Jetzt ist es fix: 2024 kommt es zum grossen Renten-Showdown an der Urne. Gleich drei Vorlagen sind abstimmungsreif: Erstens, die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG), gegen welche am Dienstag das Referendum mit weit über 120'000 Unterschriften eingereicht wird.
Zweitens, die Volksinitiative der Gewerkschaften für eine 13. AHV-Rente. Drittens, die Renten-Initiative der Jungfreisinnigen, welche das Rentenalter zuerst auf 66 für alle erhöhen und danach automatisch an die Lebenserwartung anpassen will.
Damit wäre alles angerichtet für einen Super-Sonntag am 3. März 2024, an welchem die drei Vorlagen dem Stimmvolk gemeinsam serviert werden.
Initiativen im März, Referendum im Juni
Bloss, das Menü scheint vielen Politstrategen nicht verdaulich. Und so beginnt bereits das Feilschen, wie die Geschäfte aufgesplittet werden könnten. Hört man sich in Bundesbern um, sollen die beiden AHV-Initiativen im März an die Urne kommen. Die Pensionskassen-Reform hingegen erst im Juni.
Für diese Aufteilung sprechen verschiedenen Überlegungen. Im bürgerlichen Lager ist die Befürchtung nämlich gross, dass bei einem AHV-BVG-Mix gleich alle drei Geschäfte bachab gehen. Dabei richtet sich der Fokus auf die Reform der zweiten Säule. Die BVG-Vorlage könnte zwischen den beiden AHV-Initiativen von links und rechts zerrieben werde, so die Einschätzung.
Szenario wie bei CO2-Gesetz verhindern
Erinnert wird dabei etwa an die Abstimmung über das CO2-Gesetz im Juni 2021. Für dieses glaubte man eine Mehrheit des Stimmvolks hinter sich. Da aber gleichzeitig zwei umstrittene Agrar-Initiativen an die Urne kamen, welche das bäuerlich-konservative Lager stark mobilisierten, wurde das CO2-Gesetz in den Nein-Strudel mit hineingerissen und schiffte knapp ab.
Ein solches Szenario möchten die BVG-Befürworter verhindern. Kommt die Pensionskassen-Reform alleine, schätzen sie deren Erfolgschance höher ein.
Nicht alles in einen Topf werfen
«Es wäre sicher nicht schlecht, wenn sich das Stimmvolk separat einmal mit der AHV und einmal mit dem BVG auseinandersetzen könnte», sagt FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (29, ZH) dazu. «Wenn alles in einen Topf geworfen wird und 1. und 2. Säule miteinander vermischt werden, ist eine sachliche Diskussion schwieriger.»
Klar ist, dass ihm als ehemaligem Präsidenten der Jungfreisinnigen die Renten-Initiative besonders am Herzen liegt. «Während die Linke das AHV-Milliarden-Defizit ohne Rücksicht auf die nächsten Generationen weiter ausbauen möchte, kann dank der Renten-Initiative die AHV-Finanzierung endlich nachhaltig gelöst werden», sagt er.
«Wir stehen vor einem Richtungsentscheid»
Auch die Linke steht einer getrennten Abstimmung offen gegenüber. Kommen nämlich vorerst nur die beiden AHV-Initiativen vors Volk, stehen sich zwei Grundkonzepte gegenüber. Soll mehr Geld in die AHV fliessen, wie es die Linke möchte? Oder sollen die Leute länger arbeiten, wie es die Rechte möchte?
«Wir stehen vor einem Richtungsentscheid, wie es mit der AHV weitergehen soll», sagt Gewerkschaftsbund-Sprecher Urban Hodel (37). Er ist zuversichtlich, dass die SGB-Initiative dabei gute Chancen hat. «Der kräftige Mietzinsanstieg und die weitere Erhöhung der Krankenkassenprämien werden im März noch sehr frisch sein», sagt er. «Weil alles teurer wird, haben die Rentnerinnen immer weniger im Portemonnaie.» Das helfe der Initiative, aber auch dem BVG-Referendum. «Je rascher wir darüber abstimmen, desto besser», so Hodel. «Wir können aber gut mit allen Kombinationen leben.»
Klar ist, dass der Bundesrat beide AHV-Initiativen bekämpfen wird. Doch auch bei einem doppelten Nein wäre das Resultat ein Fingerzeig, in welche Richtung die nächste AHV-Reform gehen soll.
Apropos Bundesrat: Da Sozialminister Alain Berset (51) per Ende Jahr abtritt, muss sich seine Nachfolge mit den Renten-Vorlagen herumschlagen. Und hier kommt ein weiteres Argument für eine Aufsplittung ins Spiel. «Es ist sicher besser, wenn der neue Sozialminister genügend Zeit hat, sich in die komplexe BVG-Vorlage einzulesen, bevor er sie dem Volk erklären muss», meint eine Parlamentarierin süffisant.
GLP-Mettler sieht BVG-Reform als Kompromiss
Auch wenn vieles für zwei getrennte Renten-Sonntage spricht, relativiert GLP-Nationalrätin Melanie Mettler (45, BE) die Situation: «Mit den beiden Initiativen von Gewerkschaften und Jungfreisinnigen liegen zwei Extrem-Varianten auf dem Tisch», sagt sie. «Die BVG-Reform hingegen ist pragmatisch und ausgewogen.»
In dieser Konstellation steche die Pensionskassen-Vorlage umso deutlicher als guteidgenössischer Kompromiss hervor. «Sie sorgt für mehr Gerechtigkeit bei den Frauen und zwischen den Generationen», sagt Mettler. «Wir müssen diese Reform nun durchbringen, damit das Vertrauen in die zweite Säule gestärkt wird.»