«Kaufen Sie Kerzen! Stapeln Sie Brennholz! Horten Sie Batterien!» Wer erinnert sich nicht an die eindringlichen Warnungen angesichts einer drohenden Strommangellage im Winter 2022/2023? Für den Ernstfall plante der Bundesrat restriktive Vorgaben wie Heizverbote und Nutzungsbeschränkungen.
Tempi passati! Zumindest fast. Denn noch mag die eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) unter ihrem Präsidenten Werner Luginbühl (66) «keine vollständige Entwarnung» geben. Zwar habe sich die Ausgangslage für den kommenden Winter 2024/2025 verbessert, doch Unsicherheiten würden bleiben, machte sie an einer Medienkonferenz in Bern klar.
Insbesondere zwei Bereiche sieht die Elcom mit Unwägbarkeiten behaftet:
- Gasversorgung: Auch wenn die europäischen Gasspeicher derzeit sehr gut gefüllt sind und der Import von Flüssiggas das Risiko einer Gasknappheit in Europa reduziert, können geopolitische Entwicklungen den globalen Gasmarkt in Wallung bringen. So tendieren die Gaspreise derzeit nach oben. «Die Verfügbarkeit von Gas bleibt ein kritischer Faktor», schreibt die Elcom.
- Stromimporte: Die französischen Atomkraftwerke können deutlich mehr liefern als noch vor zwei Jahren – das ist positiv. Umgekehrt werden in Deutschland aber steuerbare Kohlekraftwerke abgeschaltet, was sich tendenziell negativ auf die schweizerischen Importmöglichkeiten auswirken könnte. Immerhin: Die inländische Stromproduktion dürfte im üblichen Rahmen ausfallen, so die Erwartung.
Angesichts dieser Situation plädiert die Behörde für die Beibehaltung der sogenannten Winterreserve für die Stromversorgung. Diese besteht aus einer Wasserkraftreserve von voraussichtlich 300 Gigawattstunden sowie thermischen Reservekraftwerken und Notstromaggregaten.
Auch mittelfristig möchte die Elcom eine «dauerleistungsfähige Reservekapazität» von 700 bis 1400 Megawatt aufrechterhalten – also bis etwa 2035. Dies vor dem Hintergrund, dass auch im Hinblick auf den Erneuerbaren-Ausbau, die Nachfrageentwicklung, die AKW-Laufzeiten sowie die Netzkapazitäten für den Stromaustausch mit den Nachbarländern die Unsicherheiten hoch bleiben würden. «Durch ein schrittweises Vorgehen bei der Reserve-Beschaffung kann sichergestellt werden, dass einer anhaltend veränderten Entwicklung Rechnung getragen werden kann», hält die Elcom fest. Daher werde ihre Reserve-Empfehlung laufend überprüft und bei Bedarf angepasst.
Schweiz für einmal als Nettoexporteurin
Und dies, obwohl die Schweiz im vergangenen Winter einen Strom-Exportüberschuss verzeichnet hat. Dank des Wetters! Milde Temperaturen sorgten für eine reduzierte Strom- und Gasnachfrage, viel Niederschlag hingegen für eine rekordhohe Schweizer Wasserkraftproduktion.
In Kombination mit der sehr guten Verfügbarkeit einheimischen Atomstroms und weniger Stromverbrauch mauserte sich die Schweiz zur Nettoexporteurin. Luginbühl erinnerte aber daran, dass dies nicht der Normalfall ist: In den letzten 20 Jahren musste die Schweiz 18 Mal mehr Winterstrom importieren, nur zweimal gab es einen Exportüberschuss.
Strompreise dürften sich normaliseren
Zudem wagte er auch einen Ausblick auf die künftigen Strompreise für die privaten Haushalte. Zwar habe man noch keine genaueren Zahlen, doch aufgrund der Preisentwicklung auf den Märkten rechnet Luginbühl rechnet mit einer gewissen Normalisierung – unklar sei, ab wann diese greifen werde, da das System gewisse Verzögerungen beinhalte. Stand heute geht er davon aus, dass sich die Preise auf 2025, allenfalls auf 2026 hin normalisieren dürften.