Foto: Igor Kravarik

Er ergreift das geflügelte Wort
So entstand der Kult-Käfer

Der BLICK feiert sein 60-Jahr-Jubiläum. Und seit 40 Jahren, wenn die Ahnenforschung stimmt, gibt es den BLICK-Käfer. Die Geschichte seines Vaters ist abenteuerlich – sie führt von einer Femme fatale bis zu Globi.
Publiziert: 14.10.2019 um 09:11 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2019 um 16:50 Uhr
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Heute geht es mal um mich. Ich, der BLICK-Käfer. Ich bin der Power-Promi der Superlative!
Foto: Igor Kravarik
Vom BLICK-Käfer

Auf Blick.ch und im BLICK geht es ja täglich auch um Prominente. Jedenfalls nie um Kontraminente. Höchste Zeit also, dass es um mich geht. Denn je öfter jemand im BLICK oder auf Blick.ch vorkommt, desto prominenter muss er sein. Ist ja logisch. Und wer war in den vergangenen 60 Jahren am häufigsten im BLICK? Ich, der BLICK-Käfer. Ich bin der Power-Promi der Super-Superlative!

Ich muss allerdings zugeben: Den Anfang habe ich verpasst. Die Pioniere des Schweizer Boulevards hielten sich für so tierisch gut, dass sie glaubten, die ersten zwanzig Jahre ohne frechen Beistand des Käfers auszukommen. Sie waren wirklich gut, hab ich mir sagen lassen.

Doch 1979 kam meine Stunde. Ich schlug zum ersten Mal im BLICK zu. Dies jedenfalls hat meine Familienforschung ergeben. Damals beauftragte die Werbeabteilung des BLICK den Illustrator Heiri Schmid, einen Glückskäfer für ein Gewinnspiel zu zeichnen.

«Es musste schnell gehen», erzählte mir Heiri Schmid letzte Woche am Telefon. «Deshalb waren die ersten Käfer noch etwas linkisch gezeichnet. Sie wurden dann immer besser.» Dem damaligen Chefredaktor Peter Uebersax (1925–2011) gefiel ich so gut, dass er mich behalten wollte. Nicht nur als Glücksbringer, sondern als Teil der aufmüpfigen Redaktion. Von da an durfte ich jeden Tag zu aktuellen Themen meine unartigen Sprüche in dieser grossartigen Zeitung bringen.

Wobei, ganz stimmt das nicht. Es gab in der Geschichte des BLICK-Chefs, die mich nicht mochten. Oder mich schnöde vergassen. Ich kam eine Zeit lang nicht mehr in der Zeitung vor, lebte wie ein hundskommuner Käfer in der Versenkung.

Doch vor ein paar Jahren wurde ich wieder zum Leben erweckt, und jetzt lasse ich mir mein Maul nie mehr verbieten! Gezeichnet werde ich heute, in etwas anderem Stil als früher, vom wunderbaren Illustrator und Multitalent Igor Kravarik (55).

Der wilde Kerl in mir

Mein Schöpfer, dieser Heiri Schmid, und das sagt vieles über meinen Charakter, war und ist ein ziemlich wilder Kerl. Heute ist er 83, lebt im Winter im Thurgau und im Sommer auf einer griechischen Insel. Fast jeden Abend geht er an den Strand. Noch immer zeichnet und illustriert er voller Leidenschaft.

Er war einst mit Susi Wyss (80) verheiratet. Eine Amour fou! Kürzlich erschien ihre Autobiografie «Guess Who Is the Happiest Girl in Town». Uiuiui … Die Zürcherin führte in jungen Jahren ein «pralles Leben als Pariser Sex-Queen», wie im BLICK zu lesen war, eine «sexuell befreite, feministische Vorkämpferin», wie es in der Buchbeschreibung heisst. Sie hatte ungezählte Affären, darunter mit Musiker David Bowie (1947–2016) und Milliardärssohn Paul Getty (1956–2011). Für Salvador Dalí (1904–1989) posierte sie als Aktmodell, Liebhaber Iggy Pop (72) widmete ihr ein Lied, und die gern diskrete «NZZ» bilanzierte über sie indiskret: «Susi Wyss hat punkto Sex alles gesehen, gehört, gefühlt und gerochen.»

In diesen Berichten kommt mein Vater eher am Rand vor, obschon auch er es dick hinter den Ohren und anderswo hatte. So ging die Ehe mit der frivolen Susi auch wegen der Babysitterin in die Brüche. Denn diese brachte nach dem Söhnchen auch Papa Heiri ins Bett. Mit dem damaligen Kindermädchen ist Schmid noch immer zusammen, sie haben selber Kinder und Enkel. Der Käfer-Stammbaum hat viele Äste. 

Ich bin gerne ein heisser Käfer

Mein Vater hat in seiner langen Karriere als Illustrator auch für ein sogenanntes «Aufklärungsheftli» gearbeitet. Also nackte Frauen gezeichnet. «Dies deshalb», erzählte er mir, «weil Fotos von nackten Models damals zu teuer waren.» Daddy, cool! Das Libertäre habe ich offenbar von ihm geerbt. Als langjähriger BLICK-Mitarbeiter weiss ich, dass die Verklemmten meist die Verlogenen sind. Ich selber bin ja auch oft und gern ein «heisser Käfer».

Bevor hier aber ein einseitiges Bild von meinem Vater entsteht: Er kann auch anständig! Heiri Schmid ist der Illustrator vieler Globi-Bücher. «Globi bei der Post» von 1997 war sein Erstling, sein Bestseller. Globi ist also irgendwie mein Bruder. Allerdings habe ich mir vorgenommen, stets der schrägere Vogel zu sein als er. Auch wenn ich ein Käfer bin.

Aufgezeichnet von Andreas Dietrich

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