Das Stromgesetz entzweit die SVP. Sagte die Fraktion im Parlament noch zu zwei Dritteln Ja, drehte die starke Frau der Partei, Magdalena Martullo-Blocher (54), die Delegiertenversammlung auf ein Nein. Und liess damit den eigenen Bundesrat Albert Rösti (56) im Regen stehen.
Nun greift einer der wichtigsten Energiepolitiker der Partei Martullo-Blocher frontal an. Martullo sei in der Wirtschaftspolitik «besser bewandert» als in der Energiepolitik, sagt der Solothurner Nationalrat Christian Imark (42) gegenüber CH Media. «Entsprechend sollte sie ihren Fokus legen.»
Martullo gefährde den AKW-Neubau
Starker Tobak. Doch Imark fürchtet, dass das Nein der SVP die bürgerlichen Allianzen im Parlament schwächen könnte. Würde die SVP alles torpedieren, was ihre Politiker in der Ernergiekommission mit anderen bürgerlichen Parteien ausarbeiten würde, schade das der Partei.
FDP und Mitte fragten sich mittlerweile, ob sie überhaupt noch mit der SVP arbeiten wollten, so Imark. «Damit gefährdet Magdalena Martullo die bürgerlichen Mehrheiten in der Energiefrage und torpediert letztlich das ureigene Interesse der SVP: dass man in der Schweiz künftig wieder Kernkraftwerke bauen kann. Das ist der wichtigste politische Kampf in der Energiefrage.»
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Imark ist nicht allein: 19 von 68 SVP-Fraktionsmitgliedern haben sich dem Ja-Komitee zum Stromgesetz angeschlossen, Imark und der Thurgauer Ständerat Jakob Stark (65) gehören gar dem Präsidium des Komitees an.
Nicht zur Freude der Parteispitze: «Ich habe den Befürwortern des Stromgesetzes in der Fraktion gesagt, dass sie in Zukunft zurückhaltend sein sollen», betont Präsident Marcel Dettling (43). «Weil sie eine andere Haltung vertreten, als die Delegiertenversammlung als oberstes Gremium beschlossen hat.»
Herzensangelegenheit für Rösti
Das Stromgesetz kommt am 9. Juni zur Abstimmung. Dank ihm sollen mehr erneuerbare Energien – Wasser, Solar und Wind – zugebaut werden. Dafür werden Fördergelder länger ausbezahlt und Bewilligungen erleichtert.
Für Rösti ist das Gesetz eine Herzensangelegenheit – schliesslich hat er als Parlamentarier noch mitgestaltet. Der Stromverbrauch werde in den kommenden Jahren massiv ansteigen. Und die Versorgungslage sei immer noch fragil, warnte er an einer Medienkonferenz. An die Adresse seiner eigenen Partei machte er klar: «Zu einer unabhängigen Schweiz gehört auch eine sichere Stromversorgung. Das stärkt die Souveränität unseres Landes.» (sf)