«Über die Corona-Krawalle von St. Gallen sind wir weder erstaunt noch empört», stellt David Trachsel (26) klar. Für den Präsidenten der Jungen SVP Schweiz waren es keine egoistischen Partygänger. Vielmehr sei das Verhalten menschlich, findet er. «Der Fehler für die Geschehnisse liegt nicht bei den Jungen», so Trachsel. Es sei nur «die logische Konsequenz einer komplett missratenen Corona-Politik». Diese habe gerade die Anliegen der Jungen zu lange nicht ernst genommen – und gehe auch jetzt keinen Schritt auf sie zu.
Das sind ungewohnte Töne aus der SVP-Familie. Schliesslich war die SVP bis anhin stets eine Law-and-Order-Partei. Von ihr kam postwendend Kritik, wenn der Schwarze Block oder andere linke Kreise Krawall machten.
Das weiss auch Trachsel. «Natürlich sollen sich die Bürger an Recht und Ordnung halten», sagt er. «Das gilt aber auch für den Staat.» Dieser schränke in der Corona-Krise jedoch grundlos Freiheiten und die Grundrechte massiv ein. «Der Staat hat damit angefangen, sich nicht mehr an die Verfassung zu halten.»
Er anerkennt damit nicht, dass das Volk das neue Epidemiengesetz am 22. September 2013 mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 60 Prozent angenommen und damit dem Bundesrat die Möglichkeiten zur Bekämpfung einer Pandemie gegeben hat, von denen er nun Gebrauch macht.
Bund zwinge Bürger zu Ungehorsam
Trachsel hat einen anderen Blick, zu dem ihn die jüngsten Massnahmen von Behörden gebracht haben: Kantone wie Uri hätten nun sogar damit begonnen, Demonstrationen ganz zu unterbinden. «Wenn sich der Staat so verhält, zwingt er die Bürger nahezu zu zivilem Ungehorsam», sagt Trachsel. «Dass sich immer weniger Personen an die Regeln halten, verwundert demnach nicht.»
Hunderte Jugendliche hatten bereits am Karfreitag in St. Gallen ihrem Corona-Frust freien Lauf gelassen. Schon für Ostersonntag waren erneute Ausschreitungen angekündigt, worauf die Polizei 650 Personen für 30 Tage aus der Stadt wegwies.
Bereits zu neuen Krawallen aufgerufen
Doch mit den Rayonverboten enden die Proteste nicht. In sozialen Netzwerken wird auch für dieses Wochenende in Zürich, Winterthur ZH oder St. Gallen zu Krawallen aufgerufen. Die Polizei ist gewarnt.
Viele zeigten zwar Verständnis für die Sorgen der Jugend, im gleichen Atemzug aber würden die Geschehnisse aufs Schärfste verurteilt, kritisiert der Vorstand der Jungen SVP. «Mit Verständnis hat das jedenfalls nichts zu tun.»
«Heuchlerische Selbstinszenierung»
In einem offenen Brief an den Bundesrat verurteilen die fünf Jungparteien von Die Mitte, GLP, EVP, Grünen und SP die Corona-Krawalle. Gleichzeitig fordern sie Perspektiven für die Jungen. So dürften Jugendliche bei Lockerungen, die durch die Impfungen möglichen werden, nicht diskriminiert werden. Zudem sollen die Anliegen der Jungen in künftige Entscheide des Krisenmanagements einfliessen.
Die Jungfreisinnigen wie auch die Junge SVP haben das Schreiben nicht mitunterzeichnet. JSVP-Präsident Trachsel gehen die Forderungen viel zu wenig weit. Es sei rasch klar geworden, «dass die Mitte-links-Jungparteien nach einem Jahr Lockdown keinen einzigen nennenswerten Lockerungsschritt benennen wollten».
Nach den Ausschreitungen in St. Gallen vom Karfreitag streitet die Schweiz nun über deren Deutung. Sind es einzelne Krawallmacher? Oder doch ein Zeichen des Frusts der Jugend über die coronabedingten Einschränkungen?
Ein «Hilfeschrei»
Für Nicolas A. Rimoldi (26), Co-Präsident des Vereins Mass-voll, sind die Krawalle ein «Hilfeschrei» der Jugend, die sonst keine Ventile mehr habe, sagt er. Mit jedem Tag der Einschränkung steige auch das Risiko von Eskalationen. Gleichzeitig betont Rimoldi: «Gewalt und Aufrufe dazu sind inakzeptabel.» Sein Verein sei in St. Gallen nicht vor Ort gewesen.
