Astra Sports Tourer 2023 im ersten Test
Ist das der beste Opel aller Zeiten?

Der neue Opel Astra ist ab Anfang nächsten Jahres auch als kompakter Kombi namens Sports Tourer zu haben. Die erste Testfahrt zeigt: Der Neue kann nicht nur tüchtig einladen, sondern wirkt so erwachsen wie ein Mittelklasse-Kombi.
Publiziert: 07.07.2022 um 18:42 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2022 um 00:14 Uhr
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Ab Anfang 2023 rollt der neue Opel Astra (intern Astra L) wieder in einer Kombiversion namens Sports Tourer (ST) an.
Foto: Opel
Timothy Pfannkuchen

Wer hats erfunden? Opel! Der 1962er Kadett Caravan (von engl. «Car-a-Van», also quasi «Auto ist Transporter», siehe Bildergalerie) war für Opel ein Riesenhit und etablierte, als noch der VW Käfer dominierte, Kompaktkombis. Es begann eine Ahnenreihe, aus der wir kurz auf Testfahrt im 1984er Kadett Caravan der D-Reihe (siehe Box unten) gehen. Dann geht es um den neuesten Kompaktkombi.

Jener heisst heute Astra statt Kadett und modisch Sports Tourer (ST) statt Caravan. Vom Schrägheck-Astra ist gerade die elfte Generation gestartet, der ST folgt Anfang 2023 und ist mit 4,64 Meter fast 27 Zentimeter länger. Ergo wartet Laderaum satt: 600 bis 1634 (Hybrid 516 bis 1553) Liter, 103 mal 103 Zentimeter Ladefläche und mit geklappten Sitzen 185 Zentimeter Ladelänge.

Viel Pfiff im Laderaum

Im Alltag wichtiger sind die pfiffigen Ideen der «Opelaner». Der Ladeboden arretiert im 45-Grad-Winkel, das Laderaum-Rollo verschwindet vorbildlich simpel im Boden, das Bodenfach schluckt Kleinkram, Verbandspäckchen und Co. erreicht man auch bei vollem Kofferraum, und im Verhältnis 40:20:40 vom Laderaum aus klappbare Sitze und höhenverstellbarer Boden ergeben eine fast ebene Fläche hinter auf angedeuteten Fusskick hin öffnender E-Heckklappe.

Nicht nur von vorne ist der Astra cool mit seinem Matrix-LED-«Wunderlicht» im Blick, das Profil sportlich: Der sieht klasse aus! Hinten unterscheidet er sich klar vom Schrägheck-Astra – oder nicht? «Wie die Fondtüren sind die Heckleuchten identisch», sagt Entwicklungschefin Haiyan Yu. Trick zum Kostensparen ohne Reue: Das Kontrollschild ist jetzt in der Heckklappe statt im Stossfänger, was den Look verändert und zudem eine praktisch tiefe Ladekante ermöglicht.

Weniger Plastik ist mehr

Im Fond bleibt je eine Handbreit Platz an Kopf wie Knie – nicht überragend, aber klassenüblich. Die Vordersitze sind markentypisch superbequem. Wir staunen, wie gediegen die Materialien sind: Der Astra trägt weniger Hartplastik als manch Edelmarke. Statt offenen Ablagen gibt es kleine Jalousien darüber. Nicht wichtig? Mag sein, aber sowas schafft eben den gediegenen Eindruck, wir fühlen uns, als sei der (übrigens sehr leise) ST eher ein Mittelklasse-Wagen.

1984er Opel Kadett D Caravan im Test

Anlässlich des Tests des 2023er Astra ST fahren wir aus der 1962 gestarteten Kadett-Astra-Ahnenreihe einen Kadett Caravan der Baureihe D von 1984 Probe. Im ersten Frontantriebs-Kadett ist Tempo noch Arbeit: Damit das turbofreie 1,3-Liter-Vierzylinderchen den 60 PS (44 kW) sowas wie Beschleunigung (0–100 km/h 15,5 s, Spitze 147 km/h) abringt, will es erst auf Drehzahl getreten und mit der vage geführten Vier-Gang-Handschaltung bei Laune gehalten werden.

Dann geht es verblüffend gut hörbar, aber flott voran – kein Wunder bei weniger als einer Tonne Auto. Die Lenkung des jungfräuliche 19'000 Kilometer alten Kadett aus dem Opel-Werksbestand ist nach heutigen Massstäben gar keine, das Fahrwerk poltrig plus schaukelig. Aber: Die Sicht rundum ist ungehindert, im wattigen Sitz sinkt man gemütlich ein, und der Laderaum ist dank der ganz unstylisch geraden Karosseriewände des 4,21-Meter-Kombis würfelförmig.

Gute alte Zeit? Naja: So sehr uns der Kadett Spass macht und 1984 nur 13'825 Franken kostete, Fensterkurbel statt Klimaanlage okay geht – einen Crash möchte man damit nicht erleben. Neben Airbags wäre ABS nicht schlecht. Beim Kaltstart muss man den Choke (für Jüngere: Starthilfe per Gemischanreicherung beim Kaltstart) zur Belebung des Motors ziehen, und der Kadett D 1.3 kam schon offiziell auf 10,5 l/100 km.

Opels Kadett Caravan der D-Reihe wurde 1979 bis 1984 gebaut. Dieser Testwagen aus dem Werksbestand hat 60 PS (44 kW).
Timothy Pfannkuchen

Anlässlich des Tests des 2023er Astra ST fahren wir aus der 1962 gestarteten Kadett-Astra-Ahnenreihe einen Kadett Caravan der Baureihe D von 1984 Probe. Im ersten Frontantriebs-Kadett ist Tempo noch Arbeit: Damit das turbofreie 1,3-Liter-Vierzylinderchen den 60 PS (44 kW) sowas wie Beschleunigung (0–100 km/h 15,5 s, Spitze 147 km/h) abringt, will es erst auf Drehzahl getreten und mit der vage geführten Vier-Gang-Handschaltung bei Laune gehalten werden.

Dann geht es verblüffend gut hörbar, aber flott voran – kein Wunder bei weniger als einer Tonne Auto. Die Lenkung des jungfräuliche 19'000 Kilometer alten Kadett aus dem Opel-Werksbestand ist nach heutigen Massstäben gar keine, das Fahrwerk poltrig plus schaukelig. Aber: Die Sicht rundum ist ungehindert, im wattigen Sitz sinkt man gemütlich ein, und der Laderaum ist dank der ganz unstylisch geraden Karosseriewände des 4,21-Meter-Kombis würfelförmig.

Gute alte Zeit? Naja: So sehr uns der Kadett Spass macht und 1984 nur 13'825 Franken kostete, Fensterkurbel statt Klimaanlage okay geht – einen Crash möchte man damit nicht erleben. Neben Airbags wäre ABS nicht schlecht. Beim Kaltstart muss man den Choke (für Jüngere: Starthilfe per Gemischanreicherung beim Kaltstart) zur Belebung des Motors ziehen, und der Kadett D 1.3 kam schon offiziell auf 10,5 l/100 km.

Das Cockpit prunkt mit zwei grossen Screens sowie einem Head-up-Display auf. Naja, die Infotainment-Menüs könnten hier und da noch eingängiger sein – aber für Wichtiges gibt es noch Knöpfe. Gut so! Auch unterwegs gelingt es dem Astra ST, sich etwa vom technisch verwandten Peugeot 308 SW zu differenzieren: Ganz Franzose, ist der 308 betont komfortabel. Ganz Deutscher, gibt sich der Astra dafür viel fahraktiver. Kurven kann er fein, aber er bleibt selbstredend familiär ausgewogen: Ja, das ist eines der besten Fahrwerke in dieser Liga.

Ein Stromer folgt noch

Die mit Schaltung oder Automat und stets Frontantrieb kombinierten Antriebe umfassen 1,2-Liter-Benziner mit 110 PS (81 kW, WLTP 5,3 l/100 km) und 130 PS (96 kW, 5,3 l/100 km), 1,5-Liter-Turbodiesel mit 130 PS (96 kW, 4,2 l/100 km) und Plug-in-Benzinhybrid (1,6-Liter und E-Motor) mit 180 PS (133 kW) und 66 bis 73 Kilometer E-Reichweite bei offiziell 1,0 l/100 km plus Strom. Ein Plug-in mit 225 PS (165 kW) folgt Ende 2023 und zudem ein Vollelektriker.

Wir fahren zuerst den Plug-in-Hybrid mit 180 PS. Er tritt wunderbar kräftig an, hat auch «oben» Power, gleitet weit und sehr souverän (weil der Benziner erst bei sehr viel Gasgeben erwacht) elektrisch. Crux aller Plug-ins: Ist der Akku leer, wirkt der Benziner gleich deutlich bemühter – und der versprochene Sparverbrauch ist reine Theorie, falls man den Akku nicht brav und oft lädt.

Der Diesel als Geheimtipp

Geheimtipp als Benziner-Alternative ist der 130-PS-Diesel. Er zieht fast ohne Anfahrschwäche an, ist temperamentvoll genug, der Automat schaltet sehr stimmig – und selbst der Diesel kann die vorbildliche Ruhe im ST nie stören.

Unser Urteil: Der Opel Astra Sports Tourer ist eines der gelungensten Autos der Liga von Skoda Octavia Combi und Co. und als Paket so «rund», dass man ihn derzeit den besten Opel aller Zeiten nennen könnte: Selten so wohlgefühlt in der Klasse. Die Preise zum Start im ersten Quartal 2023 sind offen, dürften aber 1000 bis 1500 Franken über dem «normalen» Astra (ab 31'140 Fr.) loslegen.

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