Gestern telefonierte ich mit einer Bekannten aus Basel. C. ist Kunstmäzenin und verheiratet mit einem der wichtigsten Sammler der Schweiz, eigentlich nicht so meine Welt, ich finde ja alle, die etwas mit Kunst zu tun haben, unerträglich langweilig. Aber C. ist in Ordnung.
Wir sprachen also über Berlin, wo sie gerade war. «Wo wohnst du denn immer, wenn du in Berlin bist?» – «Im Soho House», antwortete sie zu meiner Überraschung. «Oh, no», stöhnte ich, «die haben doch nichts im Griff, man wartet den halben Tag aufs erkaltete Frühstück, Service ist gleich null, und das ständige Englisch-Gequatsche geht mir auch auf die Nerven.»
Wenn ich in Deutschland nicht Deutsch sprechen kann, finde ich das peinlich, tut mir leid, dazu sind wir nicht cool und weltoffen genug. Sie lachte: «Ja, stimmt, Service gibts dort kaum, das Essen ist eine Katastrophe, und sie sind auch teuer geworden – aber ich mags, weil es so cool ist.» – «Ich finds super uncool», antwortete ich, «wenn in einem Hotel nichts läuft. Für das Geld gehe ich lieber ins Adlon, da ist alles tipptopp.» – «Oh, nein», rief sie, «das ist mir zu spiessig!» – «Ich liebe spiessig bei Hotels», rief ich.
Hotels können gar nicht spiessig genug sein. So wie das Baur au Lac in Zürich, das Claridges in London und das Ritz in Paris. Aber Hotels wie das übercoole Hotel Amour in Paris, das dem noch cooleren André Saraiva gehört, dem auch alle coolen Nachtclubs in Paris gehören, sind die Hölle. Man muss seinen Koffer selber ins Zimmer hochtragen, bekommt nichts freiwillig gebracht und muss selbst auf einen Kaffee ewig warten. «Cool ist doch Quatsch», sagte ich, «Hotels müssen old-school sein, Grand Hotels sind mir am liebsten.» – «Nein, nein», sagte C., «ich brauche Coolness, um einen Bruch zu meiner sonstigen Existenz herzustellen. Denn wenn ich so spiessig wohne, fühle ich mich alt und spiessig.»
Du bist alt und spiessig, dachte ich, und das Soho House macht dich auch nicht cooler: Im Gegenteil, es macht dich älter, uncooler und vor allem unglaubwürdig. Wie kann jemand, der sich mit Kunst und Design auszukennen glaubt, sich derart irren und nicht wissen, wie man einen Bruch herstellt? Eine andere Bekannte, schon fast sechzig, trug neulich kurze Cowboystiefel zum biederen knielangen Rock, so wie es 20-jährige Models in Paris tragen. Ich musste grinsen, weil sie damit mehr ausgedrückt hatte, als sie es hätte mit Worten tun können. Eine andere im selben Alter denkt, es sei cool, wenn sie in Clubs geht und sich mit zerzausten Haaren fotografieren lässt, als wäre sie so hinüber, wie ein Teenie nach der Street Parade. Vielleicht sollte ich eine «Anleitung zum Brücheherstellen» schreiben. Oder: Der Unterschied zwischen cool und peinlich ab 50.