Die Jugendbewegung Mass-voll engagiert sich für ein Ende der Corona-Massnahmen. In der Vergangenheit ist sie immer wieder wegen mangelnder Distanzierung von Verschwörungstheorien in die Schlagzeilen geraten.
Keine Bewilligungen
Mass-voll würde auch gerne in Altdorf UR demonstrieren, wo Gegner der Corona-Politik für diesen Samstag zur Kundgebung aufrufen. Uri will den Anlass nicht bewilligen, es läuft nun ein Rechtsstreit. Rimoldi, der auf der Rednerliste für Altdorf steht, will der Innerschweiz fernbleiben, sollte der Anlass endgültig verboten werden. Das gelte auch für den Verein, betont er – anders lautende Aufrufe in der Telegram-Chatgruppe «Mass-voll» würden umgehend gelöscht.
Ein geplanter Alternativanlass in St. Gallen fällt auch aus – trotz «konstruktivem Gespräch» mit Stadtpräsidentin Maria Pappa gibt es auch dort keine Bewilligung. Stattdessen sei nun ein interner Anlass angedacht, so Rimoldi. (gbl)
Nach den Ausschreitungen in St. Gallen vom Karfreitag streitet die Schweiz nun über deren Deutung. Sind es einzelne Krawallmacher? Oder doch ein Zeichen des Frusts der Jugend über die coronabedingten Einschränkungen?
Ein «Hilfeschrei»
Für Nicolas A. Rimoldi (26), Co-Präsident des Vereins Mass-voll, sind die Krawalle ein «Hilfeschrei» der Jugend, die sonst keine Ventile mehr habe, sagt er. Mit jedem Tag der Einschränkung steige auch das Risiko von Eskalationen. Gleichzeitig betont Rimoldi: «Gewalt und Aufrufe dazu sind inakzeptabel.» Sein Verein sei in St. Gallen nicht vor Ort gewesen.
Die Jugendbewegung Mass-voll engagiert sich für ein Ende der Corona-Massnahmen. In der Vergangenheit ist sie immer wieder wegen mangelnder Distanzierung von Verschwörungstheorien in die Schlagzeilen geraten.
Keine Bewilligungen
Mass-voll würde auch gerne in Altdorf UR demonstrieren, wo Gegner der Corona-Politik für diesen Samstag zur Kundgebung aufrufen. Uri will den Anlass nicht bewilligen, es läuft nun ein Rechtsstreit. Rimoldi, der auf der Rednerliste für Altdorf steht, will der Innerschweiz fernbleiben, sollte der Anlass endgültig verboten werden. Das gelte auch für den Verein, betont er – anders lautende Aufrufe in der Telegram-Chatgruppe «Mass-voll» würden umgehend gelöscht.
Ein geplanter Alternativanlass in St. Gallen fällt auch aus – trotz «konstruktivem Gespräch» mit Stadtpräsidentin Maria Pappa gibt es auch dort keine Bewilligung. Stattdessen sei nun ein interner Anlass angedacht, so Rimoldi. (gbl)
Damit aber würden die Anliegen der Jugend nicht vertreten. Diese wünsche sich vor allem wieder mehr Freiheiten und soziale Kontakte, betont Trachsel. «Der Brief verkommt damit zu einer heuchlerischen Selbstinszenierung linker Jungparteien.»
Für die Junge SVP gibt es nur eine Lösung: Alles öffnen!
Für Jungpolitiker Trachsel ist klar: Nun braucht es vor allem rasche Lockerungen. Alles solle geöffnet werden – unter Einhaltung der nötigsten Schutzmassnahmen. Die wichtigste Schutzmassnahme aber sei ohnehin die Eigenverantwortung. Damit bewegt sich der Jungpolitiker ganz auf der Linie der Mutterpartei SVP.
Junge seien vom Coronavirus gar nicht betroffen, betont Trachsel – eine Aussage, welche Experten so wohl nicht unterschreiben würden. Trotzdem werde «ihre Freiheit eingeschränkt», wichtige soziale Kontakte würden verunmöglicht, «die Ausbildung erschwert, Berufsaussichten zerstört und Schulden aufgetürmt». Damit muss laut Trachsel endlich Schluss sein. «Die Regierungsmassnahmen sind gegenüber den Jungen unfair und sinnlos. Sie müssen sofort aufgehoben werden.» (dba)