Samuel Hodel (37) kämpft gegen Windmühlen. Genauer gegen drei Windräder. 900 Meter von seinem Garten entfernt, auf dem Stierenberg bei Rickenbach LU, sollen sie aufgestellt werden. «Erneuerbare Energien sind wichtig», sagt der gelernte Elektromeister. «Aber hier stehen Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis.» Für die drei Windräder müssten Wald gerodet, neue Strassen gebaut und tonnenschwere Fundamente in den Boden gerammt werden. «Der Strom, den die drei Windräder produzieren, reicht aber nicht mal, um den Strombedarf der Gemeinde zu decken.»
In Rickenbach zeigt sich schon heute ein Kampf, der in den nächsten Jahren immer häufiger geführt werden wird – zumindest wenn man den Gegner des Stromgesetzes glaubt. Auf Plakaten warnen sie vor massenhaft riesigen Windrädern in den Alpen und Dörfern. «Wenn das Stromgesetz angenommen wird, sollen Hunderte Windräder in der ganzen Schweiz neu gebaut und die Natur zerstört werden», so Landschaftsschützer Elias Vogt (28), der das Referendum mitorganisiert hat.
Ganz anders sieht das Priska Wismer-Felder (53). Die Mitte-Nationalrätin befürwortet das Stromgesetz. Vor allem will sie sich selbst ein Windrad vors Haus stellen. Sie ist Mitinitiantin der drei Windräder in Rickenbach. Angst vor einer verschandelten Natur oder lärmigen Rotoren hat sie nicht. «Nach 300 Metern ist der Lärm kaum mehr wahrnehmbar. Und die Auswirkungen auf die Umwelt wurden genau geprüft. Sie werden nötigenfalls kompensiert.» Windkraft habe viele Vorteile. «Zwei Drittel des Stroms werden im Winter produziert, also dann, wenn die Solarkraft weniger leistet.»
Was hat das Volk noch zu sagen?
Windkraft-Gegner Vogt befürchtet, dass sich die Bevölkerung nach Annahme des Stromgesetzes nicht mehr gegen solche Anlagen wehren könnte. Einsprachen wären mit dem neuen Gesetz «chancenlos», ist er überzeugt. «Dadurch werden viele Leute erst gar nicht mehr Einsprache erheben.»
Tatsächlich stimmte die Gemeinde Rickenbach im März zum zweiten Mal für eine Schutzzone, die Windräder verbietet. Doch ob der Entscheid umgesetzt wird, ist fraglich: Das Umweltdepartement des Kantons Luzern empfiehlt dem Regierungsrat – der endgültig entscheidet – die Ablehnung. Ein Bauverbot sei nicht mit Bundesrecht vereinbar.
Für Wismer-Felder ist klar, dass die Gegner trotzdem gehört werden – auch wenn der Volksentscheid keine Auswirkung hätte. «Die Abstimmung hätte in dieser Form gar nicht erst stattfinden dürfen. Alle Rechte müssen geschützt werden – auch das Bundesrecht.» Mit dem neuen Stromgesetz ändere sich bei der Windkraft nicht viel. «Die Gegner des Stromgesetzes nutzen die Windkraft einfach zur Mobilisierung. Bei einem Ja dauert die Planung und Realisierung eines Parks immer noch rund 20 Jahre! Es wird also sicher keine Flut von neuen Anlagen geben.»
Abstimmungen weiterhin möglich
Das Bundesamt für Energie (BFE) sieht die demokratischen Mitspracherechte der Bevölkerung nicht gefährdet. Abstimmungen zu konkreten Projekten seien weiter möglich, in jedem Verfahren stünden auch künftig sämtliche Rechtsmittel zur Verfügung: «Jedes Projekt muss weiterhin einzeln beurteilt und bewilligt werden. Im Vergleich zu bisher haben sie jedoch erhöhte Aussichten, dass sie bewilligt werden können.»
Das BFE hält fest, dass sich das Stromgesetz nur auf Windenergieanlagen von nationaler Bedeutung auswirkt, die in geeigneten Gebieten geplant sind. Das einige wenige, die sehr viel Strom liefern. Das Projekt am Stierenberg wäre vom Stromgesetz nicht betroffen.