Der FCB stürzte so richtig ab
Was YB mit der Basler Krise gemeinsam hat – und was nicht

Wie die aktuelle Situation bei YB mit dem Absturz des FC Basel zu vergleichen ist. Und wo die grossen Unterschiede liegen.
Publiziert: 10.03.2024 um 13:02 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2024 um 21:38 Uhr
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YB am Boden (hier Meschack Elia) – eine Momentaufnahme. Oder droht ein Absturz wie einst beim FCB? Es gibt einige Parallelen.
Foto: keystone-sda.ch
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Stefan KreisReporter Fussball

Am Anfang des Untergangs steht Jean-Pierre Nsame, einer der besten Super-League-Stürmer aller Zeiten. Im Sommer 2017, als der Kameruner noch bei Servette in der Challenge League kickt, streckt der damals unantastbare FC Basel, Serienmeister und Liga-Krösus, seine Fühler nach dem Angreifer aus. Am Ende aber entscheiden sich die Bebbi für Ricky van Wolfswinkel und Dimitri Oberlin. Nsame geht nach Bern. Der Rest ist Geschichte. Fünf Meistertitel in sechs Jahren – weil YB mit Nsame einen Angreifer hat, der die Liga zu Klump schiesst. Dreimal wird er Torschützenkönig. «Schämpu», wie sie Jean-Pierre in der Bundesstadt liebevoll nennen, wird in Bern für immer eine Legende sein.

Nun steht der mittlerweile 30-Jährige sinnbildlich für die aktuelle YB-Krise. Weil man die personifizierte Torgarantie im Winter abgibt, ist das Meisterrennen wieder spannend. Weil man ihm den Bauch nicht kraulte, gabs in Bern nicht für möglich gehaltene Unruhe, die in etlichen öffentlichen Unmutsäusserungen gipfelten.

Dass den Bernern deswegen dasselbe Schicksal droht wie dem in sich zusammenbrechenden FCB, ist zwar praktisch ausgeschlossen. Einige Parallelen zum FCB-Niedergang sind vor dem heutigen Krisengipfel trotzdem erkennbar.

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Raphael Wicky wurde als Trainer gefeuert. Und das, obwohl die Berner an der Tabellenspitze stehen.
Foto: Benjamin Soland

Die Trainer-Entlassungen

Von «einer neuen Dimension» spricht YB-Fan Pedro Lenz, weil die Berner Raphael Wicky auf Platz 1 liegend gefeuert haben. Nur: Abgeschaut haben sich die Young Boys diesen Move vom FCB. Unter dem Führungsduo Heusler/Heitz wurden mehrfach Trainer gefeuert, obwohl sie resultatmässig alles erreicht haben. Heiko Vogel wurde nur Wochen nach dem Doublesieg entlassen, Murat Yakin kurz nach der Meisterfeier. Neue Reizpunkte waren gefragt, raus aus der Komfortzone, Unterhaltung für die Fans, Gesprächsstoff. Auch Urs Fischer musste mit Meisterpokal und Cup-Kübel in der Hand gehen. Zu wenig attraktiv sei das Spiel, motzten die Fans damals. Und europäisch seis zu wenig. Siege allein genügten nicht mehr. Hurra-Fussball war gefragt. Magische Nächte unter europäischem Scheinwerfer. Eine Entwicklung, die auch in Bern zu beobachten ist. Wicky erreichte mit YB zwar alle vorgegebenen Ziele, richtig warm aber scheinen die Fans mit der Spielweise der Mannschaft nie geworden zu sein. Und international war YB in der letzten Saison nicht dabei.

Unerfahrene Sportdirektoren

«Wir haben 17 Punkte Vorsprung vor YB. Da ist Raum, um etwas zu probieren. Wenn es schiefgeht, haben wir immer noch Vorsprung», sagte FCB-Legende Marco Streller im Sommer 2017 nach seinem Amtsantritt als Sportdirektor. Sagenhafte Summen werden in der Folge für neue Spieler investiert, in vielen Fällen zünden die angekündigten Raketen aber nicht. Als Sinnbild gilt Dimitri Oberlin, der für über fünf Millionen von RB Salzburg kommt. Auch die Berner haben mit Steve von Bergen seit Sommer 2022 einen unerfahrenen Sportdirektor installiert. Der aber geniesst – ganz im Gegensatz zu Streller – die Unterstützung kompetenter Leute. Streller hatte mit Bernhard Burgener einen fussballfachfremden Präsidenten im Rücken, von Bergen kann sich auf die Expertise von Christoph Spycher, Gerard Castella und Stéphane Chapuisat verlassen.

Die finanziellen Mittel

In Basel hat man seit dem Abgang von Roche-Erbin Gigi Oeri niemanden mehr, der das Portemonnaie aufmacht, wenns brennt. Unter Heusler und Heitz ging die Rechnung auf, weil man sich Jahr für Jahr für die Champions League qualifizierte und Spieler für sagenhafte Summen ins Ausland verkaufen konnte. Unter Bernhard Burgener und David Degen sind die Reserven aber aufgebraucht, das strukturelle Defizit schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Verein. Die Zeit der fetten Verträge ist vorbei. Bei YB hingegen sitzt mit Stefan Rihs ein Mann in der Führung, der über die nötigen finanziellen Mittel verfügt.

Ein Hauptgrund dafür, dass YB weit davon entfernt ist, ins selbe Fahrwasser zu geraten wie der FCB. Dem droht bei einer heutigen Niederlage der Fall auf den Barrage-Platz, nur zwei Zähler beträgt der Vorsprung auf Lausanne. Die Berner haben trotz drei Niederlagen in Folge noch immer alle Chancen auf den Meistertitel.

Auch weil der beste Stürmer der Super League, Jean-Pierre Nsame, nicht wie von ihm gewünscht bei Servette gelandet ist – sondern weil die YB-Verantwortlichen darauf bestanden haben, dass er ins Ausland wechselt.

Was damals bei sieben Punkten Vorsprung aussah wie eine Hasenfussstrategie, könnte nun, da das Meisterrennen wieder spannend ist, das Zünglein an der Titelwaage sein.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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