Immunität könnte gleich reihenweise aufgehoben werden
Die SVP auf der Anklagebank

Die Immunitätskommission des Nationalrats hat am Montag alle Hände voll zu tun. Sie muss über das Schicksal von gleich fünf aktuellen oder ehemaligen Ratskollegen befinden – alle von der SVP.
Publiziert: 10:41 Uhr
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Aktualisiert: 11:23 Uhr
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Während des Besuchs des ukrainischen Parlamentspräsidenten hatte sich SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi mit Bundespolizisten angelegt.

Auf einen Blick

  • SVP-Politiker unter Ermittlungen: Immunität könnte aufgehoben werden
  • Handgemenge mit Bundespolizisten während Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten
  • Fünf SVP-Parlamentarier betroffen, darunter auch ein Ständerat
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Ausgerechnet die SVP! Die Law-and-Order-Partei scheint ein gröberes Problem mit Recht und Ordnung zu haben. Gleich gegen fünf Mitglieder der Bundeshausfraktion will die Justiz ermitteln. Bevor sie das aber darf, muss am Montag die nationalrätliche Immunitätskommission festlegen, ob die Immunität der fünf aufgehoben werden soll. Denn wer im Parlament sitzt, ist meist gegen Strafverfolgung geschützt für Äusserungen oder Taten im Zusammenhang mit seinem Amt. Das, damit Politiker wirklich nur juristisch und nicht einfach nur politisch bekämpft werden.

Im Visier der Ermittler: die Nationalräte Andreas Glarner (62), Fraktionschef Thomas Aeschi (45) und Michael Graber (43). Hinzu kommen der Ständerat und ehemalige Parteipräsident Marco Chiesa (50) sowie der damalige Nationalrat und SVP-Generalsekretär Peter Keller (53).

Der Fall Chiesa und Keller

«Tunesier griff mit Messer an» – «Asyl-Migranten auf nächtlicher Autoeinbruchstour»: Im Wahlkampf 2023 machte die SVP aus Kriminalmeldungen eine Kampagne. Darüber stand jeweils: «Neue Normalität?» Es folgten Strafanzeigen. Die Berner Staatsanwaltschaft will nun klären, ob die Kampagne gegen die Antidiskriminierungsnorm verstossen hat. Im Fall von Chiesa allerdings hat die Rechtskommission des Ständerats bereits einen ersten Entscheid gefällt: Sie will seine Immunität wahren.

Das Beispiel erinnerte an einen Fall um den früheren SVP-Präsidenten Toni Brunner (50). Das Bundesgericht war zum Schluss gekommen, dass die SVP-Inserate «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» gegen die Rassismusstrafnorm verstossen. Brunner hatte seine Immunität behalten, während der damalige Generalsekretär und seine Stellvertreterin verurteilt wurden. Ohne politisches Amt genossen die beiden auch keine Immunität.

Der Fall Aeschi und Graber

Das hat das Bundeshaus noch nicht gesehen: Die beiden SVP-Parlamentarier lieferten sich während der Sommersession ein Handgemenge mit Bundespolizisten. Anlass war der Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten. Aeschi und Graber wollten eine gesperrte Treppe passieren, auf der gerade ein Foto mit dem hohen Gast geschossen wurde – unbedingt. Auch von den Bundespolizisten wollten sie sich nicht aufhalten lassen – ein Fehler.

Aeschi argumentierte, dass die parlamentarische Arbeit vor ausländischen Staatsbesuchen Vorrang habe. Die Bundesanwaltschaft scheint es anders zu sehen. Sie ersucht darum, die Immunität von Aeschi und Graber aufzuheben. So könnte ein formelles Strafverfahren gegen die beiden wegen Behinderung einer Amtshandlung eingeleitet werden.

Der Fall Glarner

Der SVP-Nationalrat wurde wegen eines islamkritischen Tweets angezeigt, den er nach den Messerattacken von Mannheim und Solingen (D) verfasst hatte. Nun will die Berner Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen möglicher Rassendiskriminierung einleiten.

Allzu viele Sorgen machen müssen sich die fünf SVP-Mannen kaum. Im Zusammenhang mit ihren Ämtern wird die freie Meinungsäusserung meist hochgehalten. Die Immunität wird höchst selten aufgehoben, die Liste der Verschonten ist lang. Zuletzt verlor einzig der frühere SVP-Nationalrat Christian Miesch (76) seine Immunität. In der sogenannten Kasachstan-Affäre wurde er verdächtigt, Geld für einen parlamentarischen Vorstoss angenommen zu haben. Die Ermittlungen wurden später eingestellt.

Dieses Mal könnte sich die Immunitätskommission gnädiger zeigen. Immerhin sind von den neun Mitgliedern gleich vier bei der SVP, die bombenfest zu ihren Parteikollegen halten werden.

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