Bentley-CEO Adrian Hallmark (60) ahnte es schon im Herbst letzten Jahres: «Ausgerechnet das Corona-Jahr 2020 hat uns einen Rekord beschert», sagte der in Genf lebende Brite an der Präsentation des Bentley Continental GT Speed: «Aber 2021 wird noch besser!» Und er behielt recht.
Corona-Folgen und Chipmangel konnten die britische Luxusmarke weder stoppen noch bremsen. Mit 14'659 Autos lieferte Bentley im letzten Jahr so viele Autos wie noch nie aus – 31 Prozent mehr als 2020. Damit steht die Marke aber bei weitem nicht alleine da. Die Hersteller von Massenmobilen darbten und bangten 2021 um ihre Produktion, weils zu wenige Halbleiter gab. Aber bei den Herstellern von Luxusautos brummte das Geschäft wie nie zuvor.
Rekordverkäufe trotz Krisenjahr
Die Ex-Schwestermarke Rolls-Royce – ihr gehörte Bentley von 1931 bis 2003 – legte ebenfalls ein Rekordjahr hin mit 5586 ausgelieferten Fahrzeugen – ein Plus von 49 Prozent gegenüber 2020. «So viele wie noch nie in 117 Jahren Markengeschichte», sagt CEO Torsten Müller-Ötvös (61). Für das Finanzergebnis dürfte dabei auch der hohe Anteil von rund 90 Prozent Bespoke-Fahrzeugen vorteilhaft sein. Also von Autos, die nach persönlichen Kundenwünschen gebaut werden statt gemäss ein paar Kreuzchen auf einer standardisierten Optionenliste. Und die entsprechend gezahlt werden.
Bei Bugatti rollten 2021 150 Exemplare des Chiron aus der Manufaktur. Tönt nach wenig, aber bedeutet ebenfalls ein Rekordjahr für die Traditionsmarke, die die millionenteuren Modelle in Handarbeit fertigt. Damit sei der Chiron nun ausverkauft – passend zum Verkauf der Marke seitens Volkswagen. Seit November regiert im Stammwerk im französischen Molsheim nun der kroatische Elektroantriebs-Guru Mate Rimac (34) als CEO und er wird die Schalter Schritt für Schritt auf Hochspannung umlegen.
Lamborghini mit Rückenwind
Und auch bei Lamborghini rollt der Rubel: Mit einem Plus von 13 Prozent gegenüber dem schon guten Jahr 2020 lieferte die italienische VW-Tochter mit 8405 Fahrzeugen so viele wie noch nie aus. Vor allem rollten dabei der US-Dollar (2472 Fahrzeuge) und der chinesische Yuan (935 Autos). Dabei läuft das Werk an der Grenze: Derzeit wartet ein Lamborghini-Kunde rund ein Jahr auf seinen Neuwagen, sagte CEO Stephan Winkelmann (58) dem Fachblatt Automobilwoche. Er wolle daher sogar die Produktion noch versuchen zu erhöhen.
Die Zahlen dürften Rückenwind für die geplante Neuausrichtung von Lamborghini bedeuten. Statt sich an die Technikbaukästen von Audi oder Porsche zu hängen, soll sie maximale Freiheit erhalten und weiter eigene Verbrenner entwickeln können – die dann mit E-Motoren zu Hybriden kombiniert werden sollen. Ausserdem soll ein grosses Elektro-Coupé kommen.
Grummeln bei Aston Martin
Auch bei den Sportwagenbauern Ferrari und Porsche lief es 2021 rund. Porsche steigerte den Absatz um elf Prozent auf 301'915 Fahrzeuge; Ferrari – das in diesem Jahr 75 Jahre alt wird – nannte bislang noch keine Zahlen, konnte aber im dritten Quartal um 20 Prozent beim Absatz zulegen und läuft besser als vor der Corona-Pandemie.
Nicht nur Freude herrschte dagegen bei Aston Martin: Man sei im Kerngeschäft so gut wie lange nicht mehr unterwegs, zitiert die Automobilwoche Chairman und Formel-1-Investor Lawrence Stroll (62), ohne konkrete Zahlen zu nennen. Sicher ist nur: Rund 3000 Exemplare des DBX als erstem SUV der Marke wurden verkauft – ein voller Erfolg. Aber man habe laut Stroll den für 2021 geplanten Profit von 18,7 Millionen Franken nicht erreicht. Grund soll die zögerliche Auslieferung des Hyper-Sportwagens Valkyrie sein. Erst zehn von 175 geplanten Exemplaren des rund 3,1 Mio. Franken teuren Renners seien ausgeliefert. In der Branche wurde gar über eine mögliche Ablösung von Geschäftsführer Tobias Moers (55) spekuliert. Der war erst im August 2020 von Mercedes-AMG zu Aston gewechselt.
Luxus hat Vorrang
Aber warum schaffen es die Nobelmarken trotz Chipmangels, ihre Auslieferungsziele zu erreichen und sogar noch Rekord-Produktionszahlen zu erzielen? Wichtigster Grund: Die meisten gehören zu grossen Automobilkonzernen. Bentley, Lamborghini, Porsche und im letzten Jahr auch noch Bugatti sind Teil des VW-Konzerns; Rolls-Royce gehört der BMW-Group. Weils im Konzern technisch viele Gleichteile gibt, können die für Elektronik und Steuergeräte nötigen Chips so nach Bedarf auf die Marken verteilt werden.
Die Elektromodelle haben dabei zwar absolute Priorität, weil sie helfen, die CO2-Ziele zu erreichen. Aber gleich danach kommen die Luxusmodelle – weil mit ihnen dank höherer Marge deutlich mehr zu verdienen ist als mit Kompakt- und Mittelklasse-Autos. Und an den Finanzen der potenziellen Kundschaft dürfte sich selbst in der Corona-Krise sowieso wenig geändert haben: Wer Bentley oder Rolls-Royce ordert, hat schon einige andere Autos in der Garage stehen.