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SVP-Bundesrat Maurer erstaunt über fehlende Corona-Strategie in Altersheimen
Warum werden Senioren nicht besser geschützt?

Die Zahl der Corona-Opfer in Altersheimen ist erschreckend hoch. Trotzdem überlässt SP-Gesundheitsminister Alain Berset den Kantonen das Feld. SVP-Bundesrat Ueli Maurer lästert über das «gemächliche Tempo» in den Altersheim-Hotspots.
Publiziert: 13.02.2021 um 09:26 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2021 um 13:51 Uhr
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In den Altersheimen wütete die Corona-Pandemie besonders stark.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

SP-Bundesrat Alain Berset (48) steht im Kreuzfeuer der Kritik. Schläge bekommt er von rechts: SVP und Gewerbeverband erklären seine Lockdown-Strategie für gescheitert. Aber auch von links: Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (52) erteilt der Pflegestrategie die Note «ungenügend». «Die Altersheime sind die ‹Kriegsfront› gegen das Virus. Und trotzdem fehlt dort eine nationale Schutzstrategie», wetterte der SP-Nationalrat im BLICK-Interview.

Maillard greift dabei einen wunden Punkt auf: Der Grossteil der Corona-Todesfälle trat in Altersheimen auf. Trotzdem verzichten Gesundheitsminister Berset und sein Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine griffige Altersheimstrategie und überlassen den Kantonen das Feld. Das geht auch aus einem Begleitschreiben zum Verschärfungspaket Mitte Januar hervor, das BLICK vorliegt.

Verzicht auf rechtliche Vorgaben

Zwar soll der Schutz der besonders gefährdeten Personen, die in Alters- oder Pflegeheimen leben, verstärkt werden, schreibt das BAG darin. «Der Bundesrat verzichtet jedoch darauf, hierzu rechtliche Vorgaben zu erlassen.»

Stattdessen fordere er die Kantone auf, sicherzustellen, dass die Alters- und Pflegeheime in Ergänzung zur laufenden Impfkampagne weiterhin an den bestehenden Massnahmen festhalten und dass sie die Pflegeheime bei Personalengpässen mit geeigneten Massnahmen unterstützen würden.

Als zusätzliche Schutzmassnahme wird einzig «eine Empfehlung der seriellen Testung des Pflegepersonals in den Alters- und Pflegeheimen» in Aussicht gestellt.

Maurers hämischer Seitenhieb

Diese zögerliche Haltung ärgert nicht nur Maillard. Auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer (71) kann sich einen Seitenhieb gegen seinen Kontrahenten Berset nicht verkneifen.

«Wir sind erstaunt, mit welchem Nachdruck das BAG den Schutz der gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleisten will, in Bezug auf die vulnerablen Personen in den Alters- und Pflegeheimen es hingegen bei unverbindlichen ‹Aufforderungen› an die Kantone belässt», schreibt Maurers Generalsekretariat in der Ämterkonsultation. «Dies notabene für jene Institutionen, wo über 50 Prozent aller Todesfälle zu beklagen sind, und für welche das BAG vor Weihnachten den Auftrag erhalten hat, Massnahmen aufzuzeigen.»

Dennoch wolle das BAG «demnächst» bloss eine «Empfehlung» für eine serielle Testung des Pflegepersonals «zur Diskussion stellen», verweist das Finanzdepartement hämisch auf das Begleitschreiben.

«Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie auf der einen Seite die Wirtschaft und Öffentlichkeit im Eiltempo mit immer neuen Auflagen belastet werden, bei den klar ersichtlichen Hotspots aber ein eher gemächliches Tempo angeschlagen wird, obwohl dieses Thema eigentlich schon im Spätherbst 2020 hätte aktiv angegangen werden müssen.» Entsprechend sei man der Ansicht, dass das BAG hier nun «ein deutlich aktiveres und ehrgeizigeres Vorgehen an den Tag legen muss».

Auch Parmelin und Keller-Sutter üben Kritik

Das Wirtschaftsdepartement von SVP-Bundespräsident Guy Parmelin (61) schlägt in dieselbe Kerbe. Anstatt etwa mit einem Laden-Lockdown (dem die beiden SVP-Magistraten ebenfalls kritisch gegenüberstehen) die Massnahmen zu verschärfen, «favorisieren wir lieber konkrete Massnahmen im Bereich Alters- und Pflegeheime als Alternative», so Generalsekretärin Nathalie Goumaz – und nennt als Beispiel systematische Tests bei Heimbewohnern, Mitarbeitern und Besuchern.

Auch das Justizdepartement von FDP-Magistratin Karin Keller-Sutter (57) stellte sich kopfschüttelnd auf die Seite der beiden SVP-Mannen. Ihr Generalsekretariat bittet das Innendepartement mit süffisantem Unterton, «darzulegen, warum der Bund hier auf rechtliche Vorgaben – zum Beispiel zur seriellen Testung des Pflegepersonals – verzichten sollte».

Das Bundesamt für Justiz moniert, dass die Situation für die Heimbewohner in der ersten Welle durch die Kantone wenig transparent und mit schwer verständlichen Unterschieden geregelt worden sei. Wolle man den Schutz der Heimbewohner nun also verstärken, müsse man auch konkrete Massnahmen nennen, um eine unklare Situation wie im vergangenen Jahr zu vermeiden und die Verhältnismässigkeit zu garantieren.

Gewerkschaftsbund mit Massnahmenbündel

Gross beeindrucken lässt sich Bersets Innendepartement davon aber nicht. Der Bund hat seither nur einen kleinen Schritt vorwärts gemacht und übernimmt seit kurzem die Kosten für Massentests in Altersheimen.

Dabei wäre viel mehr möglich gewesen. Berset hätte sich bloss an Maillards Vorschlägen orientieren müssen. Dieser beschwerte sich bereits in der Konsultation über die Situation in den Altersheimen und äusserte sein Unverständnis darüber, dass auf rechtliche Vorgaben verzichtet wird.

Der Gewerkschaftsbund präsentierte denn auch gleich ein ganzes Massnahmenbündel. Neben regelmässigen Tests sollte etwa der Einsatz des Pflegepersonals institutions- und kantonsübergreifende geplant und koordiniert werden. Zudem fordert der SGB die «Aktivierung aller verfügbaren Personalreserven inklusive Zivilschutz und Armee, wo dienlich».

Kantone gegen nationale Massnahmen

Dass Berset dann doch nicht nicht stärker eingreifen mag, hängt wohl auch mit der ablehnenden Haltung der Kantone zusammen.

«Die Situation ist in vielen Kantonen nach wie vor angespannt, aber die Lage für die Bewohnerinnen und Bewohner ist grundsätzlich unter Kontrolle», hielt die Gesundheitsdirektorenkonferenz in ihrer Stellungnahme fest. «Kein Kanton erachtet deshalb nationale Massnahmen in diesem Bereich als notwendig.»

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