Elektromobilität ist der Kampf um jeden Meter Reichweite und der Inbegriff des Vernunft-Autofahrens. Richtig? Falsch! Beim Mercedes EQC 4x4² gehts darum, überall dahin zu kommen, wo man mit vier Rädern noch fahren kann. Mit dem voll elektrischen Prototypen will Mercedes beweisen, dass Elektro auch im Gelände funktioniert.
Mit 29 Zentimetern lässt der EQC 4x4² fast doppelt viel Bodenfreiheit wie der Serien-EQC mit 14 Zentimetern. Und übertrifft damit sogar den Mercedes-Ur-Offroader G-Klasse. Doch der martialische Auftritt des EQC 4x4² ist keine reine Shownummer. Der Elektro-Crossover kommt tatsächlich durch, wo jeder andere Stromer kapitulieren muss. Knackige Steigungen, Geröll und Felsen – kein Problem auf der Offroad-Teststrecke in Geisingen (D), nicht weit von der Schweizer Grenze entfernt. Unglaublich, wie souverän sich der Elektro-Kraxler über alle Unwegsamkeiten wühlt. Für die Offroad-Gurus: Böschungswinkel vorne 31,8 Grad, hinten 33 Grad.
Viel Bodenfreiheit dank Portalachsen
«Wir haben die Off-Road-Fahrprogramme vom GLC übernommen und wollen damit zeigen, dass die Elektromobilität auch jenseits der Strasse funktioniert», erklärt Jürgen Eberle, der als Offroad-Fan dieses Projekt initialisiert hat. Das begann als witzig gemeinte Idee, fand aber den Segen seiner Chefs. Klar war, dass dieser Monster-EQC Portalachsen bekommen sollte. Sonst liess sich wegen der massiven Batterie im Unterboden nicht die nötige Bodenfreiheit schaffen. So weit der Plan. Das Problem war, dass die bewährten Portalachsen für die Extrem-G-Klasse G500 4x4² nicht passten. Die Lösung brachte erst ein Allrad-Fahrwerk aus der E-Klasse.
Um das zu installieren, bedienten sich die Ingenieure eines Hilfsrahmens und bauten auch neue Achslenker ein, um die originale Luftfederung weiter zu nutzen. So passte dann der 408 PS leistende Allradantrieb des EQC mit zwei Motoren doch noch auf die Portalachsen. Aber die Reichweite von theoretisch 500 Kilometern auf der Strasse schrumpft im Gelände auf 150 bis 200 Kilometer.
Nur 40 Zentimeter Wattiefe
Bloss in einer Disziplin muss der EQC gegenüber anderen Hardcore-Offroadern passen: Seine Wattiefe beträgt 40 Zentimeter. Nur? Die G-Klasse schafft 70, Jeeps Wrangler 76 und der Land Rover Defender sogar 90 Zentimeter! Da blieb wohl die Kapselung der Batterie unverändert wie beim Serien-EQC – mehr als zehn Zentimeter darf die Karosserie offenbar nicht ins Wasser, weil sich Hochspannung und Nässe nicht vertragen. Tiefe Teiche gehen mit dem 4x4² also nicht.
Muss ja auch nicht. Denn der Gelände-EQC liefert vor allem praktische Erfahrungen für die Elektrifizierung der G-Klasse, die Mercedes-CEO Ola Källenius kürzlich angekündigt hat. Und eine Serienversion des EQC 4x4²? Leider nein.