Hyundai i30 N gegen VW Golf R im Vergleich
Klassenkampf mit Krawall

Im SonntagsBlick-Duell tritt der Hyundai i30 N gegen den VW Golf R an. Südkoreanischer Underdog gegen deutschen Platzhirsch, 280 gegen 320 PS in zwei Preisklassen. Unfairer Kampf? Nur auf den ersten Blick.
Publiziert: 05.12.2021 um 04:32 Uhr
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Noch ein Newcomer: Seit 2018 gibts Hyundais i30 auch in der N-Sportversion.
Foto: Andreas Faust
Andreas Engel und Andreas Faust

Spinnen die jetzt beim SonntagsBlick? Das könnte sich der eine oder andere Autofan jetzt fragen. Denn im Vergleich tritt der Hyundai i30 N gegen den fast schon eine Liga höher sprintende VW Golf R der achten Generation an. Südkoreanischer Strassenkämpfer mit 280 PS und Frontantrieb gegen den hochgezüchteten deutschen Kompakt-Champion mit jetzt 320 PS und Allrad? Doch am Ende ist es weniger ein Duell um nackte Zahlen. Sondern um die Philosophie des Alltagssports.

Andreas Faust (50) sagt: «Wenn, dann bitte genau so!»

Erinnert sich noch jemand an VWs Golf VR6? Von dem träumten wir frischgebackenen Fahranfänger: sechs Zylinder, später gar Allrad und bis zu 190 PS, hineingequetscht in den winzigen Motorraum des Golf III von 1991. Und heute? Das «V» ist weg, und die «6» sowieso. Sorry, Volkswagen: Seit der Golf R vom hochgepitchten Vierzylinder des GTI angetrieben wird, darf man nach Alternativen gucken.

Erst recht, wenn sie ein Drittel günstiger sind als Hyundais blaues Wunder namens i30 N. Es brauchte erst BMWs Ex-Motorsportchef Albert Biermann (64) auf dem Chefentwicklersessel, um der vernunftbegabten Marke auch Spass zu injizieren. Ja, ebenfalls in nur vier Zylinder. Aber so nachdrücklich, dass sich Fahranfänger heute auch nach Hyundai umdrehen.

Hyundai i30 N

Antrieb: 2.0-R4-Turbobenziner, 280 PS (206 kW), 392 Nm@2100–4700/min, 8-Stufen-Doppelkupplungs-Automat, Frontantrieb.
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 5,4 s, Spitze 250 km/h.
Masse: L/B/H 4,34/1,80/1,45 m, Gewicht 1535 kg, Laderaum 381–1287 l.
Umwelt: Verbrauch WLTP/Test 8,4/8,92 l/100 km, 191/203 g/km CO₂, Energie E.
Preise: i30 N ab 39'490 Fr., Testwagen plus Optionen (u.a. Automat, Lux-Pack mit Assistenzsystemen, Navi und Wildleder-Interieur) 48'290 Fr., i30 Basismodell (120 PS, «Origo») ab 26'500 Fr.

Antrieb: 2.0-R4-Turbobenziner, 280 PS (206 kW), 392 Nm@2100–4700/min, 8-Stufen-Doppelkupplungs-Automat, Frontantrieb.
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 5,4 s, Spitze 250 km/h.
Masse: L/B/H 4,34/1,80/1,45 m, Gewicht 1535 kg, Laderaum 381–1287 l.
Umwelt: Verbrauch WLTP/Test 8,4/8,92 l/100 km, 191/203 g/km CO₂, Energie E.
Preise: i30 N ab 39'490 Fr., Testwagen plus Optionen (u.a. Automat, Lux-Pack mit Assistenzsystemen, Navi und Wildleder-Interieur) 48'290 Fr., i30 Basismodell (120 PS, «Origo») ab 26'500 Fr.

Nicht nur akustisch eine Granate

Alltagstauglichkeit – das ist sowieso nur das verbale Tarnnetz, das man über geschwollene Kotflügel und Dachkanten-Spoiler zieht. Kernkompetenz beim Kombi, aber nicht beim «Hot Hatch», wie die Briten sagen, dem heissen Schrägheck. Betonung auf heiss. Deshalb wollen wir rote Bremssättel, babyblauen Lack und oberarmdicke Endrohre. Wenn man solch einem Auto nicht die Schärfe ansieht – welchem denn dann? Übrigens passen 50 Liter mehr in den N-Kofferraum als in den des R.

