BLICK testet das Schweizer Auto des Jahres
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Schweizer Auto des Jahres 2021:BLICK testet den Polestar 2

E-Sportlimousine Polestar 2 mit 408 PS
BLICK testet das Schweizer Auto des Jahres

Diese Woche holte der Polestar 2 den Titel «Schweizer Auto des Jahres» 2021. Doch wird der Schweden-Stromer dem Prestige-Titel auch im Alltag auf der Strasse gerecht? BLICK hat die Elektro-Limo bereits getestet.
Publiziert: 23.12.2020 um 04:55 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2021 um 22:05 Uhr
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Teststromer: BLICK-Autoredaktor Timothy Pfannkuchen lädt den getesteten Polestar 2 an der Umwelt Arena in Spreitenbach AG, ...
Foto: Philippe Rossier
Timothy Pfannkuchen

Manchmal sind es vermeintliche Kleinigkeiten, mit denen sich ein Auto als stimmig entpuppt. Gerade hat der Polestar 2 den Titel «Schweizer Auto des Jahres» 2021 abgeräumt. Gewählt hat ihn eine Fachjury – aber jetzt ist der BLICK-Alltagstest dran. Bei frostigen Temperaturen – und der Polestar tut, woran manch Elektroauto scheitert: Er heizt ganz normal. Viele irrlichtern: wärmer, kälter, wärmer. Er aber hält die Temperatur einfach konstant.

Ein echter Schwede eben? Gefühlt ja, aber der Blickwinkel entscheidet: Entwickelt hat den Spross des ausgegliederten Tochterlabels Volvo in Schweden. Gebaut wird der Polestar 2 in China bei Volvo-Mama Geely. Das Reizwort «China» sorgt oft für Kritik. Andere Autos freilich kommen auch aus Thailand oder Südafrika zu uns.

Das ist neu

Nach dem exotisch teuren Plug-in-Hybrid-Coupé Polestar 1 ist der Polestar 2 das erste Massenauto der jungen Marke, die voll auf Online-Verkauf setzt. Der 2 ist eine Sportlimousine auf 4,61 Meter Länge, grob im Umfeld von Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse anzusiedeln, aber als Stromer auch Tesla-Model-3-Gegner.

Auf der Nebenspur hupt es: Der Polestar weckt so viel Interesse, dass manch einer das Weiterfahren vergisst. Unaufdringlich, aber cool und kräftig sieht er aus. Dass er das Volvo-typische Tagfahrlicht trägt, ist ein geschickter Schachzug – als stünde «made by Volvo» vorne drauf. Auch drinnen sieht er so dezent edel aus, wie wir Volvo gewohnt sind – und, wichtiger noch, alles fühlt sich hier auch nobel an.

Polestar 2

Antrieb 2 E-Motoren, 408 PS (300 kW), 660 Nm@1/min, 1-Stufen-Automat, Allrad, Akku 78 kWh (brutto)
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 4,7 s, Spitze 205 km/h, Reichweite WLTP/Test 470/382 km
Masse L/B/H 4,61/1,86/1,48 m, 2123 kg, Laderaum v./h. 35/405–1095 l
Umwelt WLTP/Test 19,3/23,6 kWh = 0/0 g/km CO2, Energie A
Preis ab 57'900 Fr.; Testwagen mit Paket «Performance» (u.a. Brembo-Bremsen, Öhlins-Dämpfer, 20-Zoll-Rädern, orange Gurten) und Lack «Snow» 64'900 Fr.

Antrieb 2 E-Motoren, 408 PS (300 kW), 660 Nm@1/min, 1-Stufen-Automat, Allrad, Akku 78 kWh (brutto)
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 4,7 s, Spitze 205 km/h, Reichweite WLTP/Test 470/382 km
Masse L/B/H 4,61/1,86/1,48 m, 2123 kg, Laderaum v./h. 35/405–1095 l
Umwelt WLTP/Test 19,3/23,6 kWh = 0/0 g/km CO2, Energie A
Preis ab 57'900 Fr.; Testwagen mit Paket «Performance» (u.a. Brembo-Bremsen, Öhlins-Dämpfer, 20-Zoll-Rädern, orange Gurten) und Lack «Snow» 64'900 Fr.

Das gefällt uns

Das erste Google-basierte Infotainment ist ein Muster an einfacher Bedienung. Tolle Spracheingabe, Google Maps, und riesige Schaltflächen, um die Lenkkraft oder das Gaspedal (normal oder One-Pedal-Drive) zu verstellen. Ein Raumgigant ist der 4,61-Meter-Fünftürer nicht. Hinten sitzt man aber sehr bequem und streckt die Beine, nur am Scheitel ist das XL-Glasdach nicht fern. Der Laderaum ist kein Ferienbrüller, aber alltagsgerecht. Vorne gibt es ein Zusatzfach etwa für Ladekabel. Sagen wir es so: Wer von der deutschen Edel-Mittelklasse kommt, fühlt sich hier wohl in leicht erhöhter, nicht jedoch SUV-hoher Sitzposition in bequemen Sesseln.

Das gefällt uns weniger

Die Heckscheibe ist winzig. Gut, ist die 360-Grad-Cam gestochen scharf. Ein Head-up-Display fehlt, obwohl es in der Klasse zum zeitgemässen Ton gehört. Dafür gibt es sogar serienmässig Matrix-LED-Licht, das nicht alle bieten. Seltsam: Es gibt kein Verstellfahrwerk. Wem der «Performance» (6000 Fr., siehe Steckbrief) zu herb federt, der kann ihn vom Garagisten weicher stellen lassen: eine seltsame Idee.

So fährt er sich

Muss man ihn denn sanfter einstellen, den «Performance»? Nein. Er federt zwar straff, aber liegt satt und solide. Angenehm. Bei tiefem Tempo rumpelt es auf schlechten Strassen mal, mit der Geschwindigkeit kommt die Geschmeidigkeit. Eine typische Sportlimousine. In Kurven ist die exakte, dreifach verstellbare Lenkung kein hypernervöses, aber exaktes Zielgerät. Wir staunen, wie gut der Polestar 2 seine 2,1 Tonnen Gewicht verleugnet: Kurven kann er richtig klasse!

Die Power spricht eh für sich: 408 PS (300 kW), Allrad – aber hallo! Schlagartiges Wegfegen aus jeder Lage. Der 2 tritt weniger explosiv an als Tesla, dafür verteilt er den Schub gleichmässiger. Geballte Kraft, aber kultiviert und sehr leise. Bleibt die Reichweite. Offiziell sind es 470 Kilometer, auf ersten Probefahrten waren es um die 420 Kilometer. Bei diesem ersten kurzen Test – ausgedehntere folgen – sind es 382 Kilometer. Nicht schlecht bei derzeit sehr frostigen Temperaturen!

Das BLICK-Fazit

Ja, der Polestar 2 ist ein verdienter Gewinner des Titels «Schweizer Auto des Jahres» 2021. Er macht Spass, wirkt grundsolide und edel und ist äusserst stimmig. Nein, kein Schnäppchen. Aber im Vergleich für diese Klasse fair – denn bis auf Leder und «Performance»-Paket ist alles schon drin, ob Glasdach oder teilautonomes Fahren oder E-Sitze oder fünf Jahre Garantie. Und wir finden: Sympathisch, dass hier mal kein SUV, sondern eine coole E-Limousine vorfährt. Wenn das mal kein Hit wird.

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