«Schockierende Enthüllungen», «Politische Einflussnahme» und «Die Experten haben gelogen» – die sozialen Netzwerke werden von empörten Kommentaren überflutet. Auslöser sind die veröffentlichten «RKI-Files», vermeintliche Skandal-Protokolle aus den Anfangszeiten der Corona-Pandemie.
Doch was ist dran? Hat das Robert-Koch-Institut RKI, das in Deutschland den Job der Schweizer Corona-Taskforce machte, die Bevölkerung belogen? Wusste man, dass die Masken gar nicht wirken? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was sind die «RKI-Files»?
Dabei handelt es sich um die Protokolle des deutschen Corona-Krisenstabs des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Empfehlungen des RKI waren die Grundlage für die von der deutschen Regierung ausgesprochenen Corona-Massnahmen wie Lockdowns, Schulschliessungen und Maskenpflicht. Die Protokolle stammen von Januar 2020 bis April 2021, also der Anfangszeit der Pandemie.
Bisher waren diese Protokolle unter Verschluss. Das coronaskeptische Onlinemagazin Multipolar hat die Protokolle kürzlich freigeklagt und sie veröffentlicht.
Welche brisanten Enthüllungen sollen in den RKI Files stehen?
1. Die am 17. März 2020 verkündete Verschärfung der Risikobewertung soll auf politische Anweisung hin erfolgt sein
Im Protokoll vom 16. März 2020 steht: «Am Wochenende wurde eine neue Risikobewertung vorbereitet. Es soll diese Woche hochskaliert werden. Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald X(geschwärzt) ein Signal dafür gibt.» Laut «Multipolar» handelt es sich bei dem geschwärzten Namen um einen Politiker. Eine fachliche Grundlage für die Hochstufung gäbe es nicht. Sollte der oder die Unbekannte ein Politiker sein, so wäre dies der Beweis, dass sich die Politik in die Entscheidungen des RKI eingemischt hätte. Beweise gibt es dafür in den Protokollen aber nicht. Laut RKI handelt es sich um einen Mitarbeiter.
2. Keine Beweise für Nutzen von FFP2-Masken
Im Protokoll vom 30. Oktober 2020 steht: «Es gibt keine Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken ausserhalb des Arbeitsschutzes.» Für Corona-Skeptiker ist dies der Beweis, dass selbst das RKI Masken für nutzlos hielt – das Masken-Tragen war dennoch vielerorts Pflicht. Dieser Kritik widerspricht Hajo Zeeb, Professor für Epidemiologie an der Universität Bremen, in einem Artikel der Tagesschau. So dauere es sehr lang, bis von einer «wissenschaftlichen Evidenz» gesprochen werden könne. Die Evidenz zu untersuchen, hätte viel zu lange gedauert.
3. Lockdowns wurden angeordnet, obwohl deren Folgen schlimmer als Corona selbst sind
Im Protokoll vom 16. Dezember 2020 steht: «Konsequenzen des Lockdowns haben zum Teil schwerere Konsequenzen als Covid selbst.» Dieser Satz wurde online als Beweis dafür verbreitet, dass Massnahmen grösseren Schaden angerichtet hätten als das Virus selbst. Brisant: Am besagten Tag startete der zweite deutsche Lockdown. Der Satz bezieht sich im Protokoll aber auf den Verlauf der Pandemie in Afrika. So gäbe es dort aufgrund der Lockdowns «indirekt negative Effekte» wie Lücken bei Tuberkulose-Behandlungen und den Stopp von Routineimpfungen.
Sind die RKI-Files ein echter Skandal?
Bisher wurde im Aktenberg kein Skandal entdeckt. Gerade in Expertenkreisen sorgt die Veröffentlichung der RKI-Files nicht für einen Aufschrei. Im Gegenteil. So schreibt Isabella Eckerle, Virologie-Professorin der Uni Genf, auf X: «Mich erstaunt bei der Diskussion um die Pandemie-Aufarbeitung, dass man das Gefühl bekommt, es hätte nur in Deutschland eine Pandemie und Schutzmassnahmen gegeben.»
Auch der deutsche Top-Virologe Hendrik Streeck zeigt sich im Interview mit diversen deutschen Medien unbeeindruckt. Statt eines Skandals würden die RKI-Protokolle zeigen, «wie auch am RKI ergebnisoffen diskutiert wurde.» Er kritisiert aber, dass in den Akten so viel geschwärzt wurde. «Es trägt nicht zur Vertrauensbildung bei, wenn solche Dinge geschwärzt sind.»