Brennpunkt Belgorod: Anti-Putin-Partisanen sorgen mit einer Videobotschaft an Wjatscheslaw Gladkow, Gouverneur der russischen Grenzregion, für Aufsehen. Im Video, das am Sonntag veröffentlicht wurde, forderten die Kämpfer des Russischen Freiwilligenkorps (RFK) und der Legion Freiheit Russlands (LFR) Gladkow zu einem Treffen auf. Sie wollen im grenznahen Dorf Nowaja Tawolschanka «über das Schicksal Russlands» sprechen.
Ebenfalls im Video zu sehen: zwei russische Gefangene. Einer steht zwischen den Partisanen, ein anderer liegt auf einem Krankenbett – am Tropf angeschlossen und in eine Rettungsdecke eingewickelt.
Diese Soldaten werde man im Gegenzug an den Gouverneur übergeben, verspricht der russische Rechtsextremist und RFK-Kommandant Denis Kapustin: «Ich biete Ihnen an, diese zwei Gefangene gegen paar Minuten Gespräch mit Ihnen einzutauschen. In einem Kloster, ohne Waffen und ohne Soldaten.»
Prigoschin schaltet sich ein
Das Angebot, betont Kapustin, sei ein Zeichen des guten Willens. Am Sonntag beging die russisch-orthodoxe Kirche Pfingsten. Ein Thema beim vorgeschlagenen Gespräch: Der «unnötige, blutige Krieg, der seit anderthalb Jahren läuft und jetzt auch russisches Territorium erreicht hat».
Seit zwei Wochen greifen proukrainische Kämpfer der rechtsextremen und bewaffneten Milizen die Region Belgorod an. Mehrere Menschen starben bei den Angriffen. Dutzende Gebäude sind beschädigt worden.
Die erste Reaktion auf die Videobotschaft kam allerdings nicht von Gouverneur Gladkow, sondern von Jewgeni Prigoschin, dem Boss der Söldnergruppe Wagner. In einer Sprachnachricht richtet er sich direkt an Kapustin: «Denis, wenn niemand an den vorgesehenen Ort kommt, um die Gefangenen abzuholen, bin ich bereit, einen meiner hochrangigen Stellvertreter zu schicken, um sie abzuholen.»
Dann setzt Prigoschin noch einen drauf: «Wenn Wolodimir Selenski kommt, bin ich bereit, persönlich zu erscheinen.»
Gladkows Gegenvorschlag
Später meldete sich Gladkow auf Telegram zu Wort. Er habe die Videobotschaft der «Schweinehunde, Mistkerle, Mörder und Faschisten» gesehen. «Unsere Jungs sind in ihren Händen.» Gladkow glaube, dass die Partisanen die Gefangenen bereits getötet haben. Aber wenn sie noch am Leben seien, erkläre er sich bereit für ein Treffen. Gladkow schlägt aber einen anderen Treffpunkt vor: der Grenzübergang in Schebekino. «Ich garantiere für die Sicherheit», versichert der Gouverneur.
Zum Treffen ist es offenbar nie gekommen. Am Sonntagabend veröffentlichte der RFK ein weiteres Video. Kapustin: «Ich bin gerade aus Nowaja Tawolschanka zurückgekommen. Wie erwartet hat Herr Gladkow es nicht für nötig gehalten und konnte den Mut nicht aufbringen, seine wertvolle Zeit gegen das Leben und die Freiheit von – wie er sie zuvor nannte – ‹unseren Jungs› einzutauschen.»
Im Video sind erneut die zwei Gefangenen aus dem ersten Video zu sehen. Zudem ist Kapustin von mehreren anderen Männern umgeben. Einige von ihnen seien ebenfalls Gefangene, versichert der RFK-Kommandant.
Gefangene der Ukraine übergeben
Auch LFR-Vertreter Maximilian Andronnikow äussert sich im Video: «Diese russischen Männer haben nicht aus eigenem Willen Waffen in die Hände genommen. Bald werden sie die ganze Schändlichkeit und Ungerechtigkeit des von Putin entfachten Kriegs begreifen.»
Daraufhin kommt Kapustin auf Prigoschins Angebot zu sprechen: «Im Gegensatz zu Gladkow hat Jewgeni Prigoschin den Mut aufgebracht und wäre bereit gewesen, auf unsere Bedingungen einzugehen. Sie, Herr Gladkow, werden uns keine Bedingungen mehr stellen!» Deshalb sei das Schicksal der Gefangenen nun besiegelt: «Diese Männer werden der ukrainischen Seite für den Gefangenenaustausch-Prozess übergeben.»