Es ist der teuerste Bugatti-Neuwagen aller Zeiten. Am Genfer Autosalon 2019 zog Bugatti-CEO Stephan Winkelmann das Tuch von einer Studie des Bugatti La Voiture Noire – jetzt ist der Mega-Bugatti fertig zur Auslieferung. Zwei Jahre brauchte Pierre Rommelfanger, bei Bugatti für die Abteilung Coachbuildung zuständig, für das aufwendige Einzelstück, dessen Verkaufspreis vor zwei Jahren auf zwischen 11 und 13 Millionen Euro ohne Steuern oder Zoll geschätzt wurde.
Coachbuilding – damit knüpft Bugatti an eine Tradition an, die vor allem vor dem Zweiten Weltkrieg Hochkonjunktur hatte. Betuchte Kunden kauften sich ein Fahrgestell samt Antrieb und liessen sich bei ihrem Lieblings-Karosseriebauer eine massgeschneiderte Blechhülle nach ihren Vorstellungen bauen. Seit 2018 baut die 112 Jahre alte Marke Bugatti auf der Technik ihres aktuellen Hypersportwagens Chiron wie früher wieder Kleinstserien mit exklusivem Design und spezieller Ausstattung.
Hommage an legendären Oldtimer
Doch beim La Voiture Noire liegen die Dinge etwas anders – er ist ein absolutes Einzelstück. Und hatte ein berühmtes Vorbild: Das übersetzt «schwarze Auto» ist eine Hommage an den Bugatti Type 57 SC Atlantic von 1936, von dem nur vier Exemplare gebaut wurden. Einer von ihnen – ganz in schwarz – wurde von Jean Bugatti (1909–1939), dem ältesten Sohn des Firmengründer Ettore Bugatti (1881–1947), als sein Privatauto gefahren. Nur er und engste Freunde durften hinters Steuer. Dieser erste «La Voiture Noire» gilt allerdings seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen.
Für die Neuauflage musste Rommelfanger so viel am Grundmodell Chiron ändern wie noch nie. Die Front wurde massiv abgesenkt, die C-förmige Passagierkabine niedriger, der Radstand um satte 25 Zentimeter länger. Die Frontscheibe wölbt sich weiter um die Passagiere herum als beim Chiron. Und am Heck trompetet der 1500 PS starke 16-Zylinder-Motor mit acht Litern Hubraum aus sechs Endrohren. Der gesamte Aufbau besteht aus Karbon. Um das Gewicht weiter zu senken, wurde an den Felgen nur so viel Aluminium gelassen wie unbedingt nötig.
Wer darf bald hinters Steuer?
Was war die grösste Herausforderung? «Dass es nur ein Exemplar gibt», sagt Rommelfanger. Teure Produktionswerkzeuge passen selbst bei dem vermuteten Kaufpreis nicht ins Budget – 3D-Druck löste das Problem zum Beispiel bei der durchgehenden Rückleuchte. Gleichzeitig muss alles so präzise und solide gefertigt werden, dass das teure Einzelstück qualitativ einem Serien-Chiron in nichts nachsteht. Zweites Problem war wie immer bei einem Bugatti das Themomanagement: «Der 16-Zylinder braucht viel Luft und produziert massiv Abwärme», sagt Rommelfanger. Weshalb das Dach über dem Motorenabteil hinter den Sitzen wie ein Schweizer Käse durchlöchert ist.
Und wer wird nun der glückliche Besitzer der Rakete auf Rädern mit einer abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 420 km/h? Verkauft war das Auto schon bei der Enthüllung des Conceptcars – wie immer bei einer Bugatti-Kleinserie. Als mutmasslicher Käufer galt damals Ex-VW-Patron Ferdinand Piëch (1937–2019), später wurde Fussball-Idol und Sportwagen-Freak Cristiano Ronaldo (36) ins Spiel gebracht. Beides dementierte allerdings Bugatti-Chef Winkelmann. Letzte Gerüchte besagen, dass das Auto an einen Sammler aus Österreich gehen soll.
Kaum fertig, schon beim Preis geschlagen?
Wenn sich der neue Eigner des La Voiture Noire nicht selbst outet, dürfte das Rätselraten weitergehen. Denn seltene Bugattis verschwinden immer in Sammlergaragen, statt gefahren zu werden. Ist der Über-Bugatti denn nun der teuerste Neuwagen? Wahrscheinlich nicht mehr, nachdem Konkurrent Rolls-Royce kürzlich seinen Boat Tail präsentiert hat. Der soll bis zu 25 Millionen Euro pro Exemplar wert sein.