Beim Wolf zeigt SVP-Umweltminister Albert Rösti (56) keine Gnade: Über 50 tote Wölfe! Das ist die Bilanz der Jagdsaison im vergangenen Winter. Dies, nachdem der Bundesrat die Jagdverordnung auf den 1. Dezember hin entsprechend gelockert. Erstmals war es Wildhütern und Jägern erlaubt, ganze Rudel zu erlegen, ohne dass diese bereits grossen Schaden angerichtet haben.
Die Jägerschaft hat Lunte gerochen. Und nimmt nun auch den Luchs ins Visier. In einem Vorstoss verlangt Mitte-Nationalrat Lorenz Hess (62, BE) vom Bundesrat einen Bericht, wie sich die Luchspopulation – 2019 wurde sie auf 250 Tiere geschätzt – schweizweit und insbesondere auch regional entwickelt hat. Ebenso, wie sich der Luchs auf Wildbestände und Waldverjüngung in den jeweiligen Gebieten ausgewirkt und das Controlling funktioniert.
Abschüsse werden zum Thema
Umweltminister Rösti nimmt den Ball auf und empfiehlt den Vorstoss zur Annahme. Die Absicht dahinter ist klar: Die Kantone sollen eine Basis erhalten, mit welchem sie – mit Zustimmung des Bundesamts für Umwelt – regional Regulierungen vornehmen können. Also auch Abschüsse!
Und zwar dann, wenn Luchse Schäden an Nutztieren respektive Einbussen bei der Nutzung des Jagdregals verursachen, wie Hess – selber Jäger – in seiner Begründung schreibt.
Der Berner Nationalrat bemängelt, dass die Kantone trotz stark angestiegenen Luchsbeständen nur zurückhaltend Regulierungen vornehmen würden. Schlicht, weil zu wenig Daten vorhanden seien. Das will er mit dem geforderten Bericht ändern.
«Luchsprojekt aus dem Ruder gelaufen»
«Die ursprünglich angekündigte Bestandesdichte wird heute nachgewiesenermassen und unbestritten um das Doppelte, regional das Dreifache übertroffen», sagt Hess gegenüber Blick. Die Folgen seien unter anderem Inzucht mit entsprechenden Missbildungen.
«Die Reh- und Gemsbestände gehen örtlich stark zurück», moniert der Berner. Ein erwachsener Luchs reisse im Schnitt ein Tier pro Woche. Dadurch könne auch die Jagd unattraktiver werden, sagt Hess – und betont gleichzeitig, dass dies nicht der Hauptgrund für seine Intervention sei.
Vielmehr frage sich, «was es mit Biodiversität zu tun hat, wenn eine künstlich eingeführte Art die einheimischen Arten verdrängt». Zur Erinnerung: Der Luchs wurde in den 1970er Jahren mit gegen 30 ausgesetzten Tieren wieder in der Schweiz angesiedelt.
«Das Luchsprojekt scheint aus dem Ruder gelaufen, weshalb ich eine Bestandsaufnahme verlange», so Hess. Die Wolfsfrage übertöne derzeit alles, sodass niemand mehr vom Luchs spreche.
Wie beim Steinbock
Nun gehe es darum, die Grundlagen zu schaffen, bevor man von über eine Bestandesregulierung diskutiere, so Hess. «Definitiv kein Thema ist, den Luchs als jagdbar zu erklären. Er ist eine geschützte Art.»
Trotzdem macht er klar, dass der Luchs unter Umständen eben doch ins Visier genommen werden kann: «Falls dereinst örtlich der Überbestand reguliert werden sollte, muss das so geschehen wie zum Beispiel beim Steinbock, einer anderen geschützten Art.»
Tatsächlich blasen die Kantone immer wieder mal zum Halali auf den Steinbock. Gemäss Jagdgesetz dürfen diese mit Bewilligung des Bundes zwischen 1. August bis zum 30. November gejagt werden, wenn es etwa darum geht, regional angemessene Wildbestände zu erhalten.