Zukunft der Motorshows
Ist das Ende nahe?

In der kommenden Woche findet die Detroit Motorshow statt. Früher die US-Autoshow, sucht man echte Neuheiten an ihr vergeblich. Automessen verlieren an Bedeutung, aber nicht alle Veranstalter haben das verstanden. Und manche widerstehen.
Publiziert: 13.09.2022 um 04:32 Uhr
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Der Genfer Salon im März 2023 fällt erneut aus – nachdem schon die letzten drei Auflagen gestrichen worden waren. Das Bild ist von 2020.
Foto: werk
Stefan Grundhoff

Vor zwei Wochen kam eine Nachricht über die Ticker, die keinen Auto-Experten mehr überraschte. Der Genfer Salon im März 2023 fällt erneut aus – nachdem schon die letzten drei Auflagen gestrichen worden waren. Vermissen werden die einst wichtigste jährliche Automesse Europas wohl wenige – nur das lokale Genfer Hotelgewerbe, das sich seine Zimmer oft auch fürstlich zahlen liess. Rund 200 Mio. Franken soll die Genfer Messe früher in die Kassen der Region gespült haben.

Der Genfer Salon 2020 war vor knapp zweieinhalb Jahren die erste bedeutende Automesse, die infolge der Corona-Pandemie unter die Räder kam und erst kurz vorher abgesagt wurde. Finanziell half ihr ein Investor aus Qatar aus der Patsche, der nun im kommenden Jahr das Genf-Label für eine Luxus-Show im eigenen Land nutzen will.

Digital ist besser

Der Niedergang des Salons hatte freilich schon einige Jahre vorher begonnen. Denn der generelle Bedeutungsverlust der Motorshows in Zeiten von Internet, Smartphones und orchestrierten Kommunikationskampagnen der internationalen Marken war längst nicht mehr zu leugnen. Marken blieben fern: Zuerst, weil sie befürchteten, mit ihren Neuheiten in der Messe-Kakophonie unterzugehen. Und dann, weil viele PR-Abteilungen in der Corona-Pandemie entdeckten, dass kostengünstige digitale Präsentationen oft die gleiche Resonanz wie teure Messeauftritte bringen.

Vor dem Genfer Salon hatte es bereits viele andere Automessen getroffen, die mittlerweile entweder abgesagt oder in der lokalen Bedeutungslosigkeit verschwunden sind. London, Bologna, Birmingham, Tokio, Chicago oder Turin – sie alle spielen keine wirkliche Rolle mehr. Einmal mehr versucht es im kommenden Monat die französische Hauptstadt Paris, die Autofans aus aller Welt in das üppig dimensionierte Messezentrum zu holen. Doch der Pariser Autosalon, im jährlichen Wechsel mit der deutschen IAA veranstaltet, ist seit vielen Jahren eher nationale Leistungsschau als internationale Leitmesse. Doch die französischen Heimatmarken wie Citroën, DS und Peugeot im Stellantis-Konzern oder Renault wollen sie nicht opfern.

Selbst Detroit geht bachab

Was in Europa gilt, lässt sich auch auf interkontinentale Veranstaltungen übertragen. Die US-Messen in Detroit, Chicago, New York oder Los Angeles haben ebenfalls nur noch nationalen Charakter. Die Events in Chicago und New York sind aus Vertriebssicht durchaus von Bedeutung, spielen ansonsten jedoch längst in der dritten Liga. Am eindrucksvollsten zeigt die Detroit Motorshow NAIAS (North American International Auto Show), wie weit das Gestern vom Heute entfernt ist.

Einst zelebrierten gerade die europäischen Autohersteller in der Cobo Hall im Herzen von Detroit ein mehrtätiges Feuerwerk mit Neuheiten, Superstars und eindrucksvollen Shows – heute gibt für die Messe in der einstigen Autohauptstadt der Welt keiner mehr Millionen von US-Dollar aus. Die Detroit Motorshow versank einst zum Jahresstart Anfang Januar meist im Schneechaos, aber war perfekt terminiert. Hier wurde zurückgeschaut auf ein erfolgreiches Vorjahr, es gab automobile Neuheiten und jede Menge optimistische Stimmung zum Jahresauftakt.

Lieber an Hightech-Events

Heute ist die Detroit Motorshow Mitte September eine Messe ohne Bedeutung, auch wenn es der darbenden Region im Nordosten der USA langsam wieder besser geht und die schwersten Jahrzehnte überwunden scheinen. Das Motto bei dem diesjährigen Event in der kommenden Woche: «The Future ... is designed in Detroit». Auf die lokalen Hersteller wie Ford, Jeep, Chrysler und General Motors mag das zutreffen – auf die Leistungsschau sicher nicht.

Die Autohersteller haben schon vor der Corona-Pandemie andere Formate für sich entdeckt: Tech-Messen wie die Consumer Electronics Show CES in Las Vegas oder South by Southwest. Auf einer Automesse muss man sich mit den lokalen Gegebenheiten arrangieren, lokale Kräfte beauftragen, sich vor Ort mit Gewerkschaften absprechen – da kommen für einen Messeauftritt schnell zweistellige Millionenbeträge zusammen. Diese gibt man nach wie vor aus – jedoch verteilt auf eigene Events, bei denen man sich die Aufmerksamkeit nicht mit anderen Marken und Neuheiten teilen muss.

In Asien läufts noch

Dass die Automessen nicht komplett tot sein müssen, zeigen Veranstaltungen, bei denen das Auto eher im Hintergrund agiert oder völlig anders in Szene gesetzt wird. Zur wichtigsten Automesse der Welt ist in den vergangenen zehn Jahren längst die Monterey Auto Week geworden, die jeweils in der dritten Augustwoche an der nordkalifornischen Pazifikküste stattfindet. Einst und noch immer ein Luxusevent, spricht diese Messe in ihrer Vielfalt und Bandbreite längst breite Besucherschichten an.

Auf der anderen Seite des Pazifiks spielen Automessen nach wie vor eine grössere Rolle. Japan, Südkorea und speziell die Events in China sind durch die Pandemie zwar mittlerweile nationale Veranstaltungen geworden, haben jedoch durchaus das Potenzial, in begrenztem Masse auch international zurückzukommen.

Und Europa?

Bleibt die Frage, wohin es mit den kommenden Messen in Europa geht. Die erste IAA in München im Herbst 2021 war ein grandioser Erfolg – jedoch nur in der Innenstadt. Hier im «Open Space» wurde die Internationale Autoausstellung – von Frankfurt nach München gewandert – trotz Corona zu einem wahren Volksfest, weil das Wetter prächtig war, die Proteste im Rahmen blieben und eine ganze Millionenmetropole feiern konnte. Auf dem Messegelände in Riem herrschte dagegen tagelang tote Hose. Bleibt abzuwarten, wie es in knapp zwei Wochen in Hannover auf der Nutzfahrzeug-IAA wird. Die Nachfrage nach der sogenannten IAA Transportation 2022 ist im Vorfeld grösser denn je. Das Nutzfahrzeuggeschäft erlebt trotz schwieriger werdenden Rahmenbedingungen eine ungebrochen grosse Nachfrage. Die Themen sind mit alternativen Antrieben, Elektro und autonomen Fahren ganz ähnlich zum PKW-Geschäft.

Und in der Schweiz bleiben kompakte Autoshows mit Vergleichs- und Verkaufsmöglichkeit für die Kundschaft weiter auf Kurs. Zuletzt öffnete die Auto Basel nach der Corona-Pause wieder ihre Tore; im November wird die Auto Zürich wieder über die Bühne gehen. Regionale Verankerung und Nähe zum normalen Kunden – das könnte auch ein Messerezept für die Zukunft sein.

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