Am 9. Juni kommt das neue Stromgesetz vors Volk. Dieses soll für eine sichere Stromversorgung mit einheimischen, erneuerbaren Energien sorgen. Der sogenannte Mantelerlass schafft die Grundlage dafür, dass rasch mehr Strom aus einheimischen Energiequellen wie Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse produziert werden kann.
SVP-Energieminister Albert Rösti (56) engagiert sich an vorderster Front für ein Ja und startete am Montag seinen Abstimmungskampf. «Wir brauchen mehr Strom – viel mehr Strom!», machte er vor den Medien in Bern klar. Denn der Stromverbrauch werde in den kommenden Jahren massiv anstiegen. Und die Versorgungslage sei immer noch fragil.
Gerade an die Adresse seiner eigenen Partei machte er klar: «Zu einer unabhängigen Schweiz gehört auch eine sichere Stromversorgung. Das stärkt die Souveränität unseres Landes.»
SVP-Spitze will ein Nein
Mit seinem Engagement bietet Rösti SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (54) die Stirn. Die Bündner Unternehmerin führt den Kampf von rechts gegen das Stromgesetz an. «Dieser Mantelerlass bringt effektiv nur wenig Strom, aber sehr viele Kosten, die durch den Strompreis bezahlt werden müssen», begründete sie ihren Widerstand schon früher gegenüber Blick. Sie spricht von einem «Bschiss».
Stellte sich die SVP-Fraktion im Parlament noch mehrheitlich hinter Röstis Stromgesetz, ist die Partei mittlerweile in zwei Lager gespalten. Mit einem verstärkten Trend zum Nein hat der Parteileitungsausschuss doch vorgespurt und einstimmig die Nein-Parole beschlossen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Die Hardliner um Martullo-Blocher – darunter auch der Banker Thomas Matter (57), Fraktionschef Thomas Aeschi (45) und der designierte Parteichef Marcel Dettling (43) – wollen auch die Basis auf Nein-Kurs trimmen.
Am nächsten Samstag entscheidet die Delegiertenversammlung, ob sich die SVP hinter ihren Bundesrat stellt oder ob sie ihn öffentlich desavouiert.
Mit viel persönlichem Herzblut
Für Rösti geht es mit dem Abstimmungsauftakt vom Montag ebenfalls darum, für nächsten Samstag vorzuspuren. Er selbst wird nämlich auch an der SVP-Delegiertenversammlung sprechen und versuchen, seinen Leuten das neue Stromgesetz schmackhaft zu machen.
Dabei wird er direkt auf Martullo-Blocher treffen, die sich an einer Podiumsdiskussion gegen den Mantelerlass in die Bresche schlagen wird. Mit offenem Ausgang.
Eine Auseinandersetzung, auf die sich Rösti aber freut. Das gebe ein bisschen Wettbewerb, den er gerne aufnehme. «Ich werde das Gesetz mit Überzeugung vertreten», kündigte er an. Schliesslich stecke auch viel persönliches Herzblut drin, habe er das Gesetz doch noch als Nationalrat mitgeprägt und auch Verbesserungen erreicht. So hat Rösti insbesondere die Wasserkraftprojekte eingebracht.
Als reiches Land könne sich die Schweiz die Gefahr einer Strommangellage nicht leisten. Nicht nur wegen der massiven materiellen Schäden, welche eine Mangellage mit sich bringen würde, sondern auch wegen des Reputationsschadens gegenüber dem Ausland. «Ich werde die Delegierten, die noch keine Meinung haben, zu überzeugen versuchen», sagte er. «Am Samstag ist die Hauptprobe, am 9. Juni gilt es ernst.»