Ob männlich oder weiblich, spiele keine Rolle – «solange es kein ‹Es› ist, geht es ja noch»: Die Antwort von Finanzminister Ueli Maurer (71) auf die Frage zu seiner Nachfolge in der Landesregierung hat hohe Wellen geschlagen. Dem Bundesrat wurde Transfeindlichkeit vorgeworfen. Die Aussage sei «absolut inakzeptabel», so das Transgender-Netzwerk Schweiz, das vom Bundesrat eine Entschuldigung forderte.
Entschuldigt hat sich Maurer bis heute nicht. An der SVP-Delegiertenversammlung am Samstag sagte er vielmehr, er habe bewusst provozieren wollen.
Maurer griff Satirikerin an
Von den SVP-Anhängern wurde er dafür bejubelt. Die Komikerin Patti Basler (46) hingegen hat gar kein Verständnis für solche Provokationen. Sie selbst wurde erst kürzlich von Maurer angeblafft, als sie für die SRF-Satiresendung «Deville» Politikerinnen und Politiker vor dem Bundeshaus abfing. «Diese ‹huere› Fragen vom Fernsehen. Viel dümmer kann man nicht sein, als ihr es seid. Entschuldigung», schimpfte der SVP-Politiker im Vorbeigehen ins SRF-Mikrofon.
Ein verbaler Angriff mit Folgen, wie die «SonntagsZeitung» berichtet. So schreibt Patti Basler auf Facebook, dass sie nach Ausstrahlung dieser Szene zig Hassnachrichten erhalten habe. «Obwohl er zu mir respektlos war, wurde mir in zahllosen Messages und Kommentaren Respektlosigkeit vorgeworfen», schreibt sie. Das nehme sie so entgehen, als Satirikerin gehöre sich das. «Ich bekam allerdings auch mehrere Morddrohungen, Vergewaltigungsandrohungen und unzählige übergriffige Kommentare zu meinem Körper und meiner Sexualität.»
Basler wirft Bundesrat vor, Hass zu schüren
Worauf Basler hinaus will: Wenn sie als Cis-Frau – eine Bezeichnung für Menschen, bei denen Geschlechtsmerkmale und -identität übereinstimmen – schon solche Reaktionen erhalte, «wie muss es dann Trans-Menschen, schwarzen Menschen, Queers, Non-Binären usw. täglich ergehen?» Maurer befeuere mit Sprüchen auf Kosten dieser Minderheiten Hass und Gewalttaten gegen ebendiese. Hass werde in den Augen gewisser Menschen dadurch «quasi legitimiert» und entfesselt, so Basler.
Maurer schweigt auf Anfrage der «SonntagsZeitung» zu den Vorwürfen. «Wir äussern uns nicht weiter dazu», so das Finanzdepartement.
Gesprächsangebot von Kim de l'Horizon
Der Bundesrat geht auch nicht auf ein Gesprächsangebot ein, das ihm Kim de l'Horizon (30) diese Woche gemacht hat. Kim de l'Horizon, aufgewachsen im Kanton Bern, hat eben erst den deutschen Buchpreis gewonnen – als erste non-binäre Person. In einem Essay in der «NZZ» wendet sich Kim de l'Horizon an den Bundesrat und wirft ihm vor, Personen wie ihm das Menschsein zu verwehren und nicht als vollwertiges politisches Subjekt zu akzeptieren. De l'Horizon lädt Maurer ein, gemeinsam ein Bier zu trinken.
«Ich fordere Sie nicht heraus, werfe keinen Fehdehandschuh, möchte keine politische Podiumsdiskussion, kein mediales Grossaufgebot, ich fordere nichts. Ich biete Ihnen nur an, zu zeigen, wie ich lebe, und ich würde gerne sehen, wie Sie leben», schrieb die non-binäre Person.
Ein Angebot, auf das Maurer nicht eingeht. Die «NZZ» hat den Bundesrat für eine Replik angefragt und überbrachte das Gesprächsangebot Kim de l'Horizons. Man nehme dies zur Kenntnis und danke «für Ihr Verständnis, dass wir nicht darauf eingehen», so die Antwort von Maurers Departement. (lha)