Optisch krawallig, akustisch eine Granate: Schon beim Umparkieren fürs Foto läuft die Nachbarschaft zusammen, so basslastig bollert der N – zumindest im Innern. Natürlich hilft Elektronik nach – so tief grollt kein Vierzylinder von alleine. Der Automatik-Wählhebel schaut im N-Interieur noch am gewöhnlichsten aus, aber darunter sortiert er einen Gang mehr als der VW. Schon im Normalmodus braucht die Lenkung Kraft und rollt der i30 an, scheint er kaum zu wissen, wohin mit seinen 280 PS – fünf mehr als beim Start 2018.

Auch das Fahrwerk ist kompromisslos: Dem N genügen angetriebene Fronträder mit sauber abgestimmtem Sperrdifferenzial – das spart 113 Kilogramm auf den Golf. Ja, der Hyundai schafft nur 250 km/h und spurtet sieben Zehntel länger auf Tempo 100. Aber Ersteres ist bei uns irrelevant und Letzteres nur eine Zahl. Denn emotional sprintet der i30 N davon. Weil er ohne Allrad so gefühlsecht um die Ecken tanzt und trompetet. Weil er geschmeidig federt ohne Bretthärte. Und Touchscreen und Sitzheizung aus bleiben können, während sein Unterhaltungswert das Herz wärmt. So viel Drama brauche ich nicht jeden Tag. Aber wenn, dann bitte genau so.

Andreas Engel (37) findet: «Der Golf R geht immer!»

Ich möchte den Herausforderer nicht schwachreden. Cool sieht er definitiv aus, der i30 N in Performance-Blue-Lackierung. Nicht überzeichnet, aber schön aggressiv. Der Golf R hingegen gibt den smarten Gentleman, der den Bizeps im Massanzug versteckt. Klar sind da riesige Lufteinlässe, auffälliger Dachkantenspoiler, eine vierröhrige Auspuffanlage. Aber eben: dezent. Prollig sollen andere.

Was wirklich im R steckt, erschliesst sich erst auf den zweiten Blick: Zuerst gehts durch den Stadtverkehr, ganz smooth, kaum ein Mucks aus dem Zweiliter-Vierzylinder – die vierte Generation des Turbobenziners mit neu 320 PS. Stattdessen bügeln die Adaptiv-Dämpfer jede Bodenwelle so glatt wie in einer komfortablen Limousine. Und wo ist der Sportler?

Ein echter Spitzensportler

Ich schärfe beim Fahrmodus nach, statt «Comfort» jetzt «Sport» und siehe da: Ein tiefes, leider etwas aufgesetztes Grummeln durchdringt den Innenraum, der R spannt die Muskeln an. Gaspedal runter – kurzes Innehalten, dann presst es mich in die Sportledersitze: 4,7 Sekunden bis zur Tempo-100-Schwelle – in einem Golf, notabene! Auch die Fahrdynamik ist spitze: Der R macht alles noch etwas besser als der Vorgänger.

Das liegt auch am neuen Hinterachsgetriebe à la Audi RS3, das die geballte Turbo-Power bis zu 100 Prozent ans kurvenäussere Rad liefert. Damit könnte man im «Drift»-Modus auf abgesperrtem Platz Donuts drehen oder auf Landstrassen so richtig Spass haben. Der R wirkt fahraktiver und hecklastiger und rauscht so flott aus Kurven raus, wie es ihn reinzieht. Vom Gentleman zum Spitzensportler – im R ist das mit einem Knopfdruck möglich.

Der i30 N mag das wildere Auto sein, näher am Rennsport – gefühlsechter, wenn man so will. Aber mal ehrlich: Für den Alltag brauche ich kein Auto, das mir bei jeder Temposchwelle seinen Sportcharakter einbläut. Und auch kein Auto, das an der Tanke die Blicke der Dorfjugend auf mich zieht. Ich will ein Auto, das im Alltag fast schon langweilig gut funktioniert, auf Abruf aber auch richtig die Sau rauslassen kann. Der R kostet zwar fast schon unverschämt viel, aber beherrscht Boulevards genauso wie Rennstrecken. Der Golf R geht einfach immer!


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