Auf einen Blick
- Ueli Maurer provoziert mit Videobotschaft für AfD-Wahlkampfveranstaltung in Deutschland
- Maurer grüsst AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel freundschaftlich und spricht ihr Mut zu
- Zehntausende protestierten am Wochenende in Deutschland gegen Union- und AfD-Abstimmung
Er kann es nicht lassen. Alt Bundesrat Ueli Maurer (74) liebt die Provokation – sei es, dass er im Shirt der Freiheitstrychler gegen die Corona-Politik der Regierung stichelt, sei es, dass er erklärt, für seine Nachfolge kein «Es» zu wollen.
Auch sein letzter Auftritt per Videobotschaft dürfte von vielen als Provokation empfunden werden. Zehntausende sind am Wochenende in Deutschland aus Protest gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag auf die Strasse gegangen. Ziel von Union und AfD: eine Verschärfung der Migrationspolitik.
«Hoi Alice und grüezi mitenand»
Aber es ist keine Überraschung: Von solchem Protest fühlt sich Maurer nur noch zusätzlich angestachelt. So hat er es sich nicht nehmen lassen, bei der als teilweise rechtsextrem eingestuften Partei Alternative für Deutschland (AfD) per Videobotschaft aufzutreten. «Servir et disparaître» – dienen und danach verschwinden, das ist nicht sein Ding.
Noch so gerne haben die AfD-Verantwortlichen die Gelegenheit ergriffen und Maurer am Samstag im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung im hessischen Neu-Isenburg als ehemaligen Bundespräsidenten der Schweiz vorgestellt, was dem Ganzen einen offiziellen Anstrich verleiht. Und Maurer hat sie nicht enttäuscht. Geradezu freundschaftlich grüsste er AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel (45): «Hoi Alice und grüezi mitenand.» Man kennt sich.
Tanz auf der Rasierklinge gewohnt
Maurer wünschte der teilweise in der Schweiz lebenden Weidel alles Gute für die bevorstehenden Kanzlerwahlen und sprach ihr Mut zu angesichts des breiten Widerstands. «Aus der Schweiz schauen wir im Moment etwas verwundert, aber auch konsterniert nach Deutschland und beobachten die Wahlen», erklärte der SVP-Mann. «Da sollen offenbar liebe Freunde, die wir seit vielen Jahren kennen und schätzen, plötzlich extrem geworden sein.»
Maurer ist den Tanz auf der Rasierklinge gewohnt. Er spricht der AfD extreme Tendenzen ab, ohne die Partei beim Namen zu nennen.
Es brauche «Alternativen»
Den Widerstand gegen die immerhin demokratisch gewählte Partei bezeichnet er als gefährlich. Deutschland drohe dadurch, auf die «schiefe Ebene» zu geraten. Und da gerate man leicht ins Rutschen. «Das ist gefährlich», so Maurer. Da brauch es «Alternativen», um das zu stoppen.
Und er stellt auch klar, dass sich die AfD mit ihren umstrittenen Parolen nicht den Mund verbieten lassen dürfe. «Meine persönliche Motivation in der Politik in solchen Situationen war immer meine Orientierung nach der Freiheit», sagte Maurer. Das beinhalte gerade auch die Redefreiheit.
Der Zuspruch aus der Schweiz wurde von den AfD-Anhängern im Saal mit Applaus verdankt. Andernorts dürfte Maurers Auftritt eher Irritation ausgelöst haben.
Ranghohe SVP-Vertreter gingen jahrelang eher auf Distanz zur AfD. Offiziell arbeitet die Partei nicht mit ausländischen Parteien zusammen. Und noch vor einigen Jahren legte Christoph Blocher (84) grossen Wert darauf, in der SRF-«Arena» nicht direkt neben Ex-AfD-Parteichef Alexander Gauland (83) auftreten zu müssen.