch die Decke gegangen. So ist der SFV defizitär geworden, und wir werden im Fifa-Ranking demnächst hinter Montenegro sein …

Was tun?
Der neue Präsident muss eine klare Idee und Vision eines Programms für den Schweizer Fussball haben. Bei den Talenten, bei den Ausbildern, wirtschaftlich. Es kann doch zum Beispiel nicht sein, dass der Cup nach wie vor keinen Hauptsponsor hat. Und dann braucht es in allen Regionen starke wirtschaftliche Fundamente, damit nicht noch mehr Klubs in ausländische Hände übergehen. Es ein Desaster, wenn man von Leuten abhängig ist, die 5000, 6000 Kilometer entfernt sind. Was, wenn die sagen: «Okay, war sympathisch, aber das wars.» Dann fällt alles wie ein Kartenhaus zusammen. Kein Wunder, funktioniert nur eine Liga wirklich: die Bundesliga. Wegen der 50+1-Regel. Da ist deshalb jeder Klub in seiner Region verwurzelt. In Frankreich und Italien sind die TV-Rechte seit Jahren erstmals viel günstiger weggegangen. Diejenigen für die Bundesliga sind auf dem gleichen hohen Niveau geblieben.

Die Liga portiert Peter Knäbel als Präsidenten. Ein guter Kandidat?
Zuletzt kamen mit Peter Gilliéron und Dominique Blanc gleich zwei Präsidenten aus dem Amateurbereich, dem abgemachten Turnus nicht gehorchend. Das spürte man in der Nati und in den Auswahlteams. Alles hat nachgelassen. Es braucht deshalb einen echten Profi. Peter ist ein solcher. Er kann dem Schweizer Fussball eine neue Dynamik verleihen.

Wie sehen Sie die Lage in der A-Nati?
Ich mag Murat Yakin. Sonst hätte ich ihn ja nicht eingestellt. Aber es braucht in allen Bereichen mehr. Neue Ideen, Direktiven, Ambitionen, Image. Nun gehts darum, die Generation der U17-Weltmeister abzulösen, von der die Nati über ein Jahrzehnt gelebt hat. Das Verpassen der WM-Endrunde wäre katastrophal.

Was bedeutet Weihnachten für Sie?
Ein Familienanlass! Es ist nun zum zweiten Mal, dass mein Vater nicht mehr dabei ist. Man spürt dann, wie die Zeit fortschreitet, weil man sieht, welche Plätze am Weihnachtstisch für immer leer bleiben werden. Dafür werden andere neu besetzt. Weihnachten ist deshalb immer eine Mischung aus Traurigkeit und Hoffnung.

Haben diese Tage auch für Sie etwas Besinnliches, wo man mehr Zeit für sich hat?
Im Wallis sind das eher Momente, um Leute zu treffen. Man profitiert davon, ein Glas mit den Menschen zu trinken, die in dieser Jahreszeit in die Berge kommen. Ich verbringe diese Tage nicht alleine.

Wie läufts in Ihrer Beziehung mit Emma Collombin?
Bestens! Wir sind nun seit zehn Jahren zusammen.

Sie verstehen sich aber auch mit Ihrer Frau Carole exzellent, von der Sie seit Jahren getrennt leben.
Absolut. Ich werde an den Festtagen ein bisschen Patriarch und bringe alle an den Tisch. Carole, Emma, Barthélémy, meine Töchter Charline und Armelle – und alle haben Spass.

Heiraten werden Sie aber nicht noch mal?
Nein. Darüber haben wir nie gesprochen.

Sind Sie überhaupt von Carole geschieden?
Nein.

Okay, dann vergessen wir diese Frage mit der Hochzeit … zumal Emmas Vater Roland zu Beginn gegen die Beziehung seiner Tochter zu einem viel älteren Mann opponierte. Hat er diesen Widerstand aufgegeben?
Er hat mittlerweile andere Prioritäten. Er hat Krebs und muss dagegen ankämpfen. Das ist viel wichtiger.

Führt er sein Bistro La Streif in Martigny VS immer noch?
Ja. Es geht ihm ja ganz gut. Aber wenn man gegen solch eine Krankheit fighten muss, dann übersteigt dies menschliche Beziehungen. Und ich mag Krebs nicht. Weil man nie weiss, wie das herauskommt. Bei Heinz Lindner zum Beispiel bin ich unendlich froh, dass es gut herausgekommen ist.

Werden Sie die Sauerkraut-Gala wieder zum Leben erwecken?
Ich denke nicht. Das war das grösste Dinner-Spektakel der Welt. In Las Vegas ist das Maximum 5500 Gäste, wir waren bei 8000 … Aber die immer kleinlicheren Vorschriften haben uns das Leben schwer gemacht. Wenn ich also wieder etwas in diese Richtung mache, dann soll es frisch sein. Vielleicht im neuen Stadion.

Aber dessen Eröffnung ist noch weit weg, im besten Fall 2029.
Vielleicht stelle ich vorher etwas auf die Beine. Aber dann muss es richtig gross sein! Zum Beispiel Andrea Bocelli mit Paul McCartney. Oder Bocelli mit Céline Dion. Diese Dimension. Aber frühestens 2026.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
18
6
31
2
FC Basel
FC Basel
18
21
30
3
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
18
9
30
4
FC Luzern
FC Luzern
18
3
29
5
Servette FC
Servette FC
18
2
29
6
FC Zürich
FC Zürich
18
-1
27
7
FC Sion
FC Sion
18
4
26
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
18
6
25
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
18
-4
23
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
18
-12
17
11
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
18
-10
15
12
FC Winterthur
FC Winterthur
18
-24
13
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