Mercedes: Nicht nur Handschaltung ist am Ende
Mehr Luxus, mehr Strom, weniger Kosten

Einen Stellenabbau hat Ola Källenius bereits angekündigt. Jetzt erklärt der Mercedes-CEO, wie er seinen Konzern mit weniger Mitarbeitern wieder an die Spitze führen will. Aber schon regt sich Widerstand.
Publiziert: 08.10.2020 um 12:27 Uhr
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Mehr Luxus, mehr Strom, weniger Kosten: Ab 2021 plant Mercedes vier noble Stromer. Den Anfang macht der EQS (Mitte), später folgen EQE (rechts) und zwei SUVs auf gleicher Basis.
Foto: Daimler AG
Andreas Faust

Mercedes-Chef Ola Källenius (51) will seinen Konzern zur weltweiten Nummer eins bei Elektrofahrzeugen machen. Im Rahmen einer Investorenkonferenz erklärte der seit Mai 2019 amtierende CEO die neue Mercedes-Strategie: Modelloffensive bei den Stromern, gleichzeitig aber Kürzungen bei den Entwicklungskosten und beim Personal. Nur: Wie passt das zusammen?

Die Zeit für einen Strategiewechsel drängt jedenfalls. Bereits Anfang Jahr hatte Mercedes einen Stellenabbau von 10'000 bis 15'000 Jobs angekündigt. Grund: Zu viele Modelle, zu hohe Entwicklungskosten, zu teure Produktion. Nicht die neuen Elektromodelle wie der EQC sind das Problem, sondern das Kerngeschäft. Im ersten Quartal 2020 hat Mercedes rund zwei Milliarden Euro Verlust gemacht.

700 Kilometer Reichweite, 500 PS

Deshalb will und muss Källenius nun das Ruder herumreissen. Erste Massnahme: Mercedes wird elektrischer. Eine neue Elektro-Plattform wird Allradantriebe mit gut 500 PS, Reichweiten bis 700 Kilometer und Schnellladung mit bis zu 350 Kilowatt Ladeleistung ermöglichen. Ab 2021 werden zusätzlich zur elektrischen S-Klasse namens EQS auch ein E-Klasse-Pendant EQE und dazu jeweils SUVs in der gleichen Grössenklasse kommen. Mehr Strom also, aber vor allem auf der Luxusseite. Zusätzlich wirds ab Anfang 2021 auch Elektroversionen von GLA und GLB geben, die aber noch auf der aktuellen Elektrotechnik von Mercedes basieren.

So will Källenius dem Konzernziel der Klimaneutralität bis 2039 einen grossen Schritt näher kommen und den CO2-Flottenausstoss senken, den vor allem stark motorisierte Nobelmodelle mit konventionellen Motoren in die Höhe treiben. Bis 2030 soll die Hälfte aller Mercedes-Modelle mit Stecker fahren – damit sind neben den reinen Stromern aber auch Plug-in-Hybride zum Nachladen gemeint.

Mehr Luxus, weniger Varianten

Gleichzeitig muss Källenius aufs Geld schauen. Mehr Verkäufe beim Nobel-Ableger Maybach, bei der G-Klasse und den Modellen der Sporttochter Mercedes-AMG mit vergleichsweise hohen Margen sollen mehr Geld in die Kassen spülen. «Ich verkaufe lieber eine S-Klasse als einige A-Klasse-Fahrzeuge», sagt Källenius. Die B-Klasse soll demnach eben sowenig einen Nachfolger erhalten wie viele Coupé- oder Cabrio-Varianten. Nicht Masse zählt, sondern der Ertrag je Auto. Bis 2025 soll der Gewinnanteil an jedem eingenommenen Euro so auf mindestens sechs Prozent klettern.

Ausserdem sollen die Kosten runter: Mehr Elektrofahrzeuge, aber rund 20 Prozent weniger Entwicklungsbudget für 2025 gegenüber dem Stand von letztem Jahr. Vor allem bei der Entwicklung von Benzinern und Dieselmotoren soll Personal abgebaut werden. Das heisst auch: Fertig Handschaltung. Manuelle Getriebe werden bei Mercedes eingestellt. Zudem wird die Produktion gestrafft. Heute läuft ein Fahrzeug bei Mercedes im Schnitt innert 36 Stunden vom Band, künftig sollen es nur 30 Stunden sein.

Personalabbau einfallslos?

Vor allem der Stellenabbau trifft auf Widerstand. Dem Branchenblatt «Automobilwoche» sagte Betriebsratschef Michael Brecht (55), dass Verbrennungsmotoren Teil der Lösung seien und dort also weiter investiert werden solle. Zudem seien viele Fragen der Nachhaltigkeit bei Stromern bei Rohstoffeinkauf, Produktion und Entsorgung noch nicht gelöst. «Faktisch machen die Personalkosten weniger als 15 Prozent der Gesamtkosten aus», so Brecht. Da müsse dem Unternehmen mehr einfallen, als nur Personal zu reduzieren.

Mit der neuen Strategie hofft Källenius auch, die Investoren bei Laune und damit bei Mercedes zu halten. Zuletzt war Kritik laut geworden, dass Mercedes in den fetten Jahren unter Ex-CEO Dieter Zetsche (67) den Umbau auf Elektromobilität verschlafen habe. Deshalb hatte Zetsche kürzlich erklärt, er werde nun doch nicht wie eigentlich geplant im kommenden Jahr den Vorsitz im Aufsichtsrat des Daimler-Konzerns übernehmen.

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