Abschussziele sind ihnen viel zu hoch
Kantone wehren sich gegen Röstis Wolfs-Pläne

Im vergangenen Winter blies Umweltminister Albert Rösti zum Halali auf den Wolf – präventiv. Erst jetzt holt er die ordentliche Vernehmlassung für die nötige Verordnungsanpassung nach.
Publiziert: 05.07.2024 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2024 um 08:43 Uhr
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Dem Wolf in der Schweiz ging es im vergangenen Winter an den Kragen.
Foto: Getty Images/Imagebroker RF
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Und wieder steht SVP-Umweltminister Albert Rösti (56) für seine Wolfs-Abschusspläne in der Kritik. Dass bis auf 12 Rudel alle Wölfe im Land erlegt werden sollen, kommt bei den Kantonen nicht gut an. Das liege deutlich unter der von Fachstellen empfohlenen Mindestzahl von 20 bis 25 Rudeln, bemängeln etwa die Regierungen von Bern und der beiden Basel. 

Bis jetzt hat Rösti die Kritiker ignoriert. Im vergangenen Herbst kürzte sein Departement die üblichen demokratischen Verfahren kurzerhand ab, um die Jagd schon im Winter eröffnen zu können – was bereits damals einen Sturm der Entrüstung auslöste. Erstmals war es Wildhütern und Jägern erlaubt, ganze Rudel zu erlegen, ohne dass diese bereits grossen Schaden angerichtet haben. Kantone, Parteien oder Verbände hatten gar nicht erst die Möglichkeit, dazu ordentlich Stellung zu nehmen.

Widerstand gegen derart hohe Abschusszahlen

Nun holt Rösti die öffentliche Vernehmlassung nach, die am Freitag endet. Und stösst erneut auf Widerstand.

So pocht etwa die Berner Regierung auf die langfristige Arterhaltung. Aus ihrer Sicht stellt sich die Frage, ob ein so tiefer Schwellenwert von 12 Rudeln nicht gegen Gesetz und Verfassung verstösst. Auch Zürich mahnt, dass der Schutzstatus gemäss der Berner Konvention zum Erhalt der Wildtiere und -pflanzen zu erfolgen habe. Doch auch der jetzige Entwurf enthalte «keine überzeugende fachliche Begründung», warum derart viele Rudel abgeschossen werden sollen, kritisieren die Berner.

Die Thurgauer Regierung wehrt sich ebenfalls gegen derart hohe Abschusszahlen. Sie weist darauf hin, dass der Bundesrat selber noch 2021 ausgeführt habe, dass rund 20 Wolfsrudel zu sichern seien. Das sei die Mindestzahl für eine langfristig überlebensfähige Alpenpopulation. Daher sollen es auch so viele bleiben, findet auch die Aargauer Regierung.

Die Zuger Regierung weist zudem auf die positiven Effekte des Wolfs auf die Waldverjüngung hin. Das sei ebenfalls zu berücksichtigen. Das Problem: In vielen Wäldern ist derart viel Wild unterwegs, dass sich der Wald kaum regenerieren kann. Dieses frisst Knospen, Triebe und Blätter von Sträuchern und Bäumen, sodass sich der Wald nicht wie gewünscht entwickeln kann.

Bergkantone haben weniger Bedenken

Über 50 Wölfe sind während der zweimonatigen Jagdsaison vergangenen Winter erlegt worden. Röstis Schnellschuss war auch innerhalb der Bundesverwaltung umstritten. Das Bundesamt für Justiz hatte sie kritisiert – blieb aber ungehört. 

Weniger Vorbehalte haben die stärker betroffenen Bergkantone wie das Wallis. Für die dortige Regierung berücksichtigt die Lockerung der Abschuss-Regeln die Realitäten vor Ort und die Erfahrungen der letzten Jagdsaison. Sie habe dem Kanton ermöglicht, die Wolfspopulation zu regulieren, «bevor grosse Probleme entstehen». 

Die St. Galler Regierung geht noch einen Schritt weiter und möchte nicht nur die Jagdfrist von 60 Tagen verlängern, sondern auch die Beschwerdemöglichkeiten gegen Abschussbewilligungen einschränken lassen. Im vergangenen Winter musste die Jagd wegen Beschwerden von Umwelt- und Tierschutzorganisationen zwischenzeitlich abgeblasen werden. Das gilt es aus St. Galler Sicht «zwingend zu vermeiden».

Sogar Bergler wollen nochmals über die Bücher

Ausserdem wird bemängelt, dass Röstis Entwurf viel zu kompliziert sei. Er sei «mit einer nur sehr schwer verständlichen Logik aufgebaut und geeignet, einen hohen administrativen Aufwand zu bewirken», kritisiert die Bündner Regierung. Das erschwere den Vollzug für die Kantone, weshalb nochmals grundsätzlich über die Bücher zu gehen sei.

Ob sich Bundesrat Rösti von der Kritik beeindrucken lässt, wird sich zeigen. Bei der umstrittenen Senkung der Serafe-Gebühr beispielsweise tat er es nicht. Und sein Umweltdepartement hat auch bereits angekündigt, dass die Jagd im Herbst wieder starten soll. «Ohne Eingriffe wird der Wolfsbestand unkontrolliert weiterwachsen», rechtfertigt es sich.

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