Emmanuel Macron (46) drückt aufs Gas: Bis 2050 will der französische Präsident sechs neue AKW erstellen; der Bau von acht weiteren soll geprüft werden. Das alles geht ins Geld: Fast 100 Milliarden Euro kostet diese Atom-Offensive.
Nun zeigt sich: Paris will für seine AKW-Pläne auch die Schweiz zur Kasse bitten. «Frankreich hält es für opportun, dass sich Länder, die selbst keine neuen AKW bei sich haben wollen, aber gerne Atomstrom aus Frankreich importieren, an den Kosten für den Bau der geplanten neuen AKW in Frankreich beteiligen.» Das sei Ende März vom französischen Aussenministerium erklärt worden. Eine Anfrage der «NZZ am Sonntag» zeigt jetzt: Gemeint ist damit explizit auch die Schweiz.
Schweiz zahlte bereits einmal an französische AKW
Die Aufforderung aus Paris sorge in Bern für Aufregung. Schliesslich hat die Schweiz 2017 den Atomausstieg beschlossen. Und nun solle sie in französische AKW investieren. Die Idee sei weniger absurd, als es auf den ersten Blick erscheine, gibt die Zeitung zu bedenken: Zwar sei gesetzlich ausgeschlossen, dass der Staat im Ausland AKW baut. Doch die Schweizer Stromwirtschaft habe diesen Weg schon einmal gewählt.
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Als in den 1970er-Jahren der Widerstand gegen das geplante AKW in Kaiseraugst AG immer grösser wurde, wichen die Stromkonzerne nach Frankreich aus. So wurden die Atomkraftwerke in Bugey, in Cattenom und in Fessenheim unter anderem mit Schweizer Geld erstellt. Im Gegenzug erhielten die Schweizer Stromkonzerne die Garantie, Atomstrom importieren zu können. Mehrere dieser Lieferverträge laufen bis heute.
Schweizer Stromkonzerne zeigen kein Interesse
Dieser Coup könne nun wiederholt werden, schreibt die «NZZ am Sonntag». Immerhin stocke hierzulande der Ausbau der erneuerbaren Energien. Heftig wird diskutiert, ob genug Strom zur Verfügung steht, wenn dereinst die Schweizer AKW vom Netz gehen. «Diese Lösung wäre ‹win-win› für beide Seiten», wird ein Vertreter der Strombranche zitiert, der nicht namentlich genannt werden will.
Auch Irene Aegerter, Mitinitiantin der «Blackout-stoppen-Initiative», hält die Idee für prüfenswert: «Es ist immer gut, sich alle Optionen offenzuhalten, die unsere Versorgungssicherheit stärken.» Die Stromkonzerne Alpiq, Axpo und BKW sehen es anders: Man konzentriere sich auf den Ausbau der Erneuerbaren, heisst es unisono. «Alpiq hat kein Interesse, in Frankreich in neue Kernkraftwerke zu investieren», schreibt ein Sprecher.
Die deutlichen Reaktionen zeigen: Der Reaktorunfall in Fukushima von 2011 hat in der Schweizer Energiepolitik eine Wende eingeläutet. Seither will das Land den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern mit erneuerbaren Energiequellen schaffen. Die Forderung aus Frankreich dürfte daher noch einiges zu reden geben. (dba)