Noch eine Woche. Dann entscheidet das Parlament, wer die Nachfolge von SP-Bundesrat Alain Berset (51) übernimmt. Die Sozialdemokraten schicken Beat Jans (59) und Jon Pult (39) ins Rennen. Die Grünen mischen mit dem Freiburger Gerhard Andrey (47) das Feld auf, zielen aber auf einen FDP-Sitz.
Weitere Namen werden im Wahlkarussell auftauchen. Droht gar eine Chaos-Wahl? Blick erklärt, welche Szenarien im Bundeshaus diskutiert werden – und wer wie Bundesrat wird.
So schafft es Beat Jans (SP)
Der Basler Regierungspräsident Beat Jans hat es bei der SP als Erster aufs Ticket geschafft und startet in der Pole-Position. Er kann in seiner Partei auf die Sympathien der Ständeräte, der Welschen und des gemässigten Flügels zählen. Im Bauern-Hearing hat er gegenüber seinem Konkurrenten Pult weiter vorgelegt.
Mit seiner Exekutiverfahrung und der in den Hearings versprochenen Dialog- und Kompromissbereitschaft bringt er Mehrheiten in Mitte, FDP, SVP und GLP hinter sich. Er punktet auch damit, dass mit ihm beziehungsweise Basel wieder ein Finanzausgleich-Geberkanton im Bundesrat vertreten ist.
Nun heisst es: Bloss keinen dummen Fehler machen! Dann fährt Jans den Sieg ins Trockene.
Wahrscheinlichkeit: hoch
So schafft es Jon Pult (SP)
Der Bündner Nationalrat Jon Pult befeuert die Herzen der Jungen. Insbesondere die einstigen Weggefährten der Juso schwärmen von ihm und weibeln bei den anderen Fraktionen für ihn. Endlich soll die Generation der Millennials im Bundesrat vertreten sein!
Pult punktet damit, dass er sich nicht verbiegen lässt. Bei den Bauern hat er «fadegrad» SP-Positionen vertreten. Das kommt bei jenen gut an, die lieber einen knallharten Parteivertreter mit eindeutigen Positionen im Bundesrat haben. Eine ehrliche Haut, bei der man weiss, wofür sie steht.
Pult schafft es als brillanter Redner mit weltmännischem Charme, die bürgerlichen Nationalrätinnen und Ständeräte für sich einzunehmen. Und schwups, ist er Bundesrat.
Wahrscheinlichkeit: mittel
So schafft es Daniel Jositsch (SP)
Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch (58) wurde von seiner Fraktion – und erst recht seinen Zürcher Gspänli – gedemütigt. Seither schweigt er eisern zum Thema. So bleibt unklar, ob er nach der Schmach der Nichtnomination eine wilde Wahl annehmen würde – obwohl er im Vorfeld das Gegenteil bekundete.
Das schafft Raum für Spielchen. Der Unmut über das offizielle SP-Ticket ist bei den Bürgerlichen im Allgemeinen und der SVP im Besonderen gross. Schon bei der Nachfolge von Simonetta Sommaruga (63) erhielt Jositsch 58 Proteststimmen. Auch diesmal wird aus den SVP-Reihen ein Angriff lanciert. Kommt es zuvor beim Sitz von Ignazio Cassis (62) zu einer allzu starken linken Attacke, kommt die freisinnige Retourkutsche. Die SP wird mit der Jositsch-Wahl abgestraft.
Wahrscheinlickeit: gering
So schafft es Gerhard Andrey (Grüne)
Der Freiburger Nationalrat Gerhard Andrey will offiziell der FDP einen Sitz abluchsen. Ins Visier nimmt er dabei den Cassis-Sitz. Rein rechnerisch haben die Grünen tatsächlich mehr Anspruch auf einen Bundesratssitz als die FDP auf zwei.
Andrey kann auf die Stimmen von Grünen, SP und allenfalls GLP zählen – gemeinsam vereinen sie maximal 87 von 246 Stimmen auf sich. Der grüne Angriff prallt zwar ab. Doch stützt die SP die grüne Attacke, sind die Spiele eröffnet.
Andreys Fenster öffnet sich aber erst beim frei werdenden Berset-Sitz. Ein verärgerter Bürgerblock setzt den Genossen den Grünen vor die Nase. Erst recht, weil der Unternehmer Andrey als pragmatischer gilt als die beiden roten Kandidaten. Und weil es für die Bürgerlichen nichts Schöneres gibt, als einen tiefen Keil ins rot-grüne Lager zu treiben. Andrey muss dann nur noch Ja sagen – was er aber nicht will.
Wahrscheinlichkeit: praktisch null
So schafft es Gerhard Pfister (Mitte)
Es ist ein offenes Geheimnis: Mitte-Präsident Gerhard Pfister (61) wäre gerne Bundesrat. Spekuliert er auf einen Rücktritt von Verteidigungsministerin Viola Amherd (61), verpasst er vielleicht das Momentum, welches der Erfolg bei den nationalen Wahlen mit sich bringt.
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Beim Wähleranteil liegt die Mitte nur ein My hinter dem Freisinn. Im Parlament hingegen schwingt sie mit 44 gegen 39 Sitze obenauf. Das stellt sich die Frage: Warum nicht jetzt? Gegen den geschwächten Cassis!
Taucht Pfisters Name auf den Wahlzetteln auf, schwenken auch SP, GLP und Grüne auf ihn ein, um den SVP/FDP-Rechtsblock zu brechen. 133 Stimmen vereinigt Mitte-links auf sich, die Hürde von 124 Stimmen nimmt Pfister locker. Zum Trost gibts für die FDP den freien Bundeskanzlerposten.
Wahrscheinlichkeit: tief