Was ist der grösste Haken an VWs ID.3? Dass er nicht Golf heisst. Denn: Gerade bei den bezahlbaren Massenautos ist der Modellname nicht bloss Schall und Rauch, sondern ein Vertrauenssiegel. Wer seit Jahrzehnten VW Golf fährt, der weiss, was er daran hat. Der Umstieg auf ein anderes Modell fällt dann schwer, auch wenns besser und gar noch rein elektrisch ist. Das musste auch Toyota lernen: Für zwei Generationen hiess der Corolla, mit gut 50 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Auto der Welt, Auris – und die Kunden verloren ihn aus dem Blick. Erst seit der Rückkehr zu Corolla läufts wieder.
Deshalb bleibt der Opel Astra bei seinem Namen, auch wenn er jetzt mit einem neuen Elektroantrieb anrollt. Traditionsbewusstsein? «Nein, wir sind nicht so verstaubt wie andere deutsche Hersteller», sagt Colin Yong vom Opel-Produktteam. Mit Riesenschritten habe sich die Marke in den letzten zwei Jahren modernisiert und werde 2028 ein reiner Elektroanbieter sein. Und schon jedes siebte Auto verkaufe Opel online.
Im Auto sitzen statt drauf
Abgesehen vom fehlenden Auspuff-Endrohr unterscheidet sich der Astra Electric nicht von den Verbrenner- oder Plug-in-Hybrid-Versionen (PHEV). Selbst beim Gewicht liegt er trotz schwerer Batterie nur knapp über dem stärksten PHEV. Erste Überraschung beim Einsteigen: die tiefe Sitzposition. Statt hoch auf einer durchgehenden Batterie im Unterboden sitzt man gefühlt tatsächlich im Auto. Denn der Akku ist in mehreren Blöcken unter den Sitzen verteilt. Die Füsse stehen so auf dem Bodenblech wie in jedem Verbrenner-Modell. Gleichzeitig ändert der E-Antrieb nichts am Ladevolumen von 352 bis 1268 Liter, was auch beim kommenden Elektro-Kombi namens Astra Sports Tourer gelten wird.
Im Cockpit leuchten Stromer-spezifische Anzeigen, aber ansonsten bleibts beim sehr tiefschwarzen Look mit nüchternen Tasten und zwei grossen Screens für Instrumente und Infotainment. Viel schlichter als das etwas barock wirkende Cockpit im Schwestermodell Peugeot 308, aber uns gefällts. Fahrtrichtung und Rekuperation steuert der gleiche Schalter wie in allen Modellen des Mutterkonzerns Stellantis. Schade, denn er reagiert ein wenig träge und braucht meist einen zweiten Druck, um wirklich eine Fahrtrichtung einzulegen.
Antrieb: Elektromotor, 156 PS (115 kW), 270 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Batterie netto 51 kWh, max. Ladeleistung 11 kW/100 kW (Schnelllader), Reichweite 418 km
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h 9,2 s, Spitze 170 km/h (abgeregelt)
Masse: L/B/H 4,37/1,86/1,49 m, Leergewicht 1679 kg, Laderaum 352 bis 1268 Liter
Umwelt: WLTP-Verbrauch Werk 14,8 kWh/100 km, 0 g/km CO₂-Ausstoss lokal, Energieeffizienz A
Preis: ab 46'500 Franken
Antrieb: Elektromotor, 156 PS (115 kW), 270 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Batterie netto 51 kWh, max. Ladeleistung 11 kW/100 kW (Schnelllader), Reichweite 418 km
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h 9,2 s, Spitze 170 km/h (abgeregelt)
Masse: L/B/H 4,37/1,86/1,49 m, Leergewicht 1679 kg, Laderaum 352 bis 1268 Liter
Umwelt: WLTP-Verbrauch Werk 14,8 kWh/100 km, 0 g/km CO₂-Ausstoss lokal, Energieeffizienz A
Preis: ab 46'500 Franken
Beim Antrieb fährt Stellantis auch im Astra die Baukasten-Strategie weiter: Bisher rollten alle rein elektrischen Modelle im Konzern mit 136 PS (100 kW) Leistung und einem netto 50 Kilowattstunden (kWh) fassenden Akku vom Band. Für den Astra Electric gibts ein neues Antriebspaket, das im Jeep Avenger debütierte und 156 PS (115 kW) liefert und eine Kilowattstunde bei der Akkukapazität drauflegt. Die volle Leistung gibts aber nur beim harten Tritt aufs Fahrpedal oder im Sportmodus: Im Modus Eco traben nur 100 und in Normal nur 136 PS an. Irgendwie typisch deutsch: Während die meisten Stromer beispielsweise von VW bei 160 km/h Spitze abgeregelt werden, schafft der Astra 170 km/h. Auch elektrisch gehts bei unseren nördlichen Nachbarn offenbar noch ums Überholprestige. «Autobahn-proofed», nennen sie das bei Opel.
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Locker unter Werksverbrauch
Aber der Astra Electric fährt sich tatsächlich eher sportlich: In tiefer Sitzposition spürt man das Auto viel besser als andere Stromer. Dank des relativ tiefen Gewichts von 1,7 Tonnen federt und dämpft das Fahrwerk straff – manchmal vielleicht ein wenig zu straff. Auf der Testrunde in und um Berlin (D) unterboten wir mit rund 12,8 kWh/100 km ohne Eco-Modus locker den Werksverbrauch, ohne uns dabei zurückhalten zu müssen. Rund 400 Kilometer sollten im Alltag also drinliegen. Einziges Manko: Die maximale Ladeleistung von 100 Kilowatt am Schnelllader liegt deutlich unter jener der Konkurrenz – VW schafft neu zum Beispiel 170 kW.
Trotzdem: Opels rein elektrischer Astra überzeugt rundum. Als bald folgender Sport Tourer mit 516 bis 1553 Litern Ladevolumen ist er derzeit noch der einzige Elektro-Kombi. Der Fünftürer ist noch nur in der Topausstattung GS ab sofort ab 46'500 Franken bestellbar, der Kombi kommt erst im Herbst.