Interview mit Hyundai-Entwicklungschef Albert Biermann
«Das ist ein kleines Desaster»

Im Interview mit SonntagsBlick verrät der deutsche Hyundai/Kia-Entwicklungschef Albert Biermann, auf welches Antriebskonzept die Koreaner in Zukunft setzen und was ihm beim Thema Autonomes Fahren am meisten Kopfzerbrechen bereitet.
Publiziert: 27.01.2019 um 09:12 Uhr
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Hyundai-/Kia-Entwicklungschef Albert Biermann.
Foto: zvg
Wolfgang Gomoll

Herr Biermann, wie realistisch ist der höchste Level 5 beim autonomen Fahren?
Albert Biermann: Es wird Gegenden geben, wo dies möglich sein wird. Aber das sind begrenzte Bereiche. Ich denke, autonomes Fahren wird zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedenen Regionen eingeführt, da die Gesetzgebung in den wichtigsten Regionen Europa, Asien und den USA sehr diffus ist.

Was bedeutet dies für die Autohersteller?
Die ganze Entwicklung richtet sich nach Metropolen, die dann auch ihre eigene Gesetzgebung installieren und Freiräume erlauben. Das wird die Zukunft sehr stark bestimmen, da es für diese Gebiete auch spezielle Autos geben wird, die den jeweiligen Vorgaben entsprechen. Die Vielfalt der verschiedenen Applikationen wird weiter zunehmen, und das macht es für uns Autohersteller sehr schwer. Das ist ein kleines Desaster, aber ich sehe einfach keine Standardlösung.

Und wo steht dabei der Hyundai/Kia-Konzern?
Wir beanspruchen keine Führungsrolle, weder bei den Fahrerassistenzsystemen noch beim autonomen Fahren. Das erwarten unsere Kunden auch nicht von uns. Es gibt keinen Grund, etwas zu überstürzen. Für mich ist derzeit nur relevant, wann das autonome Fahren für normale Kunden für einen annehmbaren Preis realisierbar sein wird. Und das dürfte – wegen der bereits erwähnten Inhomogenität der Autos und der Infrastruktur – noch etwas dauern.

Was ist der nächste grosse Entwicklungsschritt beim Auto?
Ich erwarte nichts wirklich Spektakuläres. Viele glauben, dass sich mit dem Elektroauto das Fahrzeug als solches revolutionieren wird. Aber man muss nicht jedes neue Detail zwingend mit einem Fahrzeugkonzept vereinbaren. Jeder macht eine Riesensache aus den flachen Böden bei den E-Autos. Wenn man das gewollt hätte, hätte man das aber schon längst mit dem Vorderradantrieb einführen können.

Im letzten Jahr liefs für Hyundai bei den Verkäufen nicht gerade gut. Was erwarten Sie für 2019?
Heutzutage ist es fast unmöglich, den Absatz vorherzusagen. Keiner weiss, was passieren wird. Gibts noch mehr Krisen oder Handelskriege? Wir hatten Probleme in Amerika und China. Die in den USA haben wir gelöst und sind dort wieder auf gutem Weg. Aber der chinesische Markt ist nach wie vor eine Herausforderung. Jeder spricht von Volumen, wir wollen die richtigen Autos für unsere Kunden haben und damit Geld verdienen. Natürlich sind wir bei der Profitabilität noch nicht da, wo wir sein wollen. Die ist für mich viel wichtiger als die nackten Verkaufszahlen.

Was wird der Treibstoff der Zukunft sein – Strom oder Wasserstoff?
Da gibts kein Schwarz oder Weiss. Es werden viele Arten nebeneinander existieren. Dabei kommt es auf die lokalen Regularien an. Die Vielfalt der Treibstoffarten wird sogar noch zunehmen. Mein Favorit ist und bleibt aber der Wasserstoff. Im Flottengeschäft – bei Bussen oder schweren Nutzfahrzeugen – schlägt ein Brennstoffzellenfahrzeug jeden Akkustromer. Jeder träumt von der Superbatterie, die fast keine Ladezeit benötigt. Das wird vielleicht auch kommen. Nur bleibt dann immer noch das Problem des passenden Stromnetzes. Beim Wasserstoff ist alles bereits vorhanden, man muss es nur noch umsetzen. Im Transportgeschäft hat man keine Zeit, 40 Minuten zu warten, bis ein Akku geladen ist. Und wenn die Flotten sich umstellen, die Kosten sinken, werden auch die PKW folgen.

Eine Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen kostet aber auch Geld?
Wenn man das als einen Verbund von Pipelines sieht, mag das stimmen. Wenn man den Wasserstoff aber so transportiert, wie man das heute mit Benzin praktiziert, ist man von der Infrastruktur unabhängig.

Hyundai Persönlich

Albert Biermann wurde am 28. Mai 1957 geboren. Er startete seine Karriere 1983 bei BMW, war ab 2000 Technischer Direktor Sport- und Tourenwagen bei BMW M, verantwortete später als Projektchef den BMW X5 und X6 M und wurde schliesslich stellvertretender Leiter der Entwicklungsabteilung von BMW M Automobile. Im April 2015 wechselte Biermann nach Korea, wo er erst die Entwicklung der Hyundai- und Kia-Hochleistungsmodelle verantwortete, und seit Mitte Dezember 2018 ist er Gesamt-Entwicklungschef beim Hyundai/Kia-Konzern.

Albert Biermann wurde am 28. Mai 1957 geboren. Er startete seine Karriere 1983 bei BMW, war ab 2000 Technischer Direktor Sport- und Tourenwagen bei BMW M, verantwortete später als Projektchef den BMW X5 und X6 M und wurde schliesslich stellvertretender Leiter der Entwicklungsabteilung von BMW M Automobile. Im April 2015 wechselte Biermann nach Korea, wo er erst die Entwicklung der Hyundai- und Kia-Hochleistungsmodelle verantwortete, und seit Mitte Dezember 2018 ist er Gesamt-Entwicklungschef beim Hyundai/Kia-Konzern.

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