Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente steht im Herbst die nächste Renten-Schlacht bevor. Am 22. September kommt die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) vors Volk. Doch schon jetzt beginnt das Vorgeplänkel zu einem harten Abstimmungskampf. Mit offenem Ausgang.
Im Fokus steht die Frage, wer gewinnt und wer verliert bei dieser Reform? Das Kernstück der Vorlage ist nämlich eine Senkung des Umwandlungssatzes im obligatorischen BVG-Bereich von 6,8 auf 6 Prozent. Auf 100'000 Franken angespartes Altersguthaben gibt es künftig also nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente. Das produziert Verlierer, resultiert doch ein sattes Minus von 12 Prozent.
Nur wenige bekommen vollen Rentenzuschlag
Aufgefangen werden soll dieser Verlust durch Kompensationsmassnahmen. Insbesondere für jene 15 Jahrgänge, die gerade vor der Pensionierung stehen. Diese erhalten abgestuft nach angespartem Altersguthaben und Alter einen Rentenzuschlag von bis zu 200 Franken pro Monat.
Ein hübsches Sümmchen, welche das Ja-Lager gerne ins Feld führt, von SP-Nationalrätin Samira Marti (30, BL) nun aber attackiert wird. Vom Bundesrat wollte sie in einem Vorstoss wissen, wie viele Pensionskassen-Versicherte insgesamt auf den vollen 200-Franken-Zustupf hoffen dürfen.
«Der Anteil entspricht ungefähr 1,5 Prozent der rund 4,5 Millionen aktiven Versicherten», so die für das Geschäft zuständige SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (60) in ihrer Antwort. Nur gut jeder Siebzigste bekommt also den vollen Ausgleich, rund 70'000 Personen.
Anspruch auf das Maximum haben nämlich nur die Neurentner der ersten fünf Jahrgänge, die pensioniert werden. Und das auch nur, wenn man in der Pensionskasse weniger als 220'550 Franken angespart hat.
«Kein zielführender Ansatz»
Die mickrige Zahl ist Wasser auf die Mühlen der Reform-Gegner. Kein Wunder also, fügt die Bundesrätin auch gleich an, dass der Vergleich mit sämtlichen aktiven Versicherten «kein zielführender Ansatz ist, um die Wirkung der Massnahme zu beurteilen».
Schliesslich sei der Zuschlag nur für jene gedacht, die aufgrund der anstehenden Pensionierung nicht genügend Zeit bleibt, den tieferen Umwandlungssatz durch verstärktes Sparen auszugleichen.
Baume-Schneider liefert denn auch weitere Zahlen: Von der Übergangsgeneration der 50- bis 65-Jährigen erhält gut ein Viertel einen vollen Zuschlag, der für die letzten Jahrgänge bis auf maximal 100 Franken absinkt. Ein weiteres Viertel erhält bloss einen Teilzuschlag, der auch nur ein paar Franken betragen kann. Wie genau der reduzierte Rentenzuschlag ausfällt, muss der Bundesrat erst noch in einer Verordnung festsetzen.
Es war ein hochfliegendes Reformprojekt des damaligen SP-Sozialministers Alain Berset (52): die Altersvorsorge 2020, mit der er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.
Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit der eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.
Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Linke und Gewerkschaften haben erfolgreich das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk nun am 22. September 2024 über die Reform entscheiden wird.
Das sind die wichtigsten Eckwerte:
Tieferer Umwandlungssatz
Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiteres Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.
Flexibler Koordinationsabzug
Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt somit ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.
Angepasste Altersgutschriften
Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 beziehungsweise 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 beziehungsweise 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.
Tiefere Eintrittsschwelle
Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende.
Es war ein hochfliegendes Reformprojekt des damaligen SP-Sozialministers Alain Berset (52): die Altersvorsorge 2020, mit der er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.
Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit der eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.
Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Linke und Gewerkschaften haben erfolgreich das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk nun am 22. September 2024 über die Reform entscheiden wird.
Das sind die wichtigsten Eckwerte:
Tieferer Umwandlungssatz
Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiteres Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.
Flexibler Koordinationsabzug
Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt somit ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.
Angepasste Altersgutschriften
Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 beziehungsweise 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 beziehungsweise 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.
Tiefere Eintrittsschwelle
Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende.
Die Reform beinhaltet zudem zusätzliche Elemente, mit welchen die versicherte Lohnsumme erweitert wird. So werden etwa die Altersgutschriften und der Koordinationsabzug angepasst. «Dadurch können jüngere Generationen bis zur Pensionierung ein höheres Vorsorgeguthaben aufbauen, als dies heute der Fall ist», so die Bundesrätin.
SP-Marti: «Rentensenkungen unhaltbar»
Marti sieht ihre Erwartungen bestätigt, wie sie gegenüber Blick erklärt: «Die Senkung des Umwandlungssatzes führt zu tieferen Renten», sagt sie. Im Gegenzug würden nur lächerliche 1,5 Prozent der Versicherten den vollständigen Rentenzuschlag erhalten. «Das zeigt, warum die BVG-Vorlage abgelehnt gehört», so Marti. «Angesichts der Kaufkraft-Krise und der steigenden Preise sind allgemeine Rentensenkungen unhaltbar.»
Der SP-Vorstoss ist bereits ein kleiner Vorgeschmack auf den Zahlenstreit, der im Abstimmungskampf zu erwarten ist. Die Befürworter werden jene Zahlen in den Fokus rücken, welche verbesserte Renten versprechen. Die Gegner jene, wonach die Renten sinken, während gleichzeitig die Lohnbeiträge steigen.
Kleiner Tipp ans Stimmvolk: Neben dem Abstimmungszettel sollte man mit Blick auf den 22. September auch gleich noch den Taschenrechner parat stellen.