Das noch junge Jahr ist schon so hart, dass man sich 2015 zurückwünscht, oder empfinde nur ich das so? Seit letztem Montag, als ich mein MacBook aufklappte und auf allen Kanälen die unfassbare Nachricht von David Bowies Tod las, träume ich von ihm. David mit Kind in Berlin, David als kleiner Junge in Brixton, David in Vevey, David in New York.
Mir geht das Ableben von Celebrities in der Regel nicht besonders nahe, aber David Bowie war für mich schon eine Ikone, als ich noch nicht mal wusste, was das bedeutet. Eine Ikone des Stils, der Rebellion. Ein Freigeist, der sich traut, seine Träume zu leben – in Zeiten, in denen die meisten Menschen nicht mal den Horizont hatten, sich eine derartige Extravaganz vorzustellen, geschweige denn, diese zu verstehen und zu leben. Ich weiss noch, ich war zwölf oder so und hörte in meiner Kinderzimmerhöhle seine Platte «The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars». Ich meine, auf den Titel muss man erst mal kommen. An der Zimmerwand hing ein Poster, auf dem er einen engen, gestreiften Glitzeranzug mit einer bauchfreien Seidenbluse trug, eigentlich ganz konservativ für seine Verhältnisse.
Meine Mutter kam ins Zimmer gerannt und schrie, ich solle die Musik leise machen, sie könne es nicht mehr hören, und ich soll endlich die hässliche Frau von meiner Wand nehmen. Sie deutete angeekelt auf das Poster. «Das ist ein Mann, Mama», sagte ich fassungslos, «David Bowie ist das, der schönste Mann der Welt.» Sie sah mich mit einem Wo-kommst-du-denn-her-Blick an, und abends hörte ich, wie sie zu meinem Vater sagte, sie müsse mir die «Bravo» verbieten, denn ich würde mir verrückte, drogenabhängige Rockstars zu Vorbildern machen.
Männer in Frauenkleidung und Lippenstift und solche Sachen. Ja, sie hatte recht: Ich machte mir Bowie zum Vorbild, wurde aber trotzdem nur eine kleine Autorin – und kein Weltstar mit grossen Talenten, der wie David andere und auch sich selbst glücklich macht, was Rockstars selten genug gelingt.
Dann aber war David Bowies irdische Zeit zu Ende, und genauso makellos wie sein Auftreten, seine Kunst und seine Präsenz als Mann und Künstler war auch sein Ende. Sich mit einem Album – «Blackstar» erschien zwei Tage vor seinem Tod – von den Fans zu verabschieden und sich alleine einäschern zu lassen, ohne Beerdigung: Ich bin stumm vor Ehrfurcht. Danke, David, wir werden dich sehr vermissen.