Auf einen Blick
- Armeechef Thomas Süssli tritt zurück. Verteidigungsministerin Viola Amherd geht Ende März
- Süsslis Verhältnis zu Amherd verschlechterte sich im vergangenen Jahr merklich
- Mit 58 Jahren ist dies für Süssli vermutlich die letzte Gelegenheit
Alles rennet, rettet, flüchtet. Das Verteidigungsdepartement (VBS) bricht auseinander. So wirkt es dieser Tage – und das, während in Europa Krieg herrscht. Verteidigungsministerin Viola Amherd (62, Mitte) geht auf Ende März, Luftwaffenchef Peter Merz (56) macht einen Abflug und jetzt nehmen auch noch Nachrichtendienstchef Christian Dussey (59) und Armeechef Thomas Süssli (58) den Hut. Der Letzte löscht das Licht.
Gerade Armeechef Süssli war in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste. Sei es das Drohnen-Debakel, zahlreiche Rüstungsprojekte, die sich verzögern und deutlich teurer werden, oder das neue Dienstpflichtmodell, das die Personalnot bei der Armee lösen sollte, von dem der Bundesrat aber nichts wissen will.
Kampf gegen Windmühlen aufgegeben
Genug ist genug. Der Armeechef will nicht mehr. Im Bundeshaus wie in Militärkreisen ist man sich sicher: Süssli hat die Nase voll und gibt den Kampf gegen die Windmühlen in Bundesbern auf.
So ist die Armeefinanzierung nach wie vor unsicher, eine gesicherte Planung auf mehrere Jahre hinaus für das Militär kaum möglich. Im Gesamtbundesrat spürte Süssli denn auch wenig Rückhalt für seine Anliegen. Auch das Parlament konnte sich bisher auf keine längerfristige Lösung einigen.
Gleichzeitig kam es regelmässig zu Leaks zu den vielen Problemen in der Armee, die Süssli immer mehr unter Druck setzen. Die Dauerkritik setzte dem Armeechef ebenfalls zu, auch wenn er sich gegen aussen kaum etwas anmerken liess.
Verhältnis zu Amherd getrübt
Kommt das Verhältnis zu seiner Vorgesetzten Amherd hinzu, das sich im vergangenen Jahr merklich verschlechtert hat. Die Mitte-Bundesrätin hatte 2019 mit der Wahl Süsslis zum neuen Armeechef viele überrascht. Sie hatte altgedienten Offizieren einen Quereinsteiger vor die Nase gesetzt. Dass Amherd Süssli durchgeboxt hatte, habe die beiden zur «Schicksalsgemeinschaft» zusammengeschweisst.
Getrübt aber wurde das Verhältnis vor rund einem Jahr bei den Diskussionen um einen vermeintlichen «Liquiditätsengpass» bei der Armee. Süssli bestätigte, Amherd dementierte. Die Linke schien nicht zu wissen, was die Rechte macht. Eine Chaostruppe! Vor allem aber liess die Verteidigungsministerin ihren Armeechef öffentlich im Regen stehen. Einmal mehr liess sich der treue Soldat nichts anmerken. Das Vertrauen in seine Chefin aber dürfte seither erschüttert sein.
Departementswechsel bringt Unsicherheit mit sich
Hinzu kommt aber auch: Mit 58 Jahren ist dies für Süssli vermutlich die letzte Gelegenheit, nochmals eine neue Herausforderung anzunehmen. Ein Abgang als Armeechef ist nach sechs Jahren auch nicht aussergewöhnlich.
Gleichzeitig war Süssli sicher bewusst, dass mit dem Abgang Amherds der Druck auch auf ihn steigen würde. Mit jeder Hiobsbotschaft. Mit jedem Projekt, das sich verzögert und verteuert. Für viele Probleme trägt er eine Mitverantwortung. Zudem bringt jeder Departementswechsel Unsicherheit mit sich. Ein neuer Bundesrat bringt gerne auch neues Personal mit in sein Departement.
So wird der neue Verteidigungsminister nach einer relativ kurzen Einarbeitungszeit auch einen Armeechef bestellen können, der nicht nur nach seinem Gusto arbeitet, sondern auch unbelastet von früheren Vorgängen ans Werk gehen kann. Herausforderungen gibt es genug.