«Wir müssen über die Schweiz reden»
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FDP-Politikerin Fink-Trauschel:«Wir müssen über die Schweiz reden»

Weil EU-Paket auf sich warten lässt, fordern sie eigenen Deal
Deutsche Politiker befürchten «Schweiz-Scharmützel»

Es geht um Milliarden und Zehntausende Jobs: Keine Region ist der Schweiz so eng verbunden wie Baden-Württemberg. Doch der fehlende EU-Deal sorgt für Unruhe. Süddeutsche Politiker drängen auf eine neue Schweiz-Strategie.
Publiziert: 22.03.2025 um 11:51 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2025 um 12:33 Uhr
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An der Grenze zu Baden-Württemberg: Rund 60’000 Menschen pendeln täglich zur Arbeit in die Schweiz.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Milliarden-Handel und Grenzgänger: Baden-Württemberg und Schweiz sind eng verbunden
  • Politiker im Bundesland fordern rasch eine neue Schweiz-Strategie
  • Auf den Deal der Schweiz mit der EU allein will man sich nicht verlassen
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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Die Schwaben verstehen die Schweiz! Keine andere Region ist unserem Land so nah wie Baden-Württemberg. Über 300 Kilometer gemeinsame Grenze, enge Wirtschaftsbeziehungen und rund 60'000 Menschen, die täglich zur Arbeit zu uns kommen: Baden-Württemberg und die Schweiz sind untrennbar verbunden.

Unser Land ist der zweitwichtigste Handelspartner des 11-Millionen-Bundeslandes – sowohl als Abnehmer als auch als Lieferant. Baden-Württemberg exportierte 2024 Waren im Wert von 20,2 Milliarden Euro in die Schweiz und importierte Waren für 18,7 Milliarden.

Kein Wunder, dass sich die süddeutsche Region in die Verhandlungen der Schweiz mit der EU einmischt. Die Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (76) lobbyierte für die Schweiz. Man habe «Brücken zwischen Bern und Brüssel» gebaut, verkündete der grüne Regierungschef stolz.

«Keine Ausreden mehr!»

Doch auch Baden-Württemberg muss seine Beziehungen zu den Nachbarn neu ordnen. Als einziges Bundesland – und wohl als einzige ausländische Region überhaupt – hat es eine Strategie für das Verhältnis zur Schweiz. Das fast zehn Jahre alte Papier ist jedoch überholt.

In Baden-Württemberg herrscht Unsicherheit, vieles steht auf rechtlich wackeligen Beinen. Auf Brüssel allein will man sich nicht verlassen – darin sind sich fast alle Parteien einig. Bis ein neuer Deal mit der Schweiz steht, könnten Jahre vergehen.

Die Opposition drängt auf Tempo. Besonders FDP-Politikerinnen verlangen Fortschritte. «Keine Ausreden mehr!», forderte die FDP-Abgeordnete Alena Fink-Trauschel (26) kürzlich in einer Debatte des baden-württembergischen Landtags. «Ich warte noch immer auf die finale Vorlage der Schweiz-Strategie.» Diese müsse mehr sein als ein Papierstapel. Gerade die Unternehmen bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen.

Die Sorge vor neuem Ärger ist gross. Bei den Liberalen hat sich sogar der Begriff «Schweiz-Scharmützel» eingebürgert: Solche drohten immer wieder, solange die Strategie nicht vorliege und das Bundesland sein Verhältnis zu den Nachbarn nicht selbst kläre. 

Der Grünen-Abgeordnete Niklas Nüssle (31) brachte es in der jüngsten Debatte so auf den Punkt: «Wenn zwischen Kriegen und Krisen, zwischen Diktatoren und Despoten, zwischen Donald Trump und Elon Musk kein Raum mehr bleibt, dann darf zwischen die Schweiz und die EU kein Blatt Papier mehr passen.»

Das macht den Nachbarn Sorgen

Und wann liegt die neue Schweiz-Strategie nun auf dem Tisch? Ein Sprecher des baden-württembergischen Staatsministeriums sagt zu Blick: «Wir befinden uns in der Endabstimmung des Textes und streben eine zeitnahe Behandlung im Kabinett an.»

Die Rede ist von einer «vertieften und zukunftsfesten Zusammenarbeit» mit den Schweizer Nachbarn. Drängende Themen stehen an: Der Zugang zum Schweizer Markt bereitet Sorgen. Flankierende Massnahmen und technische Hürden erschweren es, Dienstleistungen anzubieten oder Personal zu entsenden. Auch die Regeln für Grenzgänger sollen vereinfacht werden.

Vorwärtsmachen will man auch beim Verkehr – etwa mit der überfälligen Elektrifizierung der Hochrheinbahn. Gleichzeitig setzen beide Regionen auf Hightech, oft jedoch im Alleingang: Gesundheitsbranche, Luft- und Raumfahrt sowie Künstliche Intelligenz bieten nach Ansicht des Bundeslandes grosse Chancen für Kooperationen. Ebenso steht die Energieversorgung auf der Agenda. Eine Wasserstoffpipeline entlang des Hochrheins soll die Region Basel/Freiburg im Breisgau zum Wasserstoff-Hub machen.

Am Ende aber bleiben die Verträge zwischen der EU und der Schweiz der «Goldstandard». Die Baden-Württemberger hoffen, dass Bern bald grünes Licht gibt – sonst droht erst recht Ärger.

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