Nicht nur Atome lassen sich spalten, sondern auch Parteien. Jüngstes Beispiel: Das Stromgesetz spaltet die SVP!
Am 9. Juni kommt der sogenannte Mantelerlass an die Urne. Dieser soll für eine sichere Stromversorgung mit einheimischen, erneuerbaren Energien sorgen. Wasser-, Solar- und Windkraft sollen ausgebaut werden.
SVP-Energieminister Albert Rösti (56) kämpft für ein Ja. Auch die SVP-Fraktion sprach sich im Nationalrat mit 36 zu 18 Stimmen, im Ständerat sogar einstimmig, für die Vorlage aus.
Martullo führt SVP-Widerstand an
Doch eine gewichtige Gruppe um Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher (54), Banker Thomas Matter (57), Fraktionschef Thomas Aeschi (45) und den designierten Parteichef Marcel Dettling (43) will die Basis auf Nein-Kurs trimmen.
Am 23. März kommt es an der Delegiertenversammlung in Langenthal BE zum Showdown. Rösti wird sich in einem Referat für die Vorlage einsetzen. An der anschliessenden Podiumsdiskussion wird Martullo-Blocher für ein Nein weibeln.
«Dieser Mantelerlass bringt effektiv nur wenig Strom, aber sehr viele Kosten, die durch den Strompreis bezahlt werden müssen», begründete die Bündner Unternehmerin ihren Widerstand schon früher gegenüber Blick. Die Schweiz brauche viel mehr Strom und die beschlossenen Massnahmen seien nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Natürlich brauche die Schweiz mehr Strom, doch der Mantelerlass sei ein «Bschiss».
An Martullos Seite wird sich auch Windkraftgegner Elias Vogt, der Präsident Freie Landschaft Schweiz, für das Nein starkmachen.
GLP-Bäumle vertritt Ja
Das Ja hingegen wird auf dem Podium nur GLP-Nationalrat Martin Bäumle (59) vertreten – obwohl dafür eigentlich auch SVP-Leute zur Verfügung gestanden wären. Dem Vernehmen nach wäre es den Parteioberen zudem lieber gewesen, eine «Reizfigur» aus den Reihen der Grünen für das Podium zu gewinnen, um so das Nein zu sichern. Mit dem SVP-freundlichen Bäumle dürfte die Hürde höher werden.
Auf welche Seite die Parolenfassung kippt, ist derzeit offen. Die Befürworter werden sich aber nicht so einfach geschlagen geben und sich auch im Abstimmungskampf nicht verstecken. Mehrere SVP-Parlamentarier haben sich bereits dem Ja-Komitee angeschlossen – darunter etwa Ständerat Jakob Stark (65, TG) oder Christian Imark (42, SO). Die St. Galler Kantonalpartei hat zudem mit 89 zu 16 Stimmen bereits deutlich die Ja-Parole beschlossen.
SVP-Befürworter wollen Wasserkraft
Imark, der 2021 als Kampagnenleiter erfolgreich das CO2-Gesetz gebodigt hat, stellt sich diesmal hinter die umstrittene Vorlage. «Ich habe ohne Begeisterung zugestimmt – vor allem wegen der 16 Wasserkraft-Projekte», sagt der Solothurner zu Blick. Der Ausbau müsse nun rasch vorwärtsgehen und mit dem neuen Stromgesetz lasse sich kurz- und mittelfristig einiges erreichen.
«Langfristig kommen wir um neue AKW nicht herum», macht er klar. Denn mit der Elektrifizierung des Verkehrs oder wegen zusätzlicher Wärmepumpen steige der Strombedarf massiv an. «Doch ein Neubau würde schlicht zu lange dauern, um die jetzigen Probleme beim Winterstrom zu lösen.» Er will sich deshalb aktiv für die Vorlage engagieren. «Es ist ein Kompromiss, den wir nicht torpedieren sollten.»