Solche Milliardärs-Sorgen möchte man haben: Da hat man weit über eine halbe Million Franken für einen Rolls-Royce Phantom ausgegeben – und dann fährt einem an der Zürcher Goldküste dasselbe Auto vor die Nase. Shocking! Wer etwa am Supercar Owners Circle beim Meeting in Andermatt UR glänzen will, braucht schon Exklusiveres, um sich von den Stangen-Bugattis des Plebs abzuheben.
Deshalb besinnt sich BMW-Tochter Rolls-Royce jetzt auf ihre Geschichte und hat eine neue Kundenverwöhn-Abteilung geschaffen: Statt sich nur zum Gegenwert eines Dacia Duster den LED-Innen-Sternenhimmel oder für knapp 4000 Franken die «Emily» auf dem Kühler doch mal mit Beleuchtung zu gönnen, kann man sich nun die Karosserie massschneidern lassen. Das kostet dann – bitte festhalten! – 25 Millionen Franken: Der Boat Tail ist der wohl teuerste Neuwagen aller Zeiten.
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Wie einst bei Carrossiers
Neu sind Wunschkarosserien nicht. Einst gehörte sie nicht nur zum guten Ton, sondern zur Tagesordnung. Auch Schweizer Carrossiers wie Beutler, Graber oder Tüscher mischten vorn mit. Doch nach und nach ruinierten die selbst tragenden Karosserien das Prinzip, auf ein gekauftes Chassis eine Wunschkarosse setzen zu lassen. Der US-Luxusauto-Bauer Duesenberg etwa ging daran 1937 zugrunde.
Schon 2017 zeigte das Kundenwunsch-Coupé Rolls-Royce Sweptail, wie so etwas heute aussieht. Schön war es nicht, aber dafür wenigstens ganz schön teuer: Man vermutete damals um die zwölf Millionen Franken. Offenbar gingen bei den Briten daraufhin derart viele Blankoschecks ein, dass daraus ein Businessmodell wurde.
Yacht auf vier Rädern
Umso verblüffender: Der Boat Tail wird nicht nur einmal, sondern dreimal gebaut. Und alle drei sind, man ahnt es, bereits verkauft. Vier Jahre lang hatte Rolls mit drei guten Kunden diese Hommage an den 1932er Rolls-Royce Boat Tail – den ein Kunde gar besitzt – und Segelyachten der J-Klasse entworfen. Alle drei dürften, auch das ahnt man, Eigner solcher Yachten im Stil der «America's Cup»-Regatten der 1930er-Jahre für je gut 20 Millionen Franken sein. Diese sind die exklusivsten Segelboote: Drei von zehn Originalen und eine Handvoll Nachbauten existieren.
Aus Entwürfen entstand ein 1:1-Tonmodell, dann wurden von Hand Alubleche um den V12 gedengelt. 1813 Teile seien eigens für das Terzett gefertigt worden. Der erste Luxusliner geht an ein Ehepaar, das als Vorbild den eigenen 1932er Rolls-Royce «Boat Tail» nannte. Dessen Wunsch sei «eine Antwort auf ein Leben voll harter Arbeit» gewesen, heisst es: Freude, die man mit der Familie geniesse. Gerüchten zufolge soll es sich dabei um das US-Superstar-Paar Beyoncé und Jay-Z handeln. Zu den beiden übrigen Besitzern gibts ebenfalls nur Gerüchte. Und Rolls-Royce verbucht den Kaufpreis – und schweigt, wie immer.
Camping auf Jetset-Art
Für was unsereins also einen Gartengrill aufstellt, führt an dem 5,80-Meter-Cabrio auf Basis des Phantom hier zu blauem Lack, in den Kristallflocken eingebettet sind. Die Motorhaube wurde von Hand kontrastblau bemalt. Innen blaues Leder, die Rücksitze wie bei Yachten heller. In die Dekorteile ist ein strahlendes Blau im Winkel von 55 Grad eingebettet, das den Anschein von Wellengang erweckt.
Anstelle des Kofferraums glänzen zwei Klappen, unter denen die Apéro-Häppchen und Champagner-Kelche und im Kühlschrank die erlesenen Tropfen lagern. Die Flaschenhalter sind farblich auf die Flaschen abgestimmt. Das Silberbesteck ist von Christofle: Man gönnt sich ja sonst nichts. Elegant ist der Boat Tail. Aber der Sonnenschirm? Sieht irgendwie albern aus, mit Verlaub. Wir staunen beinahe, dass im Boat Tail ein Cheminée und ein Goldmünzen speiender Brunnen fehlen.
Etwas Schweiz im Rolls
Auch ohne kostet die pompöse Opulenz des Picknick-Mobils 25 Millionen Franken. Dafür ist Wertverlust kein Problem: Fahrzeuge wie der bis zum Boat Tail als der teuerste Neuwagen geltende 13-Millionen-Franken-Bugatti La Voiture Noire sind später teurer versteigerbar. Und es steckt dafür ein Stückchen Schweiz im Boat Tail: Die Instrumente – Cabrios lenkt seine Lordschaft oder seine Neureichheit selbst – sind im Stil von Zeitmessern von Bovet aus Genf gestaltet und zwei Armbanduhren inklusive.
Eines der drei Exemplare hat sich nun offenbar der argentinische Fussballer und Stürmerstar Mauro Icardi (30) geleistet, der neu bei Galatasaray Istanbul spielt. Ein Occasionskauf? Oder gehörte er zu den ursprünglichen drei Kunden. Rolls-Royce weiss es sicher – und schweigt.