Telefonate von Russen-Soldaten abgehört
«Das ist kein Krieg, das ist eine verdammte Hölle!»

Der ukrainische Militärnachrichtendienst hat mehrere Telefonate von russischen Soldaten abgehört und veröffentlicht. Die Gespräche zeigen: Die Lage für Putins Truppen ist prekär.
Publiziert: 23.01.2023 um 15:23 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2023 um 08:31 Uhr
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Russische Soldaten berichten ihren Angehörigen am Telefon von ihrem Leid. Hier trainieren russische Rekruten in Rostow am Don für ihren Einsatz.
Foto: keystone-sda.ch
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Fabian BabicRedaktor News

Das Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung ist ein junger Mann. Er kämpft im Namen von Kremlherrscher Wladimir Putin (70) seit zwei Monaten in der Ukraine. Er erzählt seinem Freund von den schrecklichen Umständen: «Das ist kein Krieg, das ist eine verdammte Hölle. Es gibt keinen Nachschub, wir leben wie verdammte Hunde in Löchern.»

Veröffentlicht wurden dieses und andere Telefonate vom ukrainischen Militärnachrichtendienst. Immer wieder hört die staatliche Organisation Telefongespräche ab und veröffentlicht sie, um die Lage an der Front zu veranschaulichen. Der Twitter-Account Wartranslated übersetzt diese Telefonate regelmässig ins Englische.

Rohe Kartoffeln

Der Soldat, der die Situation an der Front als «verdammte Hölle» bezeichnet, fährt fort: Seine Truppe habe ursprünglich 240 Soldaten gezählt – jetzt seien es noch 94. Zwei Tage habe er im Keller eines zerstörten Hauses ausharren müssen und nur rohe Kartoffeln essen können. Jeder Tag sei ein «Überlebenskampf». Er werde nun alles daran setzen, wieder nach Russland zurückzukehren, erklärt er seinem Freund am Telefon.

Ein weiteres Telefonat klingt ähnlich: «Es ist verdammt brutal hier», berichtet ein Soldat seinem Freund in Russland. Die immer höher werdende Zahl der Todesopfer schockiere den Soldaten. Er selbst bangt ebenfalls um sein Leben. Es fehle an Ausrüstung: Seine Einheit verfüge nur noch über wenige Waffen. Intakte Fahrzeuge fehlen. «Alle Fahrzeuge sind zerstört. Wir können nur noch auf Nachschub warten.» Wann dieser kommt, wisse er nicht.

Schlägereien zwischen Betrunkenen

Ein Soldat erzählt einer Freundin am Telefon von einer kürzlich formierten Einheit aus der russischen Grossstadt Uljanowsk. In dieser Einheit gebe es 30 Verletzte – bevor man überhaupt die Ukraine erreicht habe. Die Gründe: Frost und Schlägereien zwischen Betrunkenen.

Die Soldaten in der Ukraine fragen bei den Anrufen häufig nach den aktuellen Nachrichten aus Russland. Die Hoffnung: Man erfahre, dass man bald zurückkehren dürfe. So erkundigte sich auch ein in der Ukraine stationierter Soldat, als er sich bei seiner Familie meldete. Die Frau am Telefon musste ihn aber enttäuschen. Vielmehr sehe es danach aus, als ob demnächst eine weitere Mobilmachung anstehe.

Die hohen Verluste Russlands bringen Kremlchef Putin in die Bredouille: Mehrere westliche Geheimdienste gehen davon aus, dass bereits über 100'000 russische Soldaten in der Ukraine gestorben sind. Daher seien weitere Einberufungen unvermeidlich. Erst kürzlich bestätigte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67), dass die Zahl der Streitkräfte von 1,15 auf 1,5 Millionen erhöht werden solle.

Eine Frau, die ebenfalls von einem Soldaten am Telefon nach Neuigkeiten zum Krieg gefragt wurde, erzählt, dass immer mehr Russen in den Krieg einberufen werden. Ein Mann aus ihrem Umfeld sei ebenfalls zum Kriegsdienst aufgeboten worden. «Zehn Tage nach einer Operation», fügt sie schockiert hinzu.